Süddeutsche Zeitung

Ramsauer nicht mehr im Kabinett:Der Zar muss sich beugen

Peter Ramsauer wird dem neuen Bundeskabinett nicht mehr angehören. Seine Abberufung verwirrt manche in der CSU - und steht im Kontrast zu CSU-Chef Horst Seehofers eigenen Ansagen.

Von Frank Müller, Mike Szymanski und Martin Mühlfenzl

Der Zar dankt nicht ab. Er muss sich der Entscheidung seines Vorsitzenden beugen. Peter Ramsauer wird dem Bundeskabinett nicht mehr angehören. Horst Seehofer, der Ramsauer den Beinamen eingebracht hat, hat sich gegen den amtierenden Verkehrsminister und für seinen bisherigen Generalsekretär Alexander Dobrindt entschieden - eine Wahl, die vor allem in Ramsauers Heimat Oberbayern nicht nur auf Gegenliebe stößt. "Kaum ein Minister hat je so viel für Oberbayern und die Region getan", sagt Klaus Steiner, Vorsitzender des CSU-Kreisverbandes Traunstein und einst Referent von Landtagspräsident Alois Glück. "Es ist jammerschade, dass er uns nicht mehr als Minister in Berlin vertritt."

Allein die Wortwahl von Ramsauers Anhängern macht deutlich, dass der latente Friede innerhalb der CSU, der seit den Triumphen bei der Landtags- und Bundestagswahl herrscht, nicht gestört werden darf. Vorwürfe muss sich Horst Seehofer angesichts seiner Personalpolitik und der Demontage des Verkehrsministers nicht gefallen lassen. "Das ist der Lauf der Dinge", sagt Steiner. "Wenn ich in der Politik eines gelernt habe, dann, dass es immer ein Auf und Ab gibt." Nun habe es eben einen der ihren erwischt.

Einen Oberbayern, der die Mentalität und die Sorgen der Berggebiete verstehe, sagt Klaus Stöttner, Landtagsabgeordneter aus Rosenheim. "Wir sind mit Peter immer exzellent gefahren, und man hat sich auf ihn verlassen können", sagt Stöttner. Für die Personalpolitik Seehofers gelte dies nur bedingt, moniert Klaus Steiner: Schließlich entsende die CSU zwar drei Minister nach Berlin, aber eben drei Männer.

Seehofer war mit Ramsauer oft unzufrieden - zuletzt bei der Maut

Verlass ist hingegen auf die Seehofer'sche Einhaltung des Proporzprinzips: Dobrindt kommt aus Oberbayern, Hans-Peter Friedrich aus Franken und Gerd Müller, der neue Entwicklungsminister, ist Schwabe. "Alle drei Stämme sind vertreten", sagt Stöttner. "Der Ministerpräsident wägt in solchen Fragen genau ab zwischen Regionen und Kompetenzen." Zudem sei die Entscheidung Pro Dobrindt auch ein gutes Signal: Die CSU beginne einen notwendigen Generationenwechsel. Auch Reinhold Bocklet, Landtagsvizepräsident, erkennt in Ramsauer Absetzung einen "Verlust".

Die Abberufung Ramsauers steht in deutlichem Kontrast zu Seehofers eigenen früheren Ansagen: "Die Wahrheit liegt in der Wahlurne", hatte er vor den Landtagsund Bundestagswahlen immer wieder gesagt und damit gemeint: Wer mit seinen eigenen Resultaten besonders gut liegt, muss sich um seine Posten weniger Sorgen machen. Ramsauer hatte bei den Erststimmen in seinem Wahlkreis außerordentlich gut abgeschnitten - und muss nun gehen. Auch der scheidende Innenminister Friedrich dürfte sich bei der "Jobgarantie", die er von Seehofer erhielt, nicht gedacht haben, dass die für einen anderen Job gilt. Nämlich den des Agrarministers.

Doch Seehofer verteidigt das Verhandlungsergebnis, obwohl seine Partei das prestigeträchtige Innenressort verliert. "Mir war wichtig, dass wir drei Minister behalten", sagte er. Weil im neuen Ressort Verkehr und Digitales zusätzliche Milliardenausgaben anstünden, bezeichnete er es als "Superministerium". Im Interesse der Bauern im Freistaat habe die CSU das Landwirtschaftsministerium eingefordert. Alles andere wäre als "Verrat" aufgefasst worden. Mit dem Entwicklungshilfeministerium wolle die CSU ihre "außenpolitische Kompetenz schärfen".

Seehofer hofft, dass seine Partei die Entscheidung akzeptiert, Ramsauer nicht wieder zu berufen. Er ist stellvertretender Parteivorsitzender. Sein Ausscheiden zählt zu den spektakulären Ergebnissen dieser Kabinettsbildung. Seehofer war oft mit Ramsauers Arbeit unzufrieden, zuletzt weil er sich wenig für die Maut einsetzte."Ich bin mir aber bewusst, dass das für Betroffene schwierig ist." Es könne aber keinen "Automatismus" geben: "Herausgehobene Positionen sind immer ein Geschenk auf Zeit."

Eine Stärkung Bayerns geht unerwarteterweise von der SPD aus: Ihr Landeschef Florian Pronold wird Staatssekretär im Umweltministerium mit der Zuständigkeit für Bau. Dafür war bisher Peter Ramsauer zuständig.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1844435
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.12.2013/tba
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.