Präsidentschaftskandidat auf München-Besuch:Gauck, die zweite

Es war ein bisschen peinlich, wie sich die CSU benommen hat, als Joachim Gauck vor zwei Jahren auf Werbetour für sich in München war. Nun bittet er zum zweiten Mal um Unterstützung für seine Kandidatur um das Amt des Bundespräsidenten - und sein Neu-Unterstützer Horst Seehofer hat nicht gerade die beste Laune.

Frank Müller und Mike Szymanski, München

"Grüß Gott", sagt Joachim Gauck, als er kurz vor drei Uhr aus seiner Limousine an der Hanns-Seidel-Stiftung aussteigt. Doch es ist kein entspannter Gruß bei dieser Begegnung mit CSU-Chef Horst Seehofer. Gauck wirkt angespannt. Seehofer hat schon den ganzen Tag nicht gerade die beste Laune. Jetzt stehen sie nebeneinander: der Mann, der zum zweiten Mal um Unterstützung für seine Kandidatur um das Amt des Bundespräsidenten bittet, und sein Neu-Unterstützer: Horst Seehofer.

Ein Fotograf bittet darum, dass die beiden sich die Hände schütteln. Es ist eine Begegnung, die absolviert wird - professionell und doch irgendwie kühl. Dann verschwinden beide im Gebäude, wo die Wahlleute und viele Gäste warten.

Es ist wieder einmal ein Gauck-Tag in München. Erst besucht er die CSU, danach fährt er weiter ins Maximilianeum und macht dort den Landtagsfraktionen die Aufwartung. Dort gibt es einen noch etwas größeren Bahnhof: Alle fünf Fraktionschefs versammeln sich zum Empfang, alle sind sie ein bisschen aufgeregt.

Als Gauck dann um viertel vor fünf Uhr eintrifft, gibt es keinen Applaus, sondern respektvolle Stille. Die Landtagsbediensteten versammeln sich an den Brüstungen und zücken die Fotohandys, während Gauck, begleitet von den Fraktionschefs, die Treppe hochgeht zum Amtszimmer von Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Im Anschluss geht es in den Plenarsaal, dort stellt sich Gauck den Abgeordneten vor. Die Presse muss draußen bleiben.

Diejenigen, die ihm zuhören können, sind angetan: Als unabhängiger Kopf habe er sich präsentiert, als Optimist, als Freund Europas mit besonderer Wertschätzung für Grundgesetz und soziale Marktwirtschaft.

Vor zwei Jahren war Gauck schon einmal auf Werbetour für sich in München. Damals aber hatte die CSU ihm noch die kalte Schulter gezeigt. Christian Wulff hieß 2010 der Mann der CSU. "Jede politische Kraft entscheidet sich für einen Kandidaten und steht dann auch zu ihm", erklärt Seehofer das in der Rückschau. Gauck hat sich das gemerkt und wird nach dem Treffen mit Seehofer eine kleine Spitze los: Er freue sich über die Unterstützung, sagt er. "Das war nicht immer so, und deshalb freut man sich besonders darüber."

An dem missratenen Junitag 2010 war Gauck in einen Unfall verwickelt

Im Landtag wird Gauck noch eine Klarstellung los. Befragt zur CSU-Kritik an seinen Lebensverhältnissen, sagt der nicht mit seiner Lebensgefährtin Verheiratete trocken: "Ich verstehe meinen Lebensstil nicht als Rollenmodell für jemand anderen."

Auch vor zwei Jahren war Gauck im Landtag aufgetreten, hielt eine Rede, aber die CSU hockte lieber bei ihrer Fraktionssitzung. Nur drei von 92 Abgeordneten hörten Gauck zu. Es war ein bisschen peinlich, wie sich die CSU benommen hat. Und es war typisch für diesen missratenen Junitag des Jahres 2010, dass Gauck nach dem Termin im Landtag noch in einen Unfall verwickelt wurde. Ein Radler, der im Stadtteil Lehel in die falsche Richtung fuhr, prallte mit dem BMW zusammen, in dem Gauck saß. Der damals 29-jährige Radfahrer schwebte anfangs in Lebensgefahr.

Als sich der Trubel des Besuchs schon längst verzogen hat, gibt es eine Geste Gaucks, die sich eigentlich gar nicht groß herumsprechen sollte: Im Büro von Landtagsvizepräsident Franz Maget (SPD) trifft Gauck das Unfallopfer von damals - offenbar war es beiden ein Anliegen.

Die Opposition kann sich Sticheleien nicht verkneifen

Diesmal soll der Besuch also unter einem besseren Stern stehen. Zwar sind die Abgeordneten nicht vollzählig erschienen, weil der Montag sitzungsfrei ist. Aber CSU-Fraktionschef Georg Schmid ist eigens von einem Termin in Straßburg zurückgefahren. Er lobt Gauck als "authentisch" und "respektabel", FDP-Fraktionschef Thomas Hacker formuliert es ähnlich.

Die Opposition dagegen kann sich die Sticheleien zu diesem "Déjà-Vu" (SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher) nicht ganz verkneifen. "Da hätten wir uns einen Haufen Zeit und Geld sparen können", sagt Margarete Bause (Grüne). Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger mokiert sich, es sei "schon lustig, wie sich die CSU jetzt hier rückwärts überschlägt".

Doch Seehofer ist Meister darin, die Seiten zu wechseln und es hinterher so aussehen zu lassen, als ob er immer dort gestanden hätte. "Wir Bayern nehmen uns die Freiheit, Gauck zu wählen" - so einfach ist das für den CSU-Chef. Immerhin habe Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber Gauck schon im Jahr 1999 als Bundespräsident ins Gespräch gebracht, hält Seehofer noch fest. Und Gauck, der soll sich auch nicht so haben. So sagt Seehofer das zwar nicht, aber er erzählt, dass er es in seiner Partei selbst schon erlebt hat, auf der Verliererseite zu stehen - und wenig später auf der Gewinnerseite.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: