Süddeutsche Zeitung

Prozess um Allgäu Airport:Tendenz geht zur breiteren Startbahn

  • Mehrere Gemeinden, Bürger und der Bund Naturschutz klagen gegen die Verbreiterung der Startbahn und die Ausdehnung der Flugzeiten am Flughafen in Memmingen.
  • Bereits nach dem ersten Verhandlungstag zeichnet sich eine Tendenz ab: Das Gericht wird den Ausbau wohl bestätigen.
  • Ob die Richter auch eine Erweiterung der Flugzeiten durchwinken, ist dagegen fraglich.

Von Stefan Mayr

Der Streit um den Ausbau des Regionalflughafens in Memmingen geht in die entscheidende Phase. Am Mittwoch trafen sich die Gegner des Millionen-Projekts und Vertreter des Airports in München erstmals vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Die Gemeinden Memmingerberg und Westerheim sowie mehrere Bürger und der Bund Naturschutz klagen gegen die Genehmigung der Verbreiterung der Startbahn und die Ausdehnung der Flugzeiten bis 23 Uhr.

Ein Urteil fällt erst im Juni, doch nach dem ersten Verhandlungstag zeichnet sich eine Tendenz ab: Den Ausbau der Startbahn wird der dreiköpfige Senat wohl bestätigen. Ob die Richter auch die Erweiterung der Flugzeiten durchwinken, ist dagegen fraglich.

Der Sitzungssaal 1 des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist so klein nicht, aber am Mittwoch stieß er an seine Grenzen: Die Stühle der Kläger und Beklagten waren voll besetzt. Die Tische bogen sich unter der Last der Aktenberge. Die privaten Kläger mussten im Zuhörerbereich Platz nehmen, auch dieser war bis auf den letzten Platz gefüllt mit Bürgern und Lokalpolitikern aus dem Allgäu.

Was am Memminger Flughafen geplant ist

Auf der Beklagtenbank saßen Vertreter des Freistaats Bayern, denn das Luftamt Südbayern hatte im März 2013 die Planungen des Allgäu Airports genehmigt. An dem ehemaligen Militärflughafen soll die Startbahn von 30 auf 45 Meter verbreitert und die Betriebszeit um eine Stunde bis 23 Uhr verlängert werden. Das Luftamt genehmigte diese Planungen, hiergegen gehen die Kläger vor.

Sie kritisieren vor allem die Lärmbelästigung für die Anwohner und sehen keinen Bedarf für Flüge spätabends. "Die Erweiterung der Betriebszeiten ist unverhältnismäßig im Vergleich zu den Beeinträchtigungen", sagte Rechtsanwalt Lutz Eiding. Sein Kollege Johannes Bohl ergänzte: "Dieser Flughafen dümpelt den ganzen Tag vor sich hin." Es gebe "unglaublich viele" offene Kapazitäten - "und wenn am Tag so wenig los ist, leuchtet es nicht ein, auch noch nachts zu fliegen."

Der Vorsitzende Richter Erwin Allesch bestätigte, dass beim Ortstermin in Memmingen auf dem Rollfeld sehr wenig los war: "Ich habe eine Ryanair gesehen und eine verirrte Transall." Ein Luftfahrt-Sachverständiger der Kläger betonte zusätzlich: "Im Einzugsbereich des Großflughafens München brauche ich keinen Nachtflugbetrieb."

Warum der Airport den Ausbau will

Dem widersprach der Vertreter des Freistaats entschieden. "Der Bedarf ist gutachterlich nachgewiesen", betonte Oberlandesanwalt Anton Meyer. Zudem habe die Fluggesellschaft Intersky bereits konkreten Bedarf angemeldet. "Wenn man abends die Umsteiger aus Berlin noch mitnehmen kann, dann steigert das die Wirtschaftlichkeit des Flughafens", argumentierte Gutachter Markus Schubert.

Darum geht es auch bei dem Streit: Der Airport schreibt wie die meisten anderen Regionalflughafen seit Jahren rote Zahlen - und braucht die Erweiterung offenbar, um kostendeckend zu werden. Geschäftsführer Ralf Schmid bestätigte auf Anfrage des Gerichts, dass er bislang in keinem Jahr Gewinne eingeflogen habe. Die Kläger kritisieren auch, dass der Ausbau viel mehr koste als die veranschlagten 15,5 Millionen Euro - und dass sich der Flughafen diese Summe nicht leisten könne.

Zu den Nachtflügen und zur Finanzierbarkeit des Ausbaus äußerte sich Richter Allesch nicht eindeutig. Er ließ aber sehr deutlich durchblicken, dass er den Ausbau der Start- und Landebahn durchwinken wird. Dabei betonte er, dass die betonierte Fläche nicht einmal vergrößert werde. Vielmehr werde lediglich die bereits vorhandene Fahrbahn verstärkt. Die Vertreter des Freistaates betonten zusätzlich, die Verbreiterung sei durch eine neue EU-Sicherheitsrichtlinie erforderlich.

Das Thema Klimaschutz wird erst in einer der nächsten Sitzungen behandelt. Insgesamt sind vier Verhandlungstage anberaumt.

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SZ vom 28.05.2015/mmo
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