Sozialpolitik:FDP: Bayern soll mehr für Sexarbeiterinnen tun

Sozialpolitik: In der Pandemie sind laut Experten viele Sexarbeiterinnen in die Illegalität gerutscht.

In der Pandemie sind laut Experten viele Sexarbeiterinnen in die Illegalität gerutscht.

(Foto: Andreas Arnold/dpa)

Laut Schätzungen gibt es im Freistaat etwa 15000 Menschen, die Prostitution betreiben. Die Liberalen im Landtag fordern nun mehr Beratung - und eine wissenschaftliche Studie zur Lage nach der Pandemie.

Von Johann Osel

Die FDP im Landtag fordert von der Staatsregierung wissenschaftliche Untersuchungen zur Situation der Prostitution in Bayern - vor allem dazu, wie sich die Corona-Auflagen und das damit verbundene Arbeitsverbot auf die Verschiebung in die Illegalität ausgewirkt haben. Letztere sei "ein Hebel für sexuelle Ausbeutung", sagt Julika Sandt, die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, "da Sexarbeit während der Pandemie besonders lange verboten war, haben sich viele Prostituierte zurückgezogen." Expertinnen gehen laut Sandt sogar davon aus, dass "die meisten" ihre Dienste seither illegal anbieten. Studien im Auftrag des Freistaats könnten "die gesamte Debatte um die Sexarbeit versachlichen". Sandt hatte sich nach eigenen Angaben kürzlich selbst ein Bild vom Milieu gemacht, etwa in einem Bordell an der Nürnberger Frauentormauer oder im Kellerstudio einer Domina, die sie als selbstbestimmte Persönlichkeit kennengelernt habe - die gleichwohl aber über Stigmatisierung geklagt habe.

Um die Situation von Sexarbeitenden zu verbessern, fordert Sandt in einem Konzeptpapier unter anderem den Ausbau der Fachberatungsstellen in allen bayerischen Bezirken; bisher gebe es nur je eine in München und Nürnberg, "das reicht bei Weitem nicht aus". Gestärkt werden müsse auch die berufliche Neuorientierung: Wer aussteigen wolle, solle "eine umfassende Beratung und Begleitung" erhalten - feste Strukturen statt meist nur spendenfinanzierte Projekte, bei Bedarf mit Sprachkursen, Weiterbildung, Schuldner- oder Suchtberatung. Für Prostituierte im Beruf sollten zudem Anmeldung und Beratungen beim Gesundheitsamt, wie bei legaler Tätigkeit vorgeschrieben, kostenfrei werden. Regelungen für Selbständige müssten vereinfacht werden, zum Beispiel für die Anmietung von Wohnungen mit Kolleginnen, um dort legal zu arbeiten - ohne die gleichen Auflagen wie Bordellbetreiber erfüllen zu müssen.

Im Mai hatte sich auf Vorstoß von FDP und Grünen der Sozialausschuss im Landtag mit Prostitution beschäftigt, bei einer Anhörung mit Fachleuten sowie aktiven und früheren Sexarbeiterinnen. Schon damals wurde die unklare Datenbasis erörtert, laut Schätzungen sind es bis 15 000 Personen im Freistaat.

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