Radtour durch den Regentalweg:Wildromantisches Auf und Ab

Der 171 Kilometer lange Regentalradweg ist eine Herausforderung für die Beine. Aber die Landschaft entlang des Flusses lässt alle Strapazen vergessen und entlohnt stattdessen mit Almwiesen und verwitterten Bahntrassen.

Johannes Süssmann

Welterbe und Nationalpark, naturbelassene Auen, idyllische Badeplätze und Kulturdenkmäler - all das vereint auf 171 Kilometern der Regentalradweg zwischen Regensburg und Bayerisch Eisenstein. Weitgehend bestens präpariert, verläuft die Route durch jederzeit beschauliches Terrain: Die Orte hier heißen Gibacht oder Bettmannsäge. Zunächst geht es, obgleich stromaufwärts, mehr als 100 Kilometer lang durch nahezu flaches Land.

Radtour durch den Regentalweg: Sportliche Radler schaffen den Regentalweg in zwei Tagen. Allerdings bleibt dann wenig Zeit für die Schönheiten am Wegesrand wie zum Beispiel stille Altwässer, die Welterbe-Stadt Regensburg oder das weite Wiesenland.

Sportliche Radler schaffen den Regentalweg in zwei Tagen. Allerdings bleibt dann wenig Zeit für die Schönheiten am Wegesrand wie zum Beispiel stille Altwässer, die Welterbe-Stadt Regensburg oder das weite Wiesenland.

Je weiter sich der Radler in das wellige Profil des Bayerischen Waldes wagt, desto anspruchsvoller wird zwar der Weg. Doch lässt einen spätestens die urwüchsige Schönheit des oberen Regentals so manche Strapazen vergessen. Anspruchsvoll wird der Trip zwischendurch auf einer etwa 30 Kilometer langen Passage zwischen Viechtach und der Kreisstadt Regen.

Den Dom St. Peter und die Steinerne Brücke im Rücken, nimmt die Tour im Regensburger Stadtteil Reinhausen ihren Ausgang, nur wenige hundert Meter von der Donaumündung entfernt. Zu Anfang pfeifen links und rechts noch Autobahn und Bundesstraße vorüber. Kurz hinter Regenstauf knickt der Fluss dann leicht nach Osten ab. Das Regental öffnet sich, der Fluss mäandert gemächlich dahin, und der Radwanderer bekommt einen ersten Vorgeschmack auf all die idyllischen Momente, die noch kommen sollen.

Nach allen Seiten dominieren satte Grüntöne, die Besiedelung nimmt spürbar ab, und auch auf der parallel verlaufenden Fahrstraße herrscht kaum Verkehr. Die Geräuschkulisse: zirpende Grillen, sirrende Fahrradreifen. Kurz vor Hirschling wölbt ein wilder Apfelbaum die reich behangene Krone über die Piste. Zwei junge Rehe ducken sich am Straßenrand, ganz nah kommt der Radler heran. Erst nach sekundenlangem Blickkontakt huschen die Rehe davon.

Zu einer ersten Rast lockt nach gut 30 Kilometern das Örtchen Marienthal, das in erster Linie aus Kapelle und Biergarten besteht. Der Regen biegt hier im rechten Winkel nach Osten ab, noch mehr Einsamkeit entgegen. Der Weg schlängelt sich, immer plan, vorbei an Kartoffeläckern, abgeernteten Getreidefeldern und mit Seerosen bedeckten Altwässern. Angler lümmeln gemütlich in Liegestühlen, lösen Kreuzworträtsel. Zuverlässig tauchen hinter jeder Flussbiegung immer neue Kanufahrer auf. Ähnlich ländlich bleibt es zwischen Reichenbach und Walderbach, wo sich der Radler auch gerne mal in den Windschatten eines Traktors klemmen kann - die Kraftersparnis bezahlt er allerdings mit dem Einatmen der Abgase.

Verwitternde, moosbewachsene Meilensteine

Nach guten 50 Kilometern, auf Höhe Kirchenrohrbach, geht's dann zum ersten Mal bergauf. Für die bis zu 15-prozentigen Steigungen entschädigt aber bald die herrliche Aussicht auf Roding und die Burg Regenpeilstein am gegenüberliegenden Ufer. Zwischen Roding und Cham führt die Strecke durch das 194 Hektar messende, vollkommen unberührte Vogelschutzgebiet Rötelsee. Hinter Cham verengt sich das Tal dann erneut, und zwischen Chamerau und Miltach folgt eine besonders schöne Passage. Hier findet der Radweg gerade noch Platz zwischen der eingleisigen Trasse der Oberpfalzbahn zur Linken und dem Regenfluss zur Rechten - ein Hochgenuss.

Radtour-Tipp: Regentalweg

Die Route des Regentalwegs auf einen Blick.

(Foto: SZ)

Wer nach den bis hierhin zurückgelegten knapp 100 Kilometern noch Reserven hat, den erwartet gleich ein weiterer Höhepunkt der Tour: Zwischen Blaibach und dem Luftkurort Viechtach wurde die einstige Trasse der Regentalbahn zur reinsten "Radl-Autobahn" ausgebaut. Langsam verwitternde, moosbewachsene Meilensteine am Wegesrand, und die lang gezogenen Kurven zeugen noch von der Historie der 1991 stillgelegten Strecke. Über knapp 14 Kilometer zieht sie sich zunächst sanft ansteigend durch dichten, kühlen Mischwald. Vom Scheitel an bieten sich dann trotz rasanter Abfahrt herrliche Ausblicke.

Wer jetzt nicht ruht, ist selber schuld. Denn ab Viechtach ist erst einmal Schluss mit "Regen" und "Tal" - "Sonne" und vor allem "Berg" trifft's da schon eher, gerade im Sommer. Tief hinein geht es hier in die baumbestandenen Flanken des Bayerischen Waldes. Knackige Anstiege mit bis zu 20 Prozent Steigung führen hinaus aus dem Regental und auf das Hochplateau bei Altenmais auf 691 Metern Höhe. Doch lohnt auch hier die Plackerei: Oben erfrischt eine sanfte Brise die geschundenen Glieder, Vögel, Bienen, Grillen bitten fernab allen Zivilisationslärms zum Konzert, nur in der Ferne tuckert hier und da träge ein Traktor übers Feld. Das Auge schweift über weite Wiesen, die übersät sind mit winterfest verpackten Heuballen.

Wer auf der Abfahrt hinunter ins Tal die Abzweigung nach Metten verpasst, gelangt zwar an ein besonders idyllisches Fleckchen Regen (da ist er wieder!). Nur leider findet man sich in einer Sackgasse wieder, und die Oberschenkel bedanken sich für ein paar zusätzliche Höhenmeter zurück zur Hauptstraße. Nach einigem Auf und Ab sind die anspruchsvollsten 29 Kilometer der Tour bezwungen. Kurz hinter Regen-Stadt lädt dann bei Kilometer 140 ein breit angelegter Stausee zum Bad - wenn er nur nicht direkt an der Bundesstraße Richtung Zwiesel läge.

Zwar sind die steilsten Stücke überwunden; geruhsam aber wird es nicht mehr. Auch die folgenden zehn Kilometer bis Zwiesel verlangen den Beinen einiges ab. Wer zur richtigen Zeit unterwegs ist, kann sich dort aber an den alle zwei Jahre stattfindenden Glastagen erfreuen. Und sich bei einem Bummel durch das nette Städtchen etwas erholen für den 15 Kilometer langen Schlussanstieg hinauf nach Bayerisch Eisenstein.

Den man nicht verpassen sollte: Über Schotter windet sich eine gut ausgebaute Forststraße entlang des kraftvoll rauschenden jungen Regens, kreuzt mehrmals beinahe alpin anmutende Almwiesen und passiert so manches wildromantisch gelegene Gehöft. Das letzte Stück durch den Ort führt hinauf zum Grenzbahnhof auf die Zielhöhe von 724 Metern, zu Füßen des Großen Arbers, dem "König des Bayerwaldes".

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