Prozess gegen Gustl Mollath:Gutachter hält Reifenstechereien für nicht nachweisbar

Wiederaufnahmeverfahren Gustl Mollath

Gustl Mollath auf dem Weg ins Landgericht Regensburg.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Der verkehrstechnische Gutachter hält die Reifenstechereien, die Gustl Mollath im Wiederaufnahmeverfahren zur Last gelegt werden, nicht für nachweisbar. Denn: Die Reifen, die beschädigt sein sollen, fehlen.

Von Ingrid Fuchs

  • Am elften Prozesstag gegen Gustl Mollath berichtet ein Gutachter über die Reifenstechereien, für die der Angeklagte verantwortlich sein soll.
  • Gutachter schätzt Situation für Autobesitzer nicht als gefährlich ein.
  • Am Nachmittag sagt der Gutachter Friedemann P. aus, er hat Mollath im Jahr 2010 begutachtet.

Gutachter hält Vorwürfe für nicht nachweisbar

Hubert Rauscher muss sich am elften Verhandlungstag gegen Gustl Mollath zu den Reifenstechereien äußern, die dem Angeklagten zur Last gelegt werden. Rauscher ist der verkehrstechnische Sachverständige im Wiederaufnahmeverfahren am Landgericht Regensburg. Er kommt schnell auf den Punkt, an diesem Mittwochvormittag: Er hält die Reifenstechereien für nicht nachweisbar. "Objektiv kann ich nicht sagen, dass sie zerstochen worden sind. Es kann sein, es gibt aber Alternativursachen", sagt Rauscher.

Mangelhafte Dokumentation der Taten

Der Hauptgrund für dieses Ergebnis sei, dass die angeblich beschädigten Reifen fehlen. Auch eine Dokumentation über Bauart der Reifen und wo sie beschädigt worden sein sollen sei nicht vorhanden. Ob die Reifen mutwillig zerstört wurden, will die Vorsitzende Richterin Elke Escher wissen. "Das muss das Gericht beurteilen. Ich kann Ihnen da nicht helfen", sagt der Sachverständige.

"Keine Situation, die man als gefährlich einstufen könnte"

Wie gefährlich waren die kaputten Reifen für die Autofahrer, will das Gericht dann wissen. Rauscher relativiert: "Es gab keine Situation, die man als gefährlich einstufen könnte." Die meisten Betroffenen hätten den Schaden am geparkten Fahrzeug entdeckt. Auch für die wenigen, die während der Fahrt einen Druckverlust feststellten, habe keine Gefahr bestanden, betont der Sachverständige.

Mit Hilfe eines mitgebrachten Reifens zeigt Rauscher, mit welchem Stichwerkzeug ein heutiger Reifen überhaupt zerstochen werden kann. "Am besten geht es mit einem angeschliffenen Schraubenzieher." Einen solchen soll Mollath vor den Sachbeschädigungen im Jahr 2005 einem Zeugen mit dem Hinweis gezeigt haben, "er sei jetzt auch bereit, sich zu wehren." Sowohl dieser Zeuge als auch der zuständige Sachbearbeiter der Polizei waren überzeugt, dass Mollath die Reifen zerstochen hatte.

Psychiater soll am Nachmittag aussagen

Für 14 Uhr ist der Zeuge Friedemann P. geladen. Der Professor hat im Jahr 2010 ein Gutachten über Mollath erstellt. Darin beschrieb er zwar, dass er ihn für unkompliziert und nicht aggressiv halte. Im Wesentlichen erschien er ihm sachlich und konzentriert. Die beiden unterhielten sich mehrere Stunden. In seiner diagnostischen Beurteilung hieß es am Ende dennoch, "die Einweisungsdiagnose der wahnhaften Störung [...] gilt auch heute noch." Mollath musste weiter in der geschlossenen Psychiatrie bleiben.

Mit Material aus den Agenturen

Linktipps

Die einzelnen Berichte zu den bisherigen Prozesstagen:

  • Gutachter sieht keinen Beweis für Misshandlungen - Tag 10
  • Richter Ahnungslos - Tag 9
  • Gutachter verteidigt Einschätzung von Mollath - Tag 8
  • Polizist hält Mollath für den Täter - Tag 7
  • "Dem schaut der Wahnsinn aus den Augen" - Tag 6
  • Urteil "eilig diktiert" - wegen Urlaubsplänen - Tag 5
  • Ärztin glaubte an psychische Störung - ohne Untersuchung -Tag 4
  • Peinliche Befragung für Arzt im Zeugenstand - Tag 3
  • Polizisten berichten von Prügelvorwürfen - Tag 2
  • "Moralisch ist das nicht in Ordnung" - Tag 1
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