Polizistenmord von Augsburg:Erster Mord mit 19 Jahren

Er gilt als Hauptverdächtiger im Fall des ermordeten Augsburger Beamten, doch der Polizei ist Rudolf R. schon lange bekannt. Im März 1975 überfiel er erst einen Wachposten, dann tötete der damals erst 19-Jährige einen Polizisten.

Hans Kratzer, Augsburg

Vor 36 Jahren hat Rudolf R., einer der mutmaßlichen Mörder des Polizeibeamten Mathias Vieth, schon einmal einen Polizisten getötet. Der damals 19-Jährige erschoss in der Nacht zum 6. März 1975 auf der Zufahrtsstraße zur Autobahn-Raststätte Augsburg-Nord in kaltblütiger Manier den 31-jährigen Polizeiobermeister Bernd Dieter Kraus.

Augsburger Polizistenmord

Der damals 19-jährige Rudolf R. auf dem Weg zur Vernehmung im Augsburger Polizeipräsidium.

(Foto: dpa)

Kraus wollte damals mit zwei Kollegen auf einer routinemäßigen Streifenfahrt einen geparkten, unbeleuchteten Wagen kontrollieren. Es war zwei Uhr morgens. "Den schauen wir uns näher an, der ist sicher gestohlen", sagte der Polizeiobermeister zu seinen Kollegen, doch kurz darauf blitzten aus dem angrenzenden Gebüsch zwei Mündungsfeuer auf. Kraus wurde aus kurzer Entfernung von mehreren Kugeln tödlich getroffen. Während seine Kollegen in Deckung sprangen, flüchteten die Heckenschützen zu Fuß in Richtung Autobahn.

Gut zwei Stunden nach der Mordtat wurden die Täter in der Nähe ihrer Wohnungen in der Innsbrucker Straße in Augsburg festgenommen. Die Fahndung hatte zu einem schnellen Erfolg geführt, weil die beiden 19-Jährigen wenige Stunden vorher ein Auto gestohlen hatten. Da sie schon öfter auffällig geworden waren, hegte die Kriminalpolizei aufgrund der Arbeitsweise der Diebe schnell einen Verdacht. Die Spur führte zu dem Automechaniker Rudolf R. und zu dem Dreher Jovan S., die alsbald des Mordes an Bernd Dieter Kraus überführt wurden. Im Prozess wurde Rudolf R., der die tödlichen Schüsse abgegeben hatte, zu lebenslanger Haft verurteilt. 1994 durfte er das Gefängnis verlassen. Sein Komplize S. kam mit sechs Jahren Jugendstrafe davon.

Der Mordtat war eine Verkettung von unglücklichen Zufällen vorausgegangen, die den Polizeiobermeister das Leben kostete. Ausgangspunkt für das Drama war der besagte Diebstahl eines Autos im Augsburger Stadtteil Hochzoll. Die Täter fuhren mit dem Wagen zur Ritter-von-Leeb-Kaserne in Landsberg, um dort Waffen zu erbeuten. Schon vorher hatten sie sich einen Neun-Millimeter-Revolver und ein Kleinkalibergewehr besorgt.

Gegen 1.15 Uhr hielten sie vor dem Wachposten der Kaserne, ihre Gesichter waren vermummt. Der junge Soldat blickte plötzlich in eine Gewehrmündung, hörte einen aggressiven Befehlston: "Los, gib die Knarre her, sonst passiert was." Völlig verdutzt händigte er den Vermummten seine großkalibrige Dienstpistole samt Magazin und Koppel aus. Schwer bewaffnet fuhren die beiden Räuber nach Augsburg zurück, wo sie den Wagen an der Zufahrtsstraße zur Autobahnraststätte unbeleuchtet abstellten.

Es dauert zu lange, bis die Polizei von dem Waffenraub erfuhr. Als die Streife das Auto der Räuber entdeckte, wussten Bernd Dieter Kraus und seine Streifenkollegen davon noch nichts. Drei Minuten vor der Alarmmeldung an alle Einsatzfahrzeuge gerieten die ahnungslosen Polizisten in den Hinterhalt. Die Mörder hatten sich nach ihrer Flucht in ihren Wohnungen umgezogen. Die schmutzige Wäsche versteckten sie in einer Tiefgarage, die Waffen in einem Lichtschacht, wo sie von der Polizei gefunden wurden. Die beiden waren trotz ihrer Jugend bereits häufig mit der Polizei in Konflikt geraten. In den Monaten vor dem Mord war das Duo wiederholt wegen Eigentumsdelikten festgenommen worden.

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