Prien:Ausstellung über Prinzregentenzeit und die Emanzipation der Frauen

Prien: Junge Frau auf roter Gartenbank, gemalt 1895 von Christian Maximilian Baer (Privatbesitz).

Junge Frau auf roter Gartenbank, gemalt 1895 von Christian Maximilian Baer (Privatbesitz).

(Foto: Georg Wieland)

Die Ära des Prinzregenten Luitpold wird als gute alte Zeit verklärt. Zu diesem Mythos gehört aber auch die beginnende Frauenbewegung, die von den Chiemseekünstlern wichtige Impulse erhielt.

Von Hans Kratzer

Wenn man in den alten Chroniken nachliest, wie energisch und selbstbewusst die Frauenbewegung bereits vor mehr als einem Jahrhundert auftrat, verwundert es doch sehr, wie lange es gedauert hat, bis die Forderungen nach Gleichberechtigung endlich realisiert wurden. Zu den treibenden Kräften zählte damals die 1871 in München geborene Marie Haushofer, die sich ihren Lebensunterhalt als Malerin verdiente, außerdem trat sie als Dichterin in Erscheinung. Schon vor 1900 engagierte sie sich in der bürgerlichen Frauenbewegung Bayerns und im Münchner Verein für Fraueninteressen. Letzterer hatte einen großen Anteil daran, dass die bürgerliche Frauenbewegung in Bayern Fuß fasste.

Dass der Name Marie Haushofer in der aktuellen Ausstellung in der Galerie im Alten Rathaus in Prien eine tragende Rolle spielt, liegt auf der Hand. Unter dem verheißungsvollen Titel "Glanzvoll" wirft die Schau einen Blick zurück auf die schon in Georg Lohmeiers "Königlich Bayerischem Amtsgericht" beschworene "gute alte Zeit", wie die von 1886 bis 1912 reichende Prinzregentenzeit gerne verklärt wird.

Zweifellos war es eine Zeit des Friedens, in der die Kultur in hoher Blüte stand, und doch gab es auch Schattenseiten, die diese Ära verdunkelten. Massive politische und soziale Spannungen sind ebenso wenig wegzuleugnen wie die Tatsache, dass die Frauen sich mit ihrer dienenden Nebenrolle nicht mehr zufriedengaben und aufbegehrten. Schon Thomas Mann sah diese Jahre trotz ihres Glanzes von Ambivalenz gekennzeichnet, einerseits Endzeit, andererseits atemloser Aufbruch.

München war in jener Zeit eine strahlende Metropole, in der neue Kunsttendenzen den Weg in die Moderne wiesen. In der Ausstellung ist gut nachzuvollziehen, wie sich die Malerei von der traditionellen Genre- und Historienmalerei entfernte und unter dem Einfluss des französischen Impressionismus einen freieren Umgang mit Formen und Farben riskierte.

Diese Entwicklung machte sich vor allem in der Landschaftsmalerei bemerkbar. Ingrid Fricke und Ute Gladigau, die Kuratorinnen der Priener Schau, wählten Bilder aus, die nicht nur schön anzusehen sind, sondern explizit die Rolle der Frauen thematisieren. Womit wir wieder bei Marie Haushofer wären, der Enkelin des bekannten Chiemseemalers Max Haushofer, deren Bilder für die künstlerische Freiheit und Entfaltung der Frauen wichtige Anstöße gaben. Neben ihren Werken werden noch 130 hochkarätige Leihgaben aus Museen und Privatbesitz gezeigt, darunter Ölgemälde, Aquarelle, Skulpturen und Fotografien.

Prien: Leo Putz, Am Ufer, gemalt 1909 (Sammlung Siegfried Unterberger).

Leo Putz, Am Ufer, gemalt 1909 (Sammlung Siegfried Unterberger).

(Foto: Walter Bayer/Jakob Tappeiner)
Prien: Leo Putz, Morgensonne, gemalt 1907 (Sammlung Siegfried Unterberger).

Leo Putz, Morgensonne, gemalt 1907 (Sammlung Siegfried Unterberger).

(Foto: Walter Bayer/Jakob Tappeiner)

Auch Maler wie die "Inselkönige" Karl Raupp und Josef Wopfner, bekannt wegen ihrer Chiemseelandschaften, gaben der Frauenbewegung einen Schub. Von Raupp stammt jenes Bild einer zeitungslesenden Frau, das beim Rundgang nicht zu übersehen ist. Marie Haushofers Großvater, der bereits erwähnte Landschaftsmaler Max Haushofer, hatte schon 1828 auf der Fraueninsel eine der ältesten europäischen Künstlerkolonien gegründet. Dieser schlossen sich in der zweiten Hälfe des 19. Jahrhunderts zahlreiche weitere Künstler an, die sich rund um den Chiemsee niederließen. Zu ihnen gehörten etwa Christian Maximilian Baer auf der Fraueninsel, Leo Putz in Hartmannsberg, Julius Exter in Übersee und Ludwig von Zumbusch in Aiterbach. Ständig kamen berühmte Gäste vorbei, etwa Max Slevogt, Edward Cucuel, Wilhelm Leibl und natürlich auch der Prinzregent Luitpold, der jeden Sommer mit großer Lust im Chiemsee schwamm. Seine Auftritte in Prien waren jeweils gefeierte Ereignisse.

Prien: Max Slevogt, Nachen am Chiemsee, gemalt 1900.

Max Slevogt, Nachen am Chiemsee, gemalt 1900.

(Foto: Axel Brachat/GDKE Rheinland-Pfalz)
Prien: Julius Exter, Badende am Chiemseestrand, um 1925.

Julius Exter, Badende am Chiemseestrand, um 1925.

(Foto: Maria Scherf/Andrea Gruber/Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen)

Die privaten Malschulen rund um den Chiemsee boten aber auch vielen Künstlerinnen Ausbildungsmöglichkeiten, die ihnen an den Akademien noch versagt waren. So belegt die Ausstellung nicht nur, wie die Entwicklung der Moderne in der Kunst sowie die künstlerische Freiheit und Entfaltung der Frauen in der "guten, alten Zeit" bis zum Chiemsee ausstrahlte, sondern von hier aus auch bedeutende Impulse erhielt.

Begleitend zur Ausstellung wird der Landeshistoriker Manfred Treml an diesem Donnerstag in einem Vortrag die Epoche der Prinzregentenzeit näher beleuchten und erklären, wie es dazu kam, dass sich der Mythos der "guten, alten Zeit" ausbilden konnte. Der gängigen Verklärung setzt er die politische Wirklichkeit von damals entgegen. Bei allem Fortschritt sei in jener Zeit auch viel versäumt worden, sagt Treml, was eingefleischte Monarchisten freilich nicht so gerne hören.

Am 12. Mai folgt dann ein Vortrag des Historikers Werner K. Blessing. Er spricht über "Bayerns Gesellschaft um 1900: Kontinuität und Umbruch". Den Abschluss der Reihe macht die Kunsthistorikerin Ruth Negendanck am 31. Mai mit dem Vortrag "Begegnungen. Die Künstlerlandschaft Chiemsee in der Prinzregentenzeit". Die Vorträge beginnen jeweils um 19 Uhr. Anmeldung unter galerie@tourismus.prien.de.

Die Ausstellung "Glanzvoll" läuft bis zum 19. Juni. Am 8. und 22. Mai sowie am 5. und 19. Juni wird jeweils um 14 Uhr eine Kuratorinnen-Führung angeboten. Während der Ausstellung ist die Galerie im Alten Rathaus am Donnerstag von 17 bis 19 Uhr sowie von Freitag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eingang befindet sich in der Alten Rathausstraße 22.

Zur SZ-Startseite

MeinungCSU
:Hund sans nimmer

Der Rücktritt des CSU-Generalsekretärs ist nur ein Symptom für die Probleme der Partei: Sie hat ein tief sitzendes Bigotterie-Problem.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: