Preiswürdig:Stadt der Freiheitsrechte

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Heribert Prantl kommt am Reformationstag für eine "Zeitansage" in die Christi-Himmelfahrts-Kirche nach Freising. (Foto: Sven Simon/Imago)

Memmingen bekennt sich mit einem Preis zum Erbe der Zwölf Bauernartikel von 1525. Dieses Jahr wird SZ-Journalist Heribert Prantl ausgezeichnet

Von Florian Fuchs, Memmingen

Seit Anfang der Woche trägt Memmingen den Namenszusatz "Stadt der Freiheitsrechte". Ein Memminger Manifest hat der Stadtrat verabschiedet, Kernpunkte sind unter anderem: Alle Menschen sollen an der Stadtpolitik beteiligt werden, wofür neue Formen der Teilhabe und Transparenz erarbeitet werden. Und die Stadt bekennt sich ausdrücklich zum Erbe der Zwölf Bauernartikel aus dem Jahr 1525 und gelobt somit für alle Menschen einzutreten, denen die Freiheitsrechte verweigert werden. Die Zwölf Bauernartikel gelten als die erste Niederschrift von Menschen- und Freiheitsrechten in Europa. Um die Erinnerung daran lebendig zu halten, ehrt die Stadt alle vier Jahre Personen, die sich um die Freiheit verdient gemacht haben: Als nächsten Preisträger hat Oberbürgermeister Manfred Schilder am Donnerstag den früheren Leiter des Ressorts Innenpolitik und Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl bekannt gegeben.

Die Zwölf Bauernartikel, so hat es der damalige Bundespräsident Johannes Rau vor 20 Jahren bei einem Festakt in Memmingen formuliert, seien "ein Monument der deutschen Freiheitsgeschichte". Er stellte sie in eine Reihe mit der Versammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848. Der Überlieferung nach schlossen sich während des Bauernkrieges 1525 in der Memminger Kramerzunft fünfzig Vertreter der oberschwäbischen Bauern zusammen. Die Forderungen der Bauern aus Memmingen nach Abgabenerleichterungen und Aufhebung der Leibeigenschaft wurden in zahlreichen anderen aufständischen Gebieten übernommen. Mehr als 25 000 Exemplare der Flugschrift wurden damals innerhalb kürzester Zeit verteilt - eine für die Zeit immens hohe Auflage. Freiheit, Gerechtigkeit und Mitbestimmung - laut Oberbürgermeister Schilder spiegeln sich die Werte der Bauernartikel auch im heutigen Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wider.

Die Freiheit der Presse, sagte Schilder bei der Bekanntgabe des Preisträgers im Memminger Rathaus, sei ein wesentlicher Stützpfeiler der Demokratie und im Grundgesetz fest verankert. Die Presse und die Medien allgemein, hieß es vonseiten der Jury, sähen sich jüngst jedoch verstärkt Angriffen ausgesetzt. Es habe deshalb keine lange Diskussion der Jury gegeben, dass Heribert Prantl den mit 15 000 Euro dotierten Preis zugesprochen bekommt. Als einer der bekanntesten Publizisten und Kommentatoren Deutschlands trete Prantl wie kaum ein anderer in seinen Beiträgen für die Süddeutsche Zeitung für Grundrechte und Grundfreiheit ein. "Heribert Prantl konfrontiert den Wildwuchs des Populismus unablässig mit den Prinzipien unseres Grundgesetzes." Der Journalist und Autor Prantl entspreche mit seiner Lebensleistung den Anforderungen des Memminger Freiheitspreises 1525 in vorbildlicher Weise. Der Preis wird seit dem Jahr 2005 vergeben, bisher ausgezeichnet wurden unter anderem der ehemalige Ministerpräsident Gyula Horn, die pakistanische Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai oder auch der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler. Der Festakt der Preisverleihung in der historischen Stadtpfarrkirche Sankt Martin wird erst im nächsten Frühjahr stattfinden, ein genauer Termin ist wegen der Corona-Krise bislang nicht festgesetzt.

© SZ vom 26.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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