Prozess:Ex-Bandido erhebt schwere Vorwürfe gegen LKA-Beamte

Prozess Bandidos

Einer ist kein echter Rocker: Bei den Regensburger Bandidos wurde ein V-Mann der Polizei eingeschleust. Um ihn gibt es eine Auseinandersetzung.

(Foto: Marius Becker/dpa)
  • Der Prozess gegen einen verurteilten Ex-Bandido muss neu verhandelt werden.
  • Grund sind Unstimmigkeiten - der Mann behauptet, er wurde als V-Mann zu Straftaten angestiftet.
  • Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass Beamte des Landeskriminalamts Falschaussagen gemacht haben.

Von Olaf Przybilla

Wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln" ist Mario F. 2013 vom Landgericht Würzburg zu fast sieben Jahren Haft verurteilt worden. In dem Prozess hatte der gelernte Motorschlosser behauptet, er habe als V-Mann gegen Drogenkriminalität gekämpft, nachdem er in die Rockergruppe "Bandidos" in Regensburg eingeschleust worden war. Sogar zu Verbrechen regelrecht angestiftet worden sei er, um als V-Mann nicht aufzufliegen.

Das Gericht glaubte dem 13-mal wegen verschiedener Delikte verurteilten Angeklagten nicht. Inzwischen aber könnte sich das Blatt zu seinen Gunsten wenden. Die Nürnberger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sechs Beamte des Landeskriminalamtes (LKA). Im Raum stehe laut Innenminister Joachim Herrmann der Verdacht, diese seien selbst straffällig geworden, die meisten wegen Strafvereitelung im Amt. SPD und Grüne fordern nun lückenlose Aufklärung.

An diesem Montag muss der Prozess gegen den Ex-Bandido in Würzburg neu verhandelt werden. Der Bundesgerichtshof hatte Teile des Urteils infrage gestellt, jedoch zuungunsten des damaligen Angeklagten, wie sein Anwalt Alexander Schmidtgall im SZ-Gespräch sagt. Der erneute Prozess kommt ihm trotzdem gelegen, denn er glaubt nachweisen zu können, dass sein Mandant "keinen rechtsstaatlich fairen Prozess gehabt hat". Überdies hätten die Beamte des LKA im Prozess falsch und zuungunsten seines Mandanten ausgesagt. Beides gehe aus den Ermittlungen der Kriminalpolizei Nürnberg hervor. Diese gehe in ihrem Zwischenbericht auch davon aus, dass in der V-Mann-Akte manipuliert und gefälscht worden sei.

Welche Punkte stutzig machen

Tatsächlich werfen Dokumente, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, viele Fragen auf. So könne laut Kriminalpolizei Nürnberg nicht ausgeschlossen werden, dass LKA-Beamte uneidliche Falschaussagen vor Gericht gemacht hätten. Zeugenaussagen seien zweifelhaft und nicht plausibel gewesen. Die Kriminalpolizei war zuvor stutzig geworden über ein Detail in der Causa Mario F.: Dieser war nach dem Raub mehrerer Kleinbagger in Dänemark nicht ins Visier der Beamten geraten.

Angeblich weil zu wenige Beweise dafür vorgelegen hätten, dass der V-Mann an der Tat beteiligt war. Tatsächlich war dies aufgrund der Indizien aber kaum zu übersehen. Auch hätten, so deutet die Kriminalpolizei den Vorgang, den Beamten zuvor hinreichend viele Hinweise vorliegen müssen, die auf einen bevorstehenden Raub hindeuteten. Man hätte also den V-Mann bereits vor der Tat festnehmen können.

Auch geht die Kriminalpolizei nach den vorliegenden Dokumenten davon aus, dass ein Bericht zu dem Vorgang geändert worden ist, um damit zu verschleiern, was die Beamten tatsächlich über den bevorstehenden Raub vom Minibaggern wussten. Auch seien offenbar Informationen des V-Mannes absichtlich falsch dokumentiert worden. Ebenfalls, um die eigene Untätigkeit zu verbergen. Auch der ermittelnden Staatsanwaltschaft habe man wichtige Informationen vorenthalten. Dass die V-Mann-Akte nachträglich mehrmals verändert wurde, steht für die Kriminalpolizei eindeutig fest.

Wer Mario F. ist

Mario F. ist in der damaligen DDR aufgewachsen, nach der Wende zog er nach Bayern und verübte zahlreiche Straftaten. Unter anderem wurde er wegen Erpressung und Hehlerei verurteilt. Bereits im ersten Prozess hatte er geschildert, er habe seinem Führungsbeamten gesagt, um an Informationen zu gelangen, müsse er als "richtiger Rocker" bei den Bandidos mitmachen dürfen. Also auch Straftaten begehen, etwa mit Drogen handeln.

Sein Führungsbeamter habe dafür angeblich sein Einverständnis gegeben. Dieser hatte dies vor Gericht vehement bestritten. Ein Gutachter hatte Mario F. zudem eine verzerrte Wahrnehmung attestiert, außerdem sei er drogenabhängig. Das Gericht glaubte der Darstellung des Angeklagten im Kern nicht. Merkte jedoch an, wesentliche Teile seien im Verfahren nicht aufgeklärt worden. Grund war auch ein Sperrvermerk des Innenministeriums, mit dem verhindert wurde, dass die V-Mann-Akte als Beweismittel herangezogen werden konnte.

Vor allem den Vermerk nimmt die Opposition ins Visier, weil er die Unterschrift von Staatssekretär Gerhard Eck trägt. Der Verdacht stehe im Raum, dass es "persönliche Querverbindungen" zwischen Eck und dem Führungsbeamten gegeben habe, sagt Ulrike Gote von den Grünen. Eck hatte 2013 nach einer Eingabe von Mario F. im Landtag gesagt, dessen Behauptungen seien falsch. Sollte sich herausstellen, dass dies nicht die Wahrheit war, sei dies ein "Skandal", sagt der SPD-Mann Franz Schindler. Minister Herrmann bat am Donnerstag im Landtag um Verständnis, dass wegen laufender Ermittlungen "keine weiteren Auskünfte" möglich seien.

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