Süddeutsche Zeitung

Prozess:Freistaat fordert Geld von früherem Landeskonservator

Egon Greipl soll etwa 90 unzulässige Werkverträge ausgestellt haben. Nun soll er 730 000 Euro Schadenersatz zahlen

Von Andreas Glas, Regensburg

Als der Richter das Verfahren eröffnet, bleibt der Stuhl neben Anwalt Markus Kuner leer. Sein Mandant sei "aus gesundheitlichen Gründen" nicht gekommen, sagt Kuner über Egon Greipl, den die Sache "sehr mitnimmt". Es geht ja auch um viel Geld. Rund 730 000 Euro Schadenersatz fordert der Freistaat von Greipl, der bis zu seiner Pensionierung Ende 2013 Leiter des Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) war. Aus Sicht des Freistaats hat Greipl seine Dienstpflichten verletzt - und seinem früheren Arbeitgeber damit einen hohen finanziellen Schaden beschert.

Am Ende seiner Amtszeit ließ Greipl sieben Jahre lang eine Liste der rund 160 000 Bau- und Bodendenkmäler in Bayern überprüfen. Eine große Aufgabe, für die er Helfer brauchte, die das BLfD über Werkverträge beschäftigte - und damit als Freiberufler, für die ein Arbeitgeber keine Sozialabgaben zahlen muss. Einem der Mitarbeiter stellte das BLfD mehrere Werkverträge nacheinander aus. Das sei dann aber kein Werkvertrag mehr, sondern ein dauerhafter Dienstvertrag, fand dieser Mitarbeiter. Er klagte bis zum Bundesarbeitsgericht - und bekam recht.

Bereits 2010 hatte ihm das Münchner Arbeitsgericht recht gegeben. Trotzdem habe Greipl danach weiter Werkverträge ausgestellt, rund 90 Mal, beklagt der Freistaat, der für diese Verträge Sozialabgaben nachzahlen musste - jene 730 000 Euro, die er zurückfordert. Dass der Freistaat "so brutal" gegen seinen Mandanten vorgehe, könne er nicht verstehen, sagt Greipl-Anwalt Kuner. Es sei "keine Pflichtverletzung erkennbar", denn Greipl habe sich fachanwaltlich beraten lassen, als er die Werkverträge ausstellte. Greipl sei sich daher "keiner Schuld bewusst", sagt Kunert.

Um die Schuldfrage zu klären, sind am Montag mehrere Zeugen am Verwaltungsgericht in Regensburg geladen, darunter der Justitiar des BLfD. Nach der Niederlage des Freistaats vor dem Arbeitsgericht habe er Greipl geraten, "tunlichst keine Werkverträge mehr" zu schließen, sagt der Justitiar. Er habe "ein enormes Risiko" gesehen und sich geweigert, die neuerlichen Werkverträge mitzutragen. Ähnlich sagt es ein Referatsleiter, der als Zeuge auftritt. Auch ihm sei die Sache "zu heiß" gewesen, doch überzeugen ließ sich Greipl angeblich nicht. Wieso er das dem BLfD übergeordnete Wissenschaftsministerium nicht informiert habe, will der Richter wissen. Weil Greipl angewiesen habe, "dass Kommunikation mit dem Ministerium nur über ihn zu laufen hat", sagt der Regierungsrat.

Dann sagt der Fachanwalt aus, von dem sich das BLfD beraten ließ, als es die beanstandeten Werkverträge erstellte. Er sagt, er habe das BLfD zwar bei einzelnen Verträgen beraten. Er habe aber betont, "keine endgültige Verantwortung" zu übernehmen - vor allem nicht für einen Mustervertrag, der offenbar bei den meisten der rund 90 beanstandeten Werkverträgen zum Einsatz kam. Das Verfahren wird am Dienstag fortgesetzt.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2018
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