Probleme der CSU:Rennen, retten, flüchten

Die Fehler der Stoiber-Zeit entwickeln sich für Bayerns Ministerpräsident Seehofer zu Katastrophen. Finanzminister Fahrenschon soll das regeln, doch steht verlassen auf weiter Flur.

A. Ramelsberger

Horst Seehofer, der ganz neu anfangen wollte in Bayern, schafft es nicht; er wird das Alte nicht los. Die Fehler der Stoiber-Zeit entwickeln sich zu Katastrophen. Vor zwei Jahren erst ist der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber aus dem Amt geschieden, aber das Reich das er geschaffen hat, ist schon zerfallen.

Probleme der CSU: Schwere Last der Landesbank: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Georg Fahrenschon.

Schwere Last der Landesbank: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Georg Fahrenschon.

(Foto: Foto: ddp)

Nicht nur die übermächtige CSU hat die absolute Mehrheit verloren. Die Bayerische Landesbank, lange das Prunkstück der Regierung, stellt sich als Produkt provinziellen Größenwahns heraus - geführt von Blendern, beaufsichtigt von Möchtegern-Kontrolleuren, die zwar die Apanage als Verwaltungsrat einstrichen, aber von Bankenaufsicht keine Ahnung hatten.

"Kärnten wird reich"

Milliardenlasten drücken mittlerweile auf den Freistaat, und täglich wird klarer, wie leichtfertig die Landesbank Steuergeld ausgegeben hat - zuletzt für den überteuerten Kauf der maroden österreichischen Bank Hypo Alpe Adria. Kaum war der Kauf besiegelt, jubelte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider: "Kärnten wird reich." Es hätte Bayern zu denken geben müssen.

Jetzt kommt auch noch heraus, dass der frühere Vorstandschef der BayernLB, Werner Schmidt, 50.000 Euro Beraterhonorar von der Alpe Adria bekommen hat - man muss schon naiv sein, um dabei nichts Böses zu denken. Schmidt rechtfertigt das Honorar mit den Worten, bei so "lächerlichen Beträgen" könne das Geschäft gar nicht zwielichtig sein. Man dachte eigentlich, dass selbst der arroganteste Banker sich solche Wortwahl verkneift, seitdem die "Peanuts" an der Deutschen Bank kleben.

Keine Angst: Wir machen das schon für euch

Noch mehr als die Empörung über dummdreiste Manager erschüttert die Bürger im Freistaat aber die Erkenntnis, dass sie lange einer Illusion aufgesessen sind. Sie glaubten, dass sie bei ihrer Quasi-Staatspartei CSU zwar nicht eben in liberalen, aber doch in guten Händen seien - zumindest wenn es ums Geld geht. Das Gefühl, das Stoiber & Co. vermittelten, war zu allererst: keine Angst, wir machen das schon für euch. Wer Kritik äußerte, war ein böser Oppositioneller, der nur herumkritteln wollte an der Partei, die wusste, wo es langgeht.

Lange konnten sich die Bayern wohlbehütet fühlen. Stoiber verschaffte sich und seinem Land Respekt. Er verbreitete den Eindruck, Bayern spiele mit der Kanzlerin, Brüssel und wenn nötig mit der ganzen Welt auf Augenhöhe. Unter der Champions League machte man es in München nicht; das war beim Fußball so, in der Politik - und das sollte auch für die Banken gelten. Ein Landes-Bänkchen für den Mittelstand, das regionalen Familienunternehmen hilft, war in diesem Szenario nicht vorgesehen. Aus der Bayerischen Landesbank sollte eine Großbank werden. Und die Bayern waren stolz auf ihre Anführer. Es ging ihnen gut und über allem walteten der weiß-blaue Himmel, der liebe Gott und die CSU.

Die Grundfesten der CSU werden erschüttert

Nun ist der Blitz aus diesem Himmel herabgefahren. Es spielt sich Unglaubliches ab: Gerade noch beschwerten sich Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein und Ex-Finanzminister Erwin Huber über die Opposition, die Anzeige gegen sie gestellt hat wegen ihrer Blindheit im Aufsichtsgremium der Bank. Am nächsten Tag erfahren sie, dass ihr eigener CSU-Finanzminister prüfen lässt, ob er sie zu Schadenersatz heranziehen kann - so wie der Siemens-Konzern seinen Ex-Vorstandschef Heinrich von Pierer unter Druck setzte und nun von ihm fünf Millionen Euro bekommt.

Der Skandal um die Landesbank erschüttert die Grundfesten der CSU. Doch die starken Männer von einst schweigen. Der ehemalige Finanzminister Kurt Faltlhauser, für sein ausgeprägte Selbstbewusstsein berühmt, hat vor einem Jahr kokett seine "Blauäuigkeit" eingeräumt, später dann nichts mehr. Die anderen Alten erklären, keiner habe etwas gewusst, geschweige denn verstanden. Der CSU-Fraktionschef, auch er war Verwaltungsrat der Bank, ist abgetaucht. Von Stoiber hört man nichts, er schwebt die meiste Zeit abgehoben gen Brüssel, um Europa zu entbürokratisieren. Aus der mächtigen Wagenburg CSU ist ein versprengtes Trüppchen geworden. Jeder rennet, rettet, flüchtet.

Ein Verhältnis wie Nordkorea und die USA

Ein Einziger ist auf dem Schlachtfeld der Landesbank zurückgeblieben: Finanzminister Georg Fahrenschon. Er steht dort recht einsam. Ministerpräsident Horst Seehofer lässt seinen Parteifreund wohlweislich allein das schwierige Geschäft betreiben. Der Taktiker Seehofer meldet sich nur hin und wieder aus der Kulisse und wirft Fahrenschon hin: mach mal! Keine Rücksichten! Zur Chefsache macht er die schwerste Aufgabe der Landespolitik nicht. Er könnte davon erdrückt werden.

Wie schwer die Last der Landesbank wiegt, spürt Fahrenschon schmerzlich. Die Zusammenarbeit mit der Bank wirkt so vertrauensvoll wie die zwischen Nordkorea und den USA. Im eigenen Haus ist der Minister von Beamten umstellt, die die Großmannssucht mitgetragen haben. Für Fahrenschon haben die Probleme erst begonnen. Er wird den Kelch trinken müssen bis zum bitteren Ende. Überlebt er, hat er Glück gehabt. Überlebt er nicht, ist das kein Grund zur Beruhigung. Dann können sich die Bayern nur noch an ihre Hymne halten: Gott mit dir, du Land der Bayern. Aber zum Singen wird ihnen nicht zumute sein.

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