Schrotthändler erneut vor Gericht:Immer Ärger mit dem Staatsanwalt

Er saß bereits unschuldig in U-Haft, nun muss sich ein Schrotthändler erneut vor Gericht verantworten. Der Mann beschuldigt einen Polizisten, ihm während einer Vernehmung eine Pistole an den Kopf gehalten haben. Der Landshuter Staatsanwalt wirft ihm falsche Verdächtigung vor.

Hans Holzhaider, Landshut

Auf die Justiz und auf die Polizei ist der Landwirt und Schrotthändler Heinrich H., 65, nicht gut zu sprechen. Das hat in erster Linie mit Vorgängen zu tun, die inzwischen schon mehr als acht Jahre zurückliegen. Damals, im Jahr 2004, saß Heinrich H. vier Monate lang in Untersuchungshaft und wurde auch angeklagt wegen einer Beschuldigung, die, wie man heute weiß, definitiv falsch war.

Jetzt muss sich Heinrich H. wieder vor Gericht verantworten, und auch diese Anklage, beteuert er, entspreche nicht der Wahrheit. Er soll, behauptet der Landshuter Staatsanwalt Hubert Krapf, einen Polizeibeamten bewusst wahrheitswidrig beschuldigt haben, ihm während einer Vernehmung eine Pistole and en Kopf gehalten haben.

Die Anklage gegen den Schrotthändler Heinrich H. steht im Zusammenhang mit einem spektakulären Strafverfahren, in dem Justiz und Polizei sich nicht gerade mit Ruhm bedeckt haben. Im Oktober 2001 war in Neuburg an der Donau der Landwirt Rudolf Rupp mitsamt seinem Mercedes verschwunden. Drei Jahre später wurden Rupps Ehefrau, seine beiden Töchter und der Freund einer der Töchter festgenommen. Nach langen Vernehmungen gestanden sie, den Familienvater gemeinsam erschlagen zu haben; der Freund der Tochter sagte aus, er habe den Leichnam zerstückelt und teilweise den Hofhunden zum Fraß vorgeworfen. Im Mai 2005 wurden alle vier zu längeren Haftstrafen verurteilt.

Vier Jahre später wurde indes der angeblich zerstückelte Bauer, in seinem Auto sitzend, aus der Donau gezogen. In einem Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Landshut wurden die vier Verurteilten, die ihre Haftstrafen schon zum großen Teil abgesessen hatten, freigesprochen.

Unsachgemäß gelagerte Schadstoffe

Den Schrotthändler Heinrich H. hatten die Ermittler im Verdacht, das Auto des Ermordeten Landwirts beseitigt zu haben. Angeblich gab es Hinweise darauf, dass der Mann öfter auf dem Hof der Familie verkehrt habe, und eine Schrotthandlung schien den Kriminalbeamten ein naheliegender Ort für die Beseitigung eines Fahrzeugs zu sein. Jedenfalls wurde Heinrich H. am 15. März 2004 zur Vernehmung in die Kriminalpolizeiinspektion Ingolstadt bestellt.

Er bestritt beharrlich, irgendetwas mit dem Verschwinden des Autos zu tun zu haben. Die Staatsanwaltschaft erhob dennoch Anklage wegen Strafvereitelung und nahm den Schrotthändler in Untersuchungshaft. Das Verfahren wurde später eingestellt, aber weil die Polizei bei einer Hausdurchsuchung etliche unsachgemäß gelagerte Schadstoffe entdeckt hatte, wurde H. zu einer Geldstrafe von 8000 Euro verurteilt. 6000 Euro davon wurden als Entschädigung für die U-Haft verrechnet, den Rest musste Heinrich H. abstottern.

Im Wiederaufnahmeprozess gegen die Familie Rupp musste Heinrich H. abermals als Zeuge aussagen, und bei dieser Gelegenheit erzählte er, wie es ihm damals bei der Vernehmung durch die Ingolstädter Kriminalpolizei ergangen sei. Die Beamten hätten ihn auf das Heftigste bedrängt, seine Beteiligung an der Beseitigung des Fahrzeugs zu gestehen, sagte er.

"Hier geht's um Mord, da dürfen wir alles"

Der Ingolstädter Staatsanwalt Christian Veh habe ihm sogar angeboten, als Gegenleistung die Ermittlungen wegen des Umweltdelikts einzustellen. Er habe sich darauf aber nicht eingelassen und die Unterschrift unter das Vernehmungsprotokoll verweigert. Daraufhin habe ihm einer der Vernehmungsbeamten, der Polizeioberkommissar K., seine Dienstpistole an die Schläfe gehalten und gesagt: "Wir können auch anders." Auf seinen Protest hin habe der Beamte geäußert: "Hier geht's um Mord, da dürfen wir alles."

Das brachte Heinrich H. nun die neuerliche Anklage ein: Falsche Verdächtigung. Vor dem Landshuter Amtsrichter Bernhard Suttner wiederholte Heinrich H. am Montag seine Darstellung - so und nicht anders sei es gewesen. Der Polizeibeamte K. hingegen, als Zeuge geladen, sagte, die Anschuldigung sei frei erfunden.

Ganz im Gegenteil - er gehöre ja eigentlich zur Polizeiinspektion Neuburg, und er sei nur bei der Vernehmung dabei gewesen, weil der Schrotthändler zu ihm mehr Vertrauen gehabt habe als zu den Ingolstädter Kollegen. Sie seien in bestem Einvernehmen voneinander geschieden, Heinrich H. habe ihm beim Hinausgehen sogar noch Tipps zur Geldanlage gegeben.

Heinrich H.'s Verteidiger Regina Rick und Klaus Wittman wollten sich mit dieser in rosiges Licht getauchten Schilderung naturgemäß nicht zufrieden geben. Sie monieren, dass die Justiz einseitig gegen ihren Mandanten ermittelt habe, während gegen den Polizeibeamten nicht einmal ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

Der Staatsanwalt, dem der Fall übertragen war, hat den Vernehmungsbeamten auch nicht vernommen, sondern sich mit einer dienstlichen Stellungnahmen zufrieden gegeben. Über deren Zustandekommen gab es ein hartnäckiges Frage- und Antwortspiel, das sich so lange hinzog, dass Richter Suttner die Verhandlung unterbrach. Sie soll am 12. November fortgesetzt werden.

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