Querelen an der Uni Regensburg:Gestörte Ferienruhe

Ude stellt Al-Khatib als Mitglied des Beraterteams vor

Versetzt wegen regierungskritischer Aussagen? Mahmoud Al-Khatib, Personalchef der Universität Regensburg.

(Foto: dpa)

Eine politische Intrige? An der Universität in Regensburg brodelt es seit der Versetzung von Mahmoud Al-Khatib: Der ehemalige SPD-Kandidat wurde vom Personalleiter zum einfachen Juristen degradiert. Doch das ist nicht die einzige umstrittene Entscheidung von Kanzler Blomeyer.

Von Sebastian Krass

Eigentlich sollte auch an der Universität Regensburg jetzt Ruhe herrschen. Die meisten Studenten sind in den Ferien, auch der übrige akademische Betrieb läuft auf kleiner Flamme. Doch von Ruhe ist an dieser Hochschule im Moment nicht viel zu spüren. Es brodelt.

Auslöser war die Degradierung des Leiters der Personalabteilung zum einfachen Juristen in der Technischen Zentrale der Uni in der vergangenen Woche. Der Fall schlug Wellen, weil der Betroffene eine gewisse Prominenz hat: SPD-Mitglied Mahmoud Al-Khatib kandidierte für den Landtag und war integrationspolitischer Berater des Spitzenkandidaten Christian Ude, bevor er sich im Frühjahr aus privaten Gründen vorerst aus der Politik zurückzog.

Bisher hatte die Uni nicht öffentlich begründet, warum Al-Khatib nach nur gut einem Jahr "umgesetzt wurde", wie es offiziell heißt. Doch nun ändert sie ihren Kurs. Uni-Kanzler Christian Blomeyer sagte der Süddeutschen Zeitung, man habe Al-Khatib von seiner Position abgezogen, um ihn "seinen Stärken entsprechend einzusetzen, und die liegen im fachlichen Bereich". Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass Blomeyer mit Al-Khatib als Führungskraft unzufrieden gewesen ist. Details nennt der Kanzler mit Verweis auf arbeitsrechtliche Gründe nicht. Er ergänzt aber noch, ein Disziplinarverfahren sei "zur Zeit nicht beabsichtigt".

Angeblich, so ist aus der Uni zu hören, wird Al-Khatib vorgeworfen, Mitarbeiter unangemessen behandelt und gegen sich aufgebracht zu haben. Ein Vorwurf, den Thomas Strothotte, bis März 2013 Uni-Rektor, nicht nachvollziehen kann: "Ich kenne ihn als zuverlässigen und sorgfältigen Beamten. Er hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen." Auf ihn wirke das "wie eine Strafversetzung".

Zudem zieht er die Notwendigkeit von Al-Khatibs künftiger Stelle in Frage: "Meines Erachtens hat die Technische Zentrale keinen Bedarf an einem Juristen. Das war während meiner Amtszeit nie ein Thema", sagt Strothotte. Kanzler Blomeyer hingegen sagt, dort sei seit Jahren ein Jurist nötig, "etwa für Bereiche wie Arbeitssicherheit und Vertragsmanagement".

Nur, was könnte sonst der Grund für die Degradierung sein? Schnell kursierten Spekulationen,die Staatsregierung stecke dahinter, weil Al-Khatib sie öfters via Facebook kritisiert hat. Im Juni etwa bezeichnete er die Asylpolitik als "ohne Zweifel menschenverachtend". Blomeyer nennt den Verdacht auf eine politische Intrige "völlig abstrus". Er argumentiert: "Welches Interesse sollte die Staatsregierung haben, einen relativ kleinen Beamten von A nach B zu versetzen?". Zumal man damit kurz vor der Wahl einen Skandal riskiere.

Opfer eines internen Problems

Manche Mitarbeiter der Uni sehen Al-Khatib, der sich im Moment nicht äußert, als Opfer eines internen Problems. Der 39-Jährige, der 2010 von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) "als besonders gelungenes Beispiel für eine erfolgreiche Integration und Karriere im öffentlichen Dienst" gewürdigt wurde, habe mit seiner Umtriebigkeit den Kanzler gestört, der ohnehin der heimliche Herrscher über die Uni sei. Blomeyer, so der immer wieder zu hörende Vorwurf, habe ein "System der Günstlingswirtschaft" installiert.

Ein Thema, das seit einigen Tagen öffentlich diskutiert wird, ist die Causa Wolfgang Schäfers, der seit neun Jahren neben einem Lehrstuhl für Immobilienmanagement Spitzenpositionen in der Wirtschaft innehat und damit, so der Verdacht, systematisch die Nebentätigkeitsregelungen für Professoren unterlaufe - und dies angeblich mit Billigung des Kanzlers.

Laut Hochschulgesetzgebung darf die Nebentätigkeit eines Professors nicht mehr als acht Stunden pro Woche in Anspruch nehmen. Als Schäfers 2004 den Lehrstuhl übernahm, war er zugleich "Managing Director" für Immobilieninvestments bei dem Bankhaus Sal. Oppenheim. Seit 2009 ist er Vorstandsvorsitzender der - derzeit von der Insolvenz bedrohten - IVG, "Deutschlands größter börsennotierter Immobilienaktiengesellschaft", wie Schäfers auf seiner Homepage schreibt. Beides Managerjobs, die kaum anders als in Vollzeit zu erledigen sind, sollte man meinen - wie auch der Job eines Lehrstuhlinhabers. In der Uni soll Schäfers, so berichten Mitarbeiter, nur selten anzutreffen sein. Blomeyer will sich dazu nicht äußern.

Die Uni erklärt, Schäfers sei von 2008 bis 2012 beurlaubt gewesen, ohne Professorengehalt. Seitdem arbeite er im Rahmen einer "genehmigten Tätigkeit". Was das genau heißt, erklärt die Uni nicht. Ebenso wenig, wie Schäfers' "Nebentätigkeit" als Bankdirektor von 2004 bis 2007 genehmigt wurde. Aber Schäfers sei immer seiner Lehrverpflichtung nachgekommen, er habe sogar während des Sonderurlaubs gelehrt. Wann und wo er forsche, sei gemäß der im Grundgesetz festgeschriebenen Freiheit von Forschung ihm überlassen. Das Wissenschaftsministerium verlangt von der Uni Aufklärung, "in welchem Umfang Schäfers derzeit als Vorstandssprecher tätig sei". Von Schäfers selbst war keine Stellungnahme zu bekommen.

Es sieht aber aus, als würde der Uni Regensburg weiterhin ein unruhiger Sommer bevorstehen.

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