Porträt:Mixa, der Erregungserreger

Walter Mixa hat schon öfter mit umstrittenen Aussagen empört. Der streitbare Bischof weiß, dass man in einer Mediengesellschaft zuspitzen muss, um gehört zu werden.

Matthias Drobinski

Meldungen über den Augsburger Bischof Walter Mixa beginnen mittlerweile mit Floskeln wie: "Wieder einmal sorgt ..." oder: "Erneut hat ..."

Also: Erneut empört Bischof Walter Mixa viele Menschen; diesmal, weil er gesagt hat, "die sogenannte sexuelle Revolution" sei "sicher nicht unschuldig" daran, dass sexueller Missbrauch "ein verbreitetes gesellschaftliches Übel" sei.

So, wie er vorher Empörung hervorrief, weil er sagte, die "Unmenschlichkeit des praktizierten Atheismus" habe sich in Nationalsozialismus und Kommunismus erwiesen. Und davor, weil er Holocaust und Abtreibung in einem Atemzug nannte; davor wiederum, weil er sagte, der Kinderkrippen-Ausbau degradiere Frauen zu "Gebärmaschinen".

Der neue Dyba

Bis zu seinem Tod im Jahr 2000 hatte der Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba unter den katholischen Bischöfen die Rolle des Erregungserregers inne. Jetzt scheint Mixa diese Rolle zuzuwachsen, wobei ihm das Lustvolle fehlt, mit dem Dyba Streit suchte.

Manchmal tut Mixa leid, was er gesagt hat; dass ihm nach der Holocaust-Abtreibungs-Rede vorgeworfen wurde, er verharmlose den Judenmord, hat ihn getroffen. Manchmal gibt er zu, mit der gleichen Naivität formuliert zu haben, mit der er sich 2002 von einem mazedonischen Bischof in Skopje einen Koffer mit 205.000 Euro in die Hand drücken ließ, um das Geld in Deutschland auf die Bank zu bringen - fast wäre Mixa dafür als Devisenschmuggler im Gefängnis gelandet.

Meistens aber meint er, was er sagt, und er ist stolz darauf, wie er es sagt. Wer nicht zuspitzt, wird nicht gehört in der Mediengesellschaft, findet er, und dass die Kirche laut vernehmbar sein müsse, wenn das Land nicht den Bach hinuntergehen soll.

Und der Niedergang droht, wenn Frauen arbeiten gehen, statt zu Hause Kinder zu erziehen, wenn Abtreibung nicht mehr als Todsünde gilt, sexuelle Freizügigkeit herrscht und die Gottlosigkeit wächst - ohne christlichen Glauben, gerade in seiner katholischen Form, ist für Mixa wahre Menschlichkeit nicht möglich.

Dass Differenzierungen dabei verlorengehen, nimmt er in Kauf. Es geht auch unter, dass der Augsburger Bischof, der zugleich Militärbischof ist, sich nachdenklich und kritisch zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan geäußert hat. Es bleibt Walter Mixa, der Kämpfer für einen konservativen Katholizismus.

Im Vatikan mag man Mixas Tenor

Auch mancher Mitbruder im Bischofsamt hält inzwischen die Luft an, wenn Mixa redet - weil er fürchten muss, in den kommenden Tagen nur auf das reagieren zu müssen, was der Augsburger vorgegeben hat und was nun die Nachrichten über die Kirche bestimmt.

Im Vatikan mag man den Tenor, wenn auch nicht jede Formulierung des einstigen Pfarrers von Schrobenhausen und Bischofs von Eichstätt schätzen, der 1945 als vierjähriger, heimatvertriebener Bub ins württembergische Heidenheim an der Brenz kam.

Und dennoch blieb Walter Mixa der größte Erfolg seiner Kirchenlaufbahn verwehrt: Er galt als Kandidat für den Münchner Erzbischofs-Stuhl, doch Papst Benedikt XVI. schickte ihn im Juli 2005 nicht an die Isar, sondern an den Lech. Was nur als die kleine, nicht als die ganz große Beförderung gelten kann.

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