Süddeutsche Zeitung

Prozess:Hubert Haderthauer muss kein Geld an Freistaat zurückzahlen

  • Das Landgericht München I hat die Klage des Freistaats gegen den Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer abgewiesen.
  • Der Freistaat hatte Honorare in Höhe von etwas mehr als 89 000 Euro zurückgefordert.
  • Das Geld hatte Haderthauer für Gerichtsgutachten bekommen.
  • Das Gericht hält die Honorarrückforderung gar für "treuwidrig".

Von Dietrich Mittler

Im Rechtsstreit um angeblich falsch abgerechnete Honorarleistungen hat der derzeit vom Dienst suspendierte Ingolstädter Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer einen Erfolg erzielt. Er konnte Rückzahlungsforderungen des Freistaats Bayern abwehren. Das Landgericht München I wies am Mittwoch die Klage des Freistaats ab (Az. O 20894/14).

Der hatte Honorare in Höhe von etwas mehr als 89 000 Euro zurückgefordert - Geld, das Haderthauer für Gerichtsgutachten bekommen hatte. Zu den abgerechneten Leistungen zählten insbesondere Drogen-Screening-Untersuchungen bei Probanden, die Bewährungsauflagen erfüllen müssen. Haderthauer hatte diese Leistungen, wie das Gericht feststellte, "auf gerichtliches und staatsanwaltschaftliches Ersuchen" erbracht.

Bis zum Schluss hatten die Vertreter des Freistaats darauf beharrt, Haderthauer habe das Honorar für die Laborleistungen nicht zugestanden - schon deshalb nicht, weil er kein Facharzt für Labormedizin sei, sondern Facharzt für Psychiatrie. Dieser Argumentation wollte die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Peter Lemmers nicht folgen.

Dass Haderthauer die Leistungen "außerhalb seiner formellen fachärztlichen Kompetenz" erbracht habe, bedeute noch lange nicht, dass dadurch der Gutachterauftrag unwirksam sei. In der Tat habe zwar ein Arzt, der einen Patienten außerhalb seines eigentlichen Fachgebiets behandele, keinen Honoraranspruch. Doch dieser Grundsatz gelte nicht im Falle von Gutachterleistungen.

Eine gütliche Einigung lehnten beide Seiten strikt ab

Bereits Anfang August 2015 hatte Richter Lemmers den Vertretern des Freistaats klargemacht, dass sie besser einem Vergleich zustimmen sollten, da ein Urteil eher im Sinne von Hubert Haderthauer ausgehen würde. Eine gütliche Einigung lehnten aber beide Seiten strikt ab.

So musste das Gericht juristisch äußerst komplizierte Fragen klären - etwa die, ob der Ingolstädter Mediziner auch jene Laborleistungen direkt nach der Gebührenordnung für Ärzte abrechnen durfte, die er gar nicht selbst erbracht hatte, sondern ein Auftragslabor. Das Gericht sagt in diesem speziellen Fall: Ja, Haderthauer sei von seinen Auftraggebern gestattet worden, "die Untersuchungen eigenständig zu organisieren", solange er sich nur an den Honorarrahmen halte.

Peinlich für den Freistaat: Das Gericht hält die Honorarrückforderung gar für "treuwidrig". Es sei von Anfang an bekannt gewesen, dass Hubert Haderthauer kein Laborarzt ist. Haderthauers Anwalt Gerd Tersteegen erklärte dazu: "Hinter dem Kläger steht ja das Justizministerium. Und dass nun ein Gericht dem Justizministerium einen Verstoß gegen Treu und Glauben bescheinigt, das habe ich auch noch nicht erlebt."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2867257
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.02.2016/dit
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.