Prozesse - München:"Wie ein Raubtier"?: Missbrauchsprozess gegen Theaterchef

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Thomas Pekny (r), Chef der Komödie im Bayerischen Hof, steht vor Prozessbeginn im Gerichtssaal des Landgerichts München I mit seinen Anwälten Florian Zenger und Eva Maria Krötz zusammen. Foto: Peter Kneffel/dpa (Foto: dpa)

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München (dpa) - Es sind erschütternde Vorwürfe gegen einen als honorig geltenden Mann: Thomas Pekny, Münchner Theaterintendant, der mit einigen der bekanntesten deutschen Schauspielern gearbeitet hat, soll betrunkenen Frauen auf dem Oktoberfest regelrecht aufgelauert haben, um sie zu missbrauchen. So sieht es zumindest die Staatsanwaltschaft, die ihn wegen sexueller Übergriffe, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und schweren sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen angeklagt hat.

Laut Anklage soll er die Frauen in die Proberäume seines Theaters gebracht, sich dort an den schlafenden Frauen vergangen und die Taten gefilmt haben. Angeklagt sind drei Fälle aus den Jahren 2015 und 2016.

Pekny bestreitet die Vorwürfe. "Ich würde so etwas nie tun, ohne zuvor zu fragen", lässt der 69-Jährige zum Prozessauftakt über seine Verteidigerin verlesen. Die Frauen seien damit einverstanden gewesen, betont Pekny. Er habe auch "gefragt, ob ich weitermachen darf, wenn sie einschläft", sagt er über einen der Fälle. "Sie wollte, dass ich weitermache" über einen anderen.

Er habe ein großes Interesse an weiblichen Geschlechtsorganen und daran, Bilder davon zu machen, ließ Pekny mitteilen und dass er wisse, dass seine "sehr spezielle Vorliebe für viele Menschen befremdlich" sei. Seine Bilder nennt er Kunst.

Er habe schon 20 Frauen aus seinem Bekanntenkreis gefragt, ob sie sich von ihm anfassen und dabei filmen und fotografieren lassen wollen. Die meisten hätten zugesagt. "Es hat mir auch geschmeichelt, dass ich in meinem Alter noch diese Möglichkeiten habe", so der 69-Jährige. Die Idee dazu habe er durch einen erotischen Bildband bekommen.

Wenn sie einverstanden gewesen wäre, bräuchte sie jetzt keine Therapie, sagt dagegen eine junge Frau, die 20 Jahre alt und noch Schülerin war, als Pekny intime Aufnahmen von ihr machte. Sie schildert, wie sie Pekny kennenlernte, als sie betrunken nach einem Wiesn-Besuch im September 2016 im Regen auf der Suche nach der U-Bahn war - und plötzlich ein freundlich aussehender, charmanter älterer Herr mit einem Regenschirm an ihrer Seite auftauchte.

"Er erschien mir sehr nett, ich war sehr betrunken", sagt die junge Frau und schildert, wie sie in Peknys Auto stieg, der angeboten habe, sie nach Hause zu fahren. Sie wisse noch, dass sie sich das Nummernschild gemerkt habe - dann wisse sie nichts mehr und erinnere sich erst wieder daran, zu sich gekommen zu sein, als Pekny sie zu Hause absetzte.

Erst 2018, rund zwei Jahre nach diesem Wiesn-Abend, will sie erfahren haben, was in den Stunden, an die sie sich nicht erinnern kann, geschehen sein soll. Damals bekam sie einen Anruf von der Polizei, die ihre Handynummer und Fotos von ihr auf Peknys Handy gefunden hatte. Sie erkannte ihr rot-kariertes Dirndl auf dem Foto, wie sie vor Gericht sagt. Außerdem darauf: eine braune Couch, wie sie in den Proberäumen der Komödie stand - und ein Theaterposter mit Schauspielerin Therese Giehse.

Zwei inzwischen frühere Freundinnen von Pekny, mit denen er laut Aussage der Frauen parallele Beziehungen geführt hatte, waren zur Polizei gegangen, nachdem eine von ihnen zahlreiche Bilder und Fotos nackter, weiblicher Unterleibe auf seinem Handy gefunden hatte. "Mindestens 30 weibliche Genitalien", sagt eine der Frauen, die die Bilder "abscheulich und widerlich" nennt, von "widerlicher, pornografischer Art und Weise" spricht und über Pekny sagt: "Wie ein Raubtier auf Beutejagd."

Dreieinhalb Maß Bier habe sie auf dem Oktoberfest getrunken, sagt die junge Frau, die laut Staatsanwaltschaft das zweite in der Anklage aufgeführte Opfer Peknys gewesen sein soll. Die anderen beiden Frauen sind bislang nicht identifiziert. Das sei zwar viel, für sie in der damaligen Zeit aber nicht ganz ungewöhnlich gewesen. Und einen langen Filmriss habe sie bis zu diesem Abend, an dem ihr einige Stunden fehlten, nie gehabt.

"Dass ich mich an die Zwischenzeit überhaupt nicht erinnere, das ist für mich sehr untypisch", sagt sie. Sie habe "schon sehr viel getrunken" - Aber: "So'was Extremes hatte ich noch nie, dass ich für Stunden weg bin."

Bei der Polizei hatte sie betont: "Ich habe mit dem Mann nie über mehr gesprochen, ich habe ihm definitiv kein Einverständnis gegeben, irgendwelche sexuellen Handlungen durchzuführen und kann mir das auch nicht vorstellen." Nachdem sie erfahren habe, was in der Zeit ihres Filmrisses mit ihr geschehen sei, "ging es mir dann auch lange, lange nicht gut".

Drei Verhandlungstage hat das Landgericht München I für den Prozess angesetzt. Das Urteil könnte damit am Mittwoch kommender Woche fallen. Bis zum Urteil gilt die Unschuldsvermutung.

© dpa-infocom, dpa:210721-99-467763/6

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