Kratzers Wortschatz:Sogar im Paradies herrscht ein Ramasuri

Im neuen Roman der Wiener Autorin Raphaela Edelbauer kommt das Wort Ramasuri vor, das eine Rezensentin schwer begeistert hat. Dabei ist es in Bayern häufig zu hören, etwa in München-Krimis und beim Brandner Kaspar.

Kolumne von Hans Kratzer

Ramasuri

"Die Inkommensurablen" heißt der neue Roman der Wiener Autorin Raphaela Edelbauer. Die Geschichte spielt sich kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs anno 1914 ab. Einige Rezensenten schwärmen, das sei ein großer Roman. Andere wiederum halten ihn für misslungen. Judith von Sternburg, die das Buch in der Frankfurter Rundschau besprochen hat, äußert sich lobend, vor allem über die Sprache und die Wörter des Romans. "Merken wir uns unbedingt den Begriff Ramasuri", schreibt sie begeistert. Da Frau von Sternburg auch für bayerische Medien tätig ist, erstaunt es doch, dass ihr das Wort Ramasuri nicht geläufig ist.

Es ist ein auch in Bayern gängiger Begriff, den man sogar in diversen München-Krimis hört. In Österreich sagt man eher Remasuri, beide Versionen lassen die Sprache leuchten. Ramasuri, das wie Diridari, Charivari, Goggolori und Ramadama klingt, kann vieles bedeuten: Durcheinander, Chaos, Tumult und Trubel. Vermutlich kommt es aus dem Italienischen (rammassare: sammeln, anhäufen). Im Kult-Theaterstück "Brandner Kaspar" schimpft sogar der Erzengel Michael an der Pforte zum Paradies: "Was ist denn des für ein Ramasuri?"

Ream

Die Technikgeschichte ist voll von grandiosen Erfindungen. Als unverwüstlich erwies sich dabei das mechanische Getriebe, das sich als der am längsten existierende Antrieb bewährt hat. Handelt es sich um einen Riemenantrieb, so wird die Kraft über einen Keilriemen übertragen, der über sogenannte Riemenscheiben läuft. Diese großartige Technik hat sich auch in der Sprache niedergeschlagen, was neulich bei der Holzarbeit in einem Wald im Isental deutlich wurde. Benedikt H., ein fleißiger junger Bursche, sagte nach stundenlanger Schwerarbeit: "Jetz deama an Ream owa!" Übersetzt heißt das: Jetzt tun wir den Riemen runter, kurzum: Jetzt machen wir Feierabend.

Der Spruch ist im Handwerk häufig zu hören. Wenn der Riemen von der Maschine genommen wird, dann läuft nichts mehr. Einen ähnlichen Spruch kann man in Betrieben bereits frühmorgens hören. Wenn einer müde zur Arbeit erscheint, dann heißt es laut Benedikt H. sofort: "Bei dem geht da Ream no ned recht um." Da läuft der Riemen also noch nicht richtig um. Für die Riemenscheibe gibt es eine übertragene Bedeutung, die nicht mehr in die sprachsensible heutige Zeit passt. Über Menschen mit einem großen Hintern wurde gelästert: Der/die hat an Orsch wia a Reamscheim!

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