Prozess wird neu aufgerollt:Polizistenmörder ist verhandlungsfähig

Polizistenmord-Prozess Augsburg

Raimund M. (links) begrüßt Bruder Rudolf R. im Februar 2013 vor Gericht. Dieser wurde inzwischen verurteilt, der Prozess gegen Raimund M. soll nun neu aufgerollt werden.

(Foto: Marc Müller/dpa)

Der Prozess gegen Raimund M. wird neu aufgerollt. Ein neues Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der mutmaßliche Augsburger Polizistenmörder doch verhandlungsfähig ist. Der Gutachter widerspricht damit dem ursprünglichen Sachverständigen - und wirft diesem Fehler vor.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Der mutmaßliche Augsburger Polizistenmörder Raimund M. ist verhandlungsfähig. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues Gutachten, das ein Facharzt der Klinik für forensische Psychiatrie in München-Haar erstellt hat. Damit wird der Prozess gegen den 61-Jährigen voraussichtlich im September vor dem Landgericht Augsburg neu aufgerollt.

Der Prozess gegen M. war im November 2013 wegen dessen Parkinson-Krankheit geplatzt. Der damalige medizinische Gutachter hatte den Angeklagten für nicht verhandlungsfähig erklärt, daraufhin setzte das Gericht das Verfahren gegen M. vorübergehend aus. Sein Bruder Rudolf R. wurde im Februar wegen Mordes zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Den Brüdern wird vorgeworfen, im Oktober 2011 nach einer nächtlichen Verfolgungsjagd im Augsburger Stadtwald den Polizisten Mathias Vieth erschossen zu haben.

Um Raimund M. trotz der vorliegenden Diagnose der Verhandlungsunfähigkeit wieder auf die Anklagebank zu bringen, hatte das Landgericht Augsburg eine Unterbringung des Beschuldigten in der Haarer Klinik angeordnet. Weil M. Gespräche mit anderen Gutachtern ablehnte, sollte er in Haar vier bis sechs Wochen lang beobachtet werden, um ein zweites Gutachten erstellen zu können. Dieser Beschluss wurde vom Münchner Oberlandesgericht bestätigt, daraufhin wurde M. von der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim nach Haar gebracht. Ende Mai wurde er nach nur einer Woche überraschend früh wieder zurück nach Stadelheim verlegt.

Jetzt liegt das Gutachten vor. Es widerspricht dem ursprünglichen Sachverständigen deutlich - und wirft diesem zumindest indirekt methodische Fehler vor. Letztlich kommt es zum Schluss, dass M. trotz Parkinson-Diagnose verhandlungsfähig ist. M. sei durch seine Krankheit und sein Alter zwar leicht beeinträchtigt, doch einem Prozess mit verkürzten Verhandlungszeiten stehe nichts im Wege.

Ms. Verteidiger Adam Ahmed will sich damit freilich nicht abfinden. "So eine Totalüberwachung verstößt gegen die Menschenwürde", sagt er. Ahmed hatte bereits zuvor Verfassungsbeschwerde gegen die Unterbringung eingereicht. Nun hofft er, dass das Bundesverfassungsgericht die Verwertung des zweiten Gutachtens untersagt.

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