Rauchverbot auf dem Oktoberfest:Wo Rauch ist, ist Ärger

Lesezeit: 3 min

Das Rauchverbot nach dem zweiten Wiesnwochenende: Klappt doch, sagen die Wirte. Klappt überhaupt nicht, sagen die Raucher. Und OB Ude ärgert sich über paffende Prominente in den Zelten.

Kathrin Haimerl

Im Hackerzelt stehen sie an diesem Wochenende schon am frühen Nachmittag auf den Bierbänken und rufen "I wü zruck, zruck zu dir ..." Zwischen den Bierbank-Stehern steigen kleine Rauchwolken auf. Zwei junge Burschen sitzen versteckt im Feiervolk. Der eine zieht an seiner Zigarette, lässt die Hand dann wieder unter dem Biertisch verschwinden.

Draußen rauchen ist erlaubt. Der Nachteil: Der Weg zurück ins Zelt war am Wochenende meist dicht. (Foto: dpa)

"Das ist doch Irrsinn", sagt er. "Auf der Toilette liegen tausend Kippen. Wie früher in der Schule." Der andere nickt. "Wenn man rausgeht, kommt man nicht mehr rein. Keine Chance."

Gefangen im Zelt. An diesem zweiten Wiesnwochenende, das traditionell umsatzstärkste, drängen sich die Menschen nicht vor den Eingängen. Sie stecken fest. Hinzu kommt das schlechtere Wetter und kältere Temperaturen.

Heißt: Wer zurück ins Zelt wollte, hatte keine Chance. Es ist also genau so, wie es Wirte-Sprecher Toni Roiderer bereits 2006 prophezeit hatte, als er noch die Ansicht vertrat, selbst Raucherbereiche seien auf der Wiesn nicht durchsetzbar. "Wir sind ja auf der Wiesn nicht wie in einem Taubenschlag, wo jeder kommt und geht, wie es ihm gerade passt", hatte er betont und folgenden Vergleich angeführt: "Im Flugzeug oder im Zug kann man auch nicht einfach rein und wieder raus gehen."

Inzwischen nutzt er den Satz freilich, um die Durchsetzung des Rauchverbots auf der Wiesn zu begründen. "Das funktioniert alles", resümiert er. Die Verstöße in den Festzelten hielten sich in Grenzen: "Man muss das im Verhältnis sehen." Nach dem Wiesnwochenende habe er sich bewusst den Zeltboden angeschaut, die Zahl der Zigarettenstummel hätten sich "im Promillebereich" gehalten. "Ich bin überrascht, wie gut sich die Leute dran halten." Lediglich fünf bis zehn uneinsichtige Raucher hätte er pro Tag aus dem Festzelt befördern lassen müssen.

Und tatsächlich: Die Sicht im Hackerzelt ist auch noch am frühen Abend an diesem Wochenende klar, das Mittelschiff verschwindet nicht hinter Rauchschwaden. Oberbürgermeister Christian Ude und Wirtschaftsreferent Dieter Reiter ziehen daher eine positive Bilanz und sprechen von einer "ruhigen ersten Wiesnhälfte ohne besondere Vorkommnisse". Das Rauchverbot habe "der Feierlaune nicht geschadet", so die allgemeine Aussage.

Die Raucher selber sehen das freilich anders. "Das ist doch alles nur Schönrednerei", poltert Wirt Franz Bergmüller. Er raucht zwar selbst nicht, ist allerdings Sprecher des Bündnisses "Bayern sagt Nein". Auf der Facebook-Seite haben am Wochenende zahlreiche Raucher ihre Erlebnisse auf der Wiesn veröffentlicht. So schreibt eine Besucherin von einem Abend in der Bräurosl, wo die Security sie und ihre Begleiter aufgefordert habe, den Eingang frei zu machen und stattdessen am Tisch zu rauchen: "Okay, haben wir gemacht. Es war ein Super-Wiesnabend."

Oktoberfest 2012
:Was auf der Wiesn verboten ist

Glasflaschen mitbringen, auf den Tischen tanzen oder Blankzieherinnen fotografieren: Es gibt Dinge, die auf dem Oktoberfest offiziell verboten sind - oder zumindest höchst misstrauisch beäugt werden. Mit diesen Tipps können Sie fast nichts falsch machen.

Und die Raucher haben prominente Vorbilder: Schauspieler Ralf Möller zum Beispiel, der sich im Käferzelt ablichten lässt, wie er genüsslich eine Zigarette pafft. Boris Beckers Ehefrau Lilly habe sich, wie die Abendzeitung berichtet, von Ordnern in eine ruhige Ecke begleiten lassen, um sich dort von der Öffentlichkeit abgeschirmt eine Zigarette anzuzünden.

Das macht Oberbürgermeister Ude sauer. Er spricht von "persiflieren und konterkarieren" und kündigt an, dass das Kreisverwaltungsreferat überlegen werde, was man gegen "das Gebaren der Prominenz" unternehmen könne.

Wirte-Sprecher Roiderer sagt: "Bei mir herrscht Disziplin. Das gilt auch für einen Herrn Möller. Wenn die Ampel rot ist, dann ist sie rot!" Er habe 260 Bedienungen und 100 Ordner im Einsatz, alle würden dafür sorgen, dass uneinsichtige Raucher aus den Zelten fliegen. Notfalls auch der gesamte Tisch, an dem der Raucher sitzt, bestätigt eine Bedienung im Zelt. "Das dient als Abschreckung."

Ganz anders klingt dies von Seiten der Ordner, die die Einhaltung des Rauchverbots in den Festzelten durchsetzen müssen. "Es ist sehr schwierig", sagt Konrad Bertels, Chef des Nickon Sicherheitsdienstes, der sein Personal unter anderem im Hackerzelt von Wirt Roiderer im Einsatz hat. Er spricht von "mühseliger Kleinarbeit", von endlosen Diskussionen mit uneinsichtigen Gästen, die sie oftmals unter heftiger Gegenwehr nach draußen befördern müssten.

"Wir sind letztlich die Blöden", sagt Bertels. Auch habe es bereits Beschwerden von Seiten der Gäste gegeben, "weil wir sie ein bisschen heftiger rausgedrückt haben".

Bertels' Bilanz zum zweiten Wiesnwochenende fällt daher weniger optimistisch aus als jene von Wirtesprecher Toni Roiderer. Für die Wiesn im nächsten Jahr müsse man sich ein "optimales System" überlegen, sagt Bertels, etwa einen abgetrennten Raucherbereich.

Für Bergmüller, dem Sprecher von "Bayern sagt Nein", ist das Thema noch nicht zu Ende. Anfang Oktober nach der Wiesn will das Bündnis auf einer Pressekonferenz eine Unterschriftensammlung mit einem Forderungskatalog vorlegen. Darunter auch, dass sich die Wiesnwirte eine neue Strategie einfallen lassen: "Zum Beispiel, wie es Herr Roiderer schon einmal vorgeschlagen hat, dass Kinder und Jugendliche am Abend keinen Zutritt zum Festzelt haben."

Roiderer selbst indes sieht keinen Handlungsbedarf. Vielmehr empfiehlt er "Nikotinabhängigen", die Wiesn an besucherstarken Tagen zu meiden. "Freitag und Samstag müssen die Leute eben aufs Rauchen verzichten, weil's einfach nicht geht", so Roiderer.

Und weiter: "Wer sich nicht dran hält, darf sich das Zelt von außen anschauen."

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: