Projekt für Arbeitslose:Hartz gegen Hartz IV

Die CSU kümmert sich um die Resozialisierung des verurteilten ehemaligen VW-Vorstands Peter Hartz - der will Arbeitslosen aus der Falle helfen, die seinen Namen trägt.

O. Przybilla

Peter Hartz ist wieder da. Eingeladen hat ihn die CSU-Mittelstandsunion nach Ansbach, damit der ehemalige VW-Vorstand seine neue Idee vorstellen kann. Hartz, das ist jener Mann, der den einschneidendsten Sozialreformen in Deutschland einen Namen gegeben hat. Und der im Januar 2007 vom Landgericht Braunschweig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist, wegen Untreue und Begünstigung.

Peter Hartz, AP

Der ehemalige VW-Vorstand Peter Hartz wirbt für seinen neues Projekt. Es soll Hartz-IV-Empfängern aus der Falle helfen.

(Foto: Foto: AP)

Aber jeder, sagt der Ansbacher CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Dieter Breitschwert, habe "doch eine zweite Chance" verdient. Auch der vorbestrafte Herr Hartz. Für dessen Resozialisierung fühlt sich nun offenkundig die CSU zuständig.

Das Projekt Hartz V

Das Thema des Abends könnte man auch als das Projekt Hartz V deuten. Vorgestellt wird ein Konzept, mit dem Langzeitarbeitslosen geholfen werden soll, sich aus der Falle von Hartz IV zu befreien. An eine Weiterentwicklung der Ich-AG sei gedacht, erklärt Hartz, "befreit von deren Kinderkrankheiten".

Das Projekt hört auf den etwas charmanter klingenden Namen "Minipreneure". So will Hartz künftig all diejenigen genannt wissen, die nicht mehr einen nach ihm benannten Sozialsatz empfangen, sondern wieder arbeiten sollen. Minipreneure - angelehnt an den französischen Begriff für den Unternehmer: l'entrepreneur.

"Latente Passivität" überwinden

Auf 28 Seiten stellen Hartz und die "gemeinnützige Minipreneure GmbH" ihre Ideen vor. Im Kern geht es darum, mit Hilfe "neuer Erkenntnisse aus der Hirnforschung" ein lokales Netzwerk aus Berufstätigen und Langzeitarbeitslosen zu stricken. In Ansbach, wo Hartz ein Modellprojekt verwirklicht wissen will, sollen Arbeitslose gefunden werden - die in Gruppen angeleitet werden, "ihre latente Passivität" zu überwinden. "Beispielsweise von einem gestandenen Handwerksmeister", erklärt Hartz.

Seine Idee verstehen nicht alle sofort an diesem Abend. Offenbar, weil sich die Teilnehmer auch miteinander unterhalten sollen, heißt das oberste Ziel in den Gesprächsgruppen "Polylog". Ein Polylog sei "ein fundamental kokreativer Prozess", steht auf der Tafel hinter Professor Hartz zu lesen. Im Publikum ruft einer: "Hä?"

Die Claqueure aus der Halle geleitet

Fragen aber sind nicht gestattet. "Wir haben das hier als Vortragsveranstaltung geplant", begründet das der Abgeordnete Breitschwert. Als Zuhörer jeden Satz mit sarkastischem Beifall quittieren, ruft der CSU-Mann zur Ordnung. Der Beifall diene offenbar allein der Störung, beschwert sich der Abgeordnete. Deswegen mache die CSU-Mittelstandsunion nun von ihrem Hausrecht Gebrauch. Die Claqueure werden von der Polizei vor die Halle geleitet - dorthin, wo ein überaus übelriechender Harzer Käse kredenzt wird, an Knäckebrot. "Hartz IV - das sind wir", ruft ein Mann mit bunten Haaren.

Wieso eigentlich Hartz beim CSU-Mittelstand in Ansbach? Hartz wollte sein Projekt schon im Saarland starten. Das aber sei an seinem "belasteten Namen" gescheitert, sagt er. In Ansbach dagegen war der Unternehmensberater Fritz Gempel - Mitglied bei Minipreneure - einst Stadtrat und damit Kollege des Kreischefs der Ansbacher CSU-Mittelstandsunion, Klaus Dieter Breitschwert.

"Erhebliche Bedenken"

"Gempel hat mich überzeugt", sagt Breitschwert. Er räume aber ein, dass auch Parteifreunde kritische Fragen zum Hartz-Comeback formulierten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund geht da weiter: Mit Peter Hartz solle in Franken "der Brandstifter zur Feuerwehr" gemacht werden. Das sei "geschmacklos".

Gempel will der Stadt das Projekt trotzdem schmackhaft machen. Würden sowohl Kommune als auch Arbeitsagentur mitspielen, so könnte es bald losgehen, glaubt Gempel. Die Stadt würde das neue Hartz-Modell "prinzipiell begrüßen", sagt der zuständige Sozialreferent. Die Arbeitsagentur Ansbach will das Projekt ernsthaft prüfen. Es gebe aber "erhebliche Bedenken", inwieweit es "finanzierbar und geeignet" sei, Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu bieten - die über das hinausgehe, was auch jetzt schon geschehe, sagt der Behördenchef.

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