Reaktionen:Was Bayerns Politiker nach den Gewalttaten fordern

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Ministerpräsident Horst Seehofer eröffnete die Klausurtagung Staatsregierung in St. Quirin. Das Thema Sicherheit dominiert die Tagesordnung. (Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Nach den drei Gewalttaten in Bayern will die CSU sich nun von Weisungen aus Berlin oder Brüssel lösen.
  • Sicherheitspolitische Maßnahmen sollen verschärft werden. Die Opposition hingegen pocht auf mehr Integration.
  • Einig sind sich die Politiker vor allem in der gemeinsamen Bestürzung.

Von Maximilian Gerl, Anna Günther und Lisa Schnell, Gmund/München

"Es ist ein Glück in Bayern zu leben", steht auf dem Banner im Pressezelt. Ein Glück, das in den letzten Tagen unter Angriff stand, wie Innenminister Joachim Herrmann sagt. Ein Glück, das die Staatsregierung unbedingt verteidigen will.

Nach Anschlägen und Amoklauf der letzten paar Tage beginnt die Staatsregierung ihre Kabinettsklausur in St. Quirin am Tegernsee mit einem wuchtigen Auftritt. Ministerpräsident Horst Seehofer ist noch blass, das Hemd offen, ohne Krawatte, doch wieder voller Tatendrang. Die letzten Tage hörte man von ihm Worte der Betroffenheit, der Trauer, des Innehaltens.

Jetzt aber sei die Zeit der "politischen Auseinandersetzung und Konsequenzen". Auf Berlin oder Brüssel will er keine Rücksicht mehr nehmen. "Alles, was wir für richtig halten, werden wir in die politische Diskussion einführen", unabhängig davon ,ob Berlin oder Brüssel den Vorschlägen zustimmten. "Das sind wir den Opfern und den Angehörigen schuldig", sagte ein Seehofer, der wieder bereit scheint für Konflikte.

Wer sagt, Sicherheitsmaßnahmen würden nichts bringen, ruft zur Untätigkeit auf, meint Seehofer

So stellte er gleich zu Beginn klar, was er "überhaupt nicht akzeptieren" könne in der Debatte: Etwa das Argument, sicherheitspolitische Maßnahmen würden ja nichts nutzen, weil solche Terrorakte wie in Ansbach eh nicht verhindert werden könnten. "Das ist ja eine Aufforderung zur Untätigkeit", sagte Seehofer.

Wer von den "Besserwissern" könne denn wirklich behaupten, dass mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden oder eine höhere Polizeipräsenz nichts bringen würden, fragte Seehofer. So könnten mehr Polizisten etwa in der Nähe von Einkaufszentren natürlich etwas bewirken, "ohne, dass wir es wissen", sagte Seehofer.

Immer wenn die CSU auf die innere Sicherheit gepocht habe, sei sie als "Bedenkenträger" bezeichnet worden. "Wir haben in allen unseren Prophezeiungen Recht bekommen, vor allem in der Sicherheitspolitik", sagte Seehofer. So waren viele Forderungen, die Innenminister Herrmann und Justizminister Winfried Bausback präsentierten, nicht neu. Herrmann will neben einer Aufstockung auch eine bessere Ausrüstung für die Polizei durchsetzen.

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Bausback forderte eine "elektronische Fußfessel" für extremistische Gefährder. Gesundheitsministerin Melanie Huml kündigte "einen schnellstmöglichen flächendeckenden Ausbau der Krisendienste für Menschen in psychischer Not" an. Eine Forderung, die Verbände schon seit Jahren an sie richten. "Alles, was notwendig ist, wird finanziert", sagte Seehofer. Damit dürfte er vor allem sicherheitspolitische Maßnahmen meinen. "Für Polizei wie Sicherheit muss Geld zur Verfügung stehen", sagte Finanzminister Markus Söder.

Aus der Opposition werden dagegen eher Forderungen nach einer besseren psychologischen Betreuung laut. "Offensichtlich scheint, dass psychisch labile Menschen - ganz gleich, ob hier aufgewachsen oder neu zu uns gekommen - oft keine ausreichende Ansprache und Betreuung finden", sagte etwa die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Margarete Bause.

Betroffene müssten psychiatrische und psychotherapeutische Hilfen erhalten, "ehe deren Verzweiflung in Hass und Gewalt umschlägt". Bause fordert, die psychosozialen Zentren in Bayern auszubauen. Darüber hinaus bräuchte man mehr "Ressourcen für die Dolmetscherarbeit bei der Betreuung von traumatisierten Flüchtlingen".

In den vergangenen sechs Jahren haben sich die Beratungsfälle in den Schulen zu Mobbing, Gewalt oder Aggression fast verdoppelt, kritisierte Günther Felbinger (Freie Wähler). Um schon früh bei Schülern Anzeichen für Radikalisierung oder Depression zu erkennen, fordert er, die Stundenzahl der Schulpsychologen deutlich zu erhöhen. Zwar gibt es 880 Lehrer, die neben ihren Unterrichtsfächern auch Schüler beraten, aber meist nur mit wenigen Stunden. 39 Schulpsychologen würden nicht eingesetzt, weil Stundenkontingente fehlten.

© SZ vom 27.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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