Prozess um Augsburger Polizistenmord:Blamage gerade noch abgewendet

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Der Augsburger Polizistenmörder Raimund H. muss lebenslang in Haft. Das Urteil ist gerecht, aber der Weg dorthin war problematisch. Die Justiz muss sicherstellen, dass kranke Gefangene künftig adäquat behandelt werden.

Ein Kommentar von Stefan Mayr

Das zweite Urteil im Augsburger Polizistenmord-Prozess ist gerecht. Die lebenslange Haftstrafe für Raimund M. fußt wie im Falle seines Bruders Rudi R. zwar nur auf Indizien. Doch die Tatwaffen im Keller der Angehörigen, die Blutspuren des Opfers auf einem Seesack der Brüder und ihr Auto mit warmem Motor in der Nähe des Tatorts sind genügend Hinweise, um keinerlei Zweifel an der Täterschaft übrig zu lassen.

40 Monate nach den tödlichen Schüssen auf den Familienvater Mathias Vieth hat die Augsburger Justiz die Tat aufgearbeitet, die bundesweit Aufsehen erregt hatte. Allerdings hat sich die Justiz auf dem Weg zu diesem Urteil das Leben unnötig schwer gemacht. Das gilt sowohl für das Landgericht Augsburg als auch für die Vollzugsbehörden.

Prozess in Augsburg
:Lebenslange Haft für Polizistenmörder

In der Urteilsbegründung spricht der Richter von "besonderer Brutalität und Menschenverachtung": Der Augsburger Polizistenmörder Raimund M. muss lebenslang in Haft, es wurde zudem eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Sein Anwalt will das Urteil nicht akzeptieren.

Aus dem Gericht von Stefan Mayr

Die Justiz sollte im eigenen Interesse Konsequenzen ziehen

Wenn ein medizinischer Gerichtsgutachter Vorkehrungen empfiehlt, um die Gesundheit eines kranken Angeklagten zu erhalten, und wenn diese Hinweise im Gefängnis ignoriert werden, dann spricht das nicht für einen rechtsstaatlichen Umgang mit Gefangenen. Im Fall des Parkinson-kranken Raimund M. hat diese Ignoranz beinahe zum Justizdebakel geführt: M. wurde für verhandlungsunfähig erklärt, der Prozess gegen ihn musste ausgesetzt werden. Und fast wäre das gesamte Verfahren geplatzt.

In diesem Falle hätte es viele Verlierer gegeben - bis auf den Täter, der seiner gerechten Strafe entgangen wäre. Für die Gesellschaft und vor allem die Hinterbliebenen der Opfer wäre es unerträglich gewesen, wenn der Angeklagte so auf freien Fuß gekommen wäre. Diese Blamage konnte gerade noch abgewendet werden. Dennoch sollte die Justiz im eigenen Interesse Konsequenzen ziehen und sicherstellen, dass kranke Gefangene künftig adäquat behandelt werden.

Zusätzlich brachte sich die Strafkammer ohne Not unter den Verdacht der Befangenheit, indem sie im ersten Urteil den nicht mehr Angeklagten M. mehrmals als Mittäter nannte. Dies hat zur Folge, dass das Urteil nun formaljuristisch angreifbar ist. In der Sache ist es das aber nicht.

© SZ vom 06.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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