Max Aichers rechte Hand zittert beim Handschlag. Der streitbare Multi-Unternehmer feiert in wenigen Monaten seinen 80. Geburtstag, doch er steckt nach wie vor voller Tatendrang: Am Freitag stellte er am Rande eines Besuchs seiner Lech-Stahlwerke in Meitingen bei Augsburg klar, dass er sowohl am Jochberg (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) als auch am Poschberg (Kreis Berchtesgadener Land) schnellstmöglich Pumpspeicherkraftwerke errichten will.
"Wir brauchen in Bayern ab 2022 mindestens zehn solcher Speicher, um die stillgelegten Atomkraftwerke ersetzen zu können." Doch selbst wenn die Genehmigungsverfahren ab sofort schnellstmöglich durchgezogen würden, wären die Kraftwerke frühestens 2023 fertig. Er wolle demnächst ein Gespräch mit Bayerns Energie-Ministerin Ilse Aigner (CSU) führen.
Das Projekt am Jochberg oberhalb des Walchensees wird von der Energieallianz Bayern vorangetrieben, in dem sich kommunale Energieversorger und Max Aicher zusammengeschlossen haben. Die Pläne sind wegen der nötigen Eingriffe in die Natur umstritten. Anfang Oktober hatte die Energieallianz Bayern einen vorläufigen Planungsstopp verkündet. Doch am Freitag betonte Aicher, dabei handele es sich lediglich um eine "Beruhigungsphase".
Dass das Jochberg-Projekt nach wie vor ein aktuelles Thema ist, zeigt auch der jüngste Beschluss der Stadtwerke Rosenheim, sich mit 100.000 Euro an dem Kraftwerk zu beteiligen. Max Aicher hat 400.000 Euro (15 Prozent) investiert. "Die Energie-Allianz hat schon eine Million Euro ausgegeben", sagt Aicher, "es wird jetzt Zeit, dass sich die Staatsregierung klar äußert." Davon macht die Energieallianz ihr weiteres Vorgehen am Jochberg abhängig.
Pumpspeicherkraftwerke sind unrentabel
Aichers Aussagen bestätigen indirekt die Bedenken des Projekt-Gegners Friedl Krönauer vom Bund Naturschutz Bad Tölz/Wolfratshausen. "Wir dürfen jetzt nicht nachlassen", sagte er, als die Energieallianz das Projekt mutmaßlich auf Eis gelegt hatte. Krönauer befürchtet, dass Energie-Ministerin Ilse Aigner das Kraftwerk am Jochberg befürworten wird.
"Aigner hat bereits gesagt, dass sie das Pumpspeicherkraftwerk haben will", sagt Stephan Bammer. 4500 Unterschriften hat der Lenggrieser Gemeinderat (FWG) bislang mit seiner Petition im Internet gegen das Projekt gesammelt. Er will weitermachen, notfalls auf die Straße gehen. "Mein Hebel ist es, Menschen dagegen zu sammeln. Das gibt den Politikern vielleicht zu denken."
Besonders am Jochberg, einem Aussichtsberg zwischen Kochel- und Walchensee, hatte sich in den vergangenen Monaten ein Streit um Pumpspeicherkraftwerke generell und den Standort im Speziellen entzündet. Auch die Gemeinde Jachenau zeigte sich kritisch. Doch Max Aicher glaubt, die Bedenken ausräumen zu können: "Wir haben ein Gesprächsforum vereinbart, in dem wir alle Fragen beantworten werden."
Pumpspeicherkraftwerke sind die einzige technisch ausgereifte Möglichkeit, Energie zu speichern. Sie können Strom einspeisen, wenn Sonne und Wind nicht liefern. Allerdings haben sie ein Problem: Sie arbeiten unrentabel, weil sie zu selten benötigt werden. Deshalb wird nirgends gebaut, sondern nur die Planung vorangetrieben. Alle Betreiber warten auf staatliche Zuschüsse. Zudem ist unklar, wie viele solcher Kraftwerke für eine sichere Stromversorgung nötig sein werden, wenn in Bayern 2022 der letzte Atommeiler vom Netz geht. Und welche Standorte am besten geeignet sind.
Ein derartiges Kataster ist die Staatsregierung bis jetzt schuldig geblieben. Neben den Vorhaben an Poschberg und Jochberg gibt es noch im Inntal (Kreis Rosenheim) und an der Donau (Kreis Passau). Am Poschberg ist Aicher bereits Eigentümer aller nötigen Grundstücke. "Wir wollen, dass heuer noch das Raumordnungsverfahren beginnt", sagte Aicher in Meitingen. Aber auch hier stößt Aicher auf Widerstand. Ein Knackpunkt bei der Genehmigung wird sein, wie Aicher den Aushub und den Strom aus dem engen Tal der Saalach an der Stadt Bad Reichenhall vorbeileiten will.
Der Bund Naturschutz wirft ihm sogar vor, gar nicht in erster Linie am Kraftwerk interessiert zu sein. Denn dort, wo Ober- und Unterbecken geplant sind, liegt Dolomit unter der Oberfläche. Dieser Rohstoff ist wertvoll für die verarbeitende Metall-Industrie. Aicher kann ihn in seinen Lech-Stahlwerken einsetzen, was er von Anfang an eingeräumt hat. "Das Pumpspeicherkraftwerk nutzt Aicher doch nur als Eintrittskarte", sagt Ute Billmeier, Vorsitzende des Bundes Naturschutz in Bad Reichenhall.