Nach dem Großbrand:Brand in der Bayernoil-Raffinerie hinterlässt enorme Schäden

Fire at an Ingolstadt refinery

Bis zu 600 Einsatzkräfte waren am Wochenende in Vohburg bei Ingolstadt im Einsatz, um den Brand in der Bayernoil-Raffinerie zu löschen.

(Foto: Reuters)
  • Die Häuser von Anwohnern der Raffinerie in Vohburg haben durch die Druckwelle der Explosion enormen Schaden genommen.
  • Die Tanks der Ölfirma Bayernoil waren vergangenes Wochenende explodiert, woraufhin ein Feuer ausbrach.
  • Auch zwei Tage nach der Detonation und dem anschließenden Großbrand wurden die Löscharbeiten am Montag fortgesetzt.

Von Anton Rainer

Als Bürgermeister Martin Schmid (SPD) am Montagmorgen sein Büro betrat, war die erste Flut an Schadensmeldungen bereits eingetroffen. Zersplitterte Fenster, eingedrückte Haustüren, abgedeckte Dächer und sogar Risse in den Hausfassaden hatten die Bewohner von Vohburg zu beklagen. Mehr als 120 Mails waren im Rathaus zum Thema eingegangen, rund 80 Betroffene klagten dem Bürgermeister ihr Leid lieber persönlich. "Gerade im Ortsteil Irsching", sagt Schmid, "gibt es wohl kein Gebäude, das nicht irgendeinen Schaden erlitten hat."

Schuld an der Zerstörung war eine Druckwelle, ausgelöst von der verheerenden Explosion einer Ölraffinerie am vergangenen Samstag. Auch zwei Tage nach der Detonation und dem anschließenden Großbrand wurden die Löscharbeiten am Montag fortgesetzt, noch immer hielten hartnäckige Glutnester die Einsatzkräfte der Kripo Ingolstadt vom "unmittelbaren Brandbereich" ab. Das wirkt sich auch auf die Suche nach der Explosionsursache aus. Die nämlich gestaltet sich noch immer schwierig.

Großbrand auf Raffinerie

Das Übergreifen der Flammen auf das Tanklager verhinderten die Einsatzkräfte.

(Foto: Lino Mirgeler/dpa)

"Wir stehen in den Ermittlungen noch ganz am Anfang", sagt ein Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Ingolstadt, "wir müssen uns erst einmal darüber klar werden, was da überhaupt passiert ist." Zwar wird im Rathaus bereits von einem Leck gemunkelt, "das ein Funke entzündet haben könnte", bei der Polizei will man solche Vermutungen aber offiziell nicht bestätigen. Zuerst müssten die Gutachter ran, die Experten des Unternehmens und die Kripo selbst, erst dann könne man sich Klarheit verschaffen.

Klar ist bis jetzt nur, dass die Kleinstadt Vohburg bei Ingolstadt knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert ist. Am Samstagmorgen um 5.15 Uhr waren Tanks in der Anlage der Firma Bayernoil explodiert. Die durch das brennende Benzin entstehenden Stichflammen und die hohen Rauchwolken waren kilometerweit zu sehen. Im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm wurde der Katastrophenalarm ausgelöst, 2000 Menschen wurden aus ihren Häusern gebracht. Bei den Lösch- und Aufräumarbeiten waren bis zu 600 Helfer im Einsatz.

"Wäre das Ganze an einem Montagmorgen passiert, hätten wir jetzt wohl Todesopfer zu beklagen."

Die Zahl der verletzten Mitarbeiter der Raffinerie wurde am Montag von der Polizei nach oben korrigiert. Von den insgesamt 16 Personen mussten vier stationär behandelt werden, zwei konnten nach Angaben des Unternehmens bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden. Lebensgefahr bestand wohl zu keiner Zeit. "Wir hatten unfassbares Glück", sagt Bürgermeister Martin Schmid, "Glück im Unglück. Wäre das Ganze an einem Montagmorgen passiert, hätten wir jetzt wohl Todesopfer zu beklagen."

So aber ist der wohl größte Schaden, den man in Vohburg hat, finanzieller Natur. Zur möglichen Höhe der Kosten schweigt Bayernoil. "Wir sind versichert", erklärt eine Pressesprecherin, insbesondere die Schäden an Wohnhäusern werde man "schnell und unbürokratisch" abwickeln. "Billig wird das nicht werden", heißt es hingegen aus dem Rathaus, wo der Bürgermeister mit Kosten in Höhe von "dreistelligen Millionenbeträgen" rechnet, inklusive des Wiederaufbaus der Anlage. Eine große Bürde für ein Unternehmen, dessen Branche ohnehin stark unter Druck steht.

"Steigende Rohölpreise haben zu (...) schwachen Raffineriemargen geführt", heißt es in der aktuellen, verfügbaren Bayernoil-Bilanz aus dem Jahr 2016, die Überkapazität in Europa und neue Raffinerien im "nahen und fernen Osten" hätten zu der schwierigen Lage maßgeblich beigetragen. Nun kommen Millionenschäden hinzu. Ein Problem? Zumindest nicht unmittelbar. "Sämtliche im Zusammenhang mit dem Betrieb der Raffinerie entstehenden Kosten", heißt es im Jahresabschluss, sowie die "damit verbundene Versorgung mit notwendigen liquiden Mitteln" übernehmen die Bayernoil-Gesellschafter, zu denen seit vergangenem Jahr auch der russische Ölgigant Rosneft zählt.

Fire at an Ingolstadt refinery

Die Schäden an der Anlage und an umliegenden Wohnhäusern sind enorm.

(Foto: Reuters)

In Neustadt an der Donau, wo Bayernoil eine zweite, beinahe identische Anlage betreibt, wird derweil ungehindert weitergearbeitet, für die zerstörte Raffinerie aber kann die Schwesteranlage schlecht einspringen. "Mehr als 100 Prozent Auslastung geht nicht", sagt eine Unternehmenssprecherin, die habe man in Neustadt schon erreicht. Mit Engpässen sei dennoch nicht zu rechnen, auch weil in den Tanks Reserven schlummern.

Die werden eine Zeit lang halten müssen. Bis zur geplanten Sanierung der Raffinerie Vohburg nämlich könnte es dauern: "Wir sprechen hier nicht von Monaten, sondern von Jahren", sagt Martin Schmid, der sich von der Bayernoil-Geschäftsführung einen Wiederaufbau "im neuen Stil" hat zusichern lassen: "Ich hoffe, dass so was nicht mehr passiert." Einige Gebäude, die von der Explosion völlig verwüstet wurden, sollen nun abgerissen und wieder aufgebaut werden.

Das Unternehmen hat die Bewohner Vohburgs in der Zwischenzeit aufgefordert, Schäden an den eigenen Häusern zu dokumentieren, beheben zu lassen und die Rechnung direkt an Bayernoil zu schicken, ohne Umweg über das Rathaus. Und man bittet die Bevölkerung um Verständnis für die brennende "Fackel", eine Art Ventil, über das die restlichen brennbaren Gase verfeuert werden. Damit sollen letzte Teile der Anlage "entspannt" werden. Bis sich bei den Vohburgern dieses Gefühl einstellt, wird es wahrscheinlich noch etwas länger dauern.

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Fire at an Ingolstadt refinery

Vohburg bei Ingolstadt
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Den Ort des Brandes können Fachleute zwar noch nicht untersuchen, mit der Befragung hat die Kriminalpolizei aber bereits begonnen.

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