Polizist in Augsburg erschossen:Hundertschaften jagen die Täter - Polizei fehlt "heiße Spur"

Innenminister Joachim Herrmann spricht von einer "skrupellosen und kaltblütigen Tat" und einem "heimtückischen Mord": Nachdem in den frühen Morgenstunden ein 41-jähriger Polizist erschossen wurde, durchsuchen Hundertschaften der Polizei ein Waldstück bei Augsburg. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen - wegen Mordes.

Birgit Kruse

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verzieht keine Miene, als er in Augsburg vor die Presse tritt. Seine Wortwahl ist drastisch: Er spricht von "heimtückischem Mord", von einer "skrupellosen und kaltblütigen Tat", von einem "brutalen Rechtsverbrechen". Und Herrmann spricht von der ganzen Härte des Rechtsstaates, die den Täter treffen wird. "Auf Mord steht lebenslänglich", betont er mit ernster und fester Stimme. Doch zunächst müssen die Täter erst gefasst werden.

Polizist bei Verfolgungsfahrt in Augsburg getoetet

Schwerbewaffnete Polizeibeamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) durchsuchen das Ufer des Eiskanals am Lech: Noch immer sind die Täter, die einen Polizisten erschossen haben, auf der Flucht.

(Foto: dapd)

In den frühen Morgenstunden, gegen 2:50 Uhr, ist ein 41-jähriger Polizeibeamter im Augsburger Siebentischwald durch mehrere Schüsse getötet worden. Seine 30 Jahre alte Kollegin erlitt einen Streifschuss im hinteren Hüftbereich. Die Täter, ein Motorradfahrer und sein Sozius, sind noch immer auf der Flucht.

Auch die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen - wegen Mordes. Für Oberstaatsanwalt Günther Zechmann sind derzeit zwei Mordmerkmale erfüllt: Zum einen handle es sich nach bisherigen Erkenntnissen um einen "Verdeckungsmord". Denn Zechmann geht davon aus, dass sich die beiden Tatverdächtigen nicht ohne Grund nachts auf einem abgelegenen Parkplatz getroffen haben. Möglicherweise habe es sich um ein Drogengeschäft gehandelt, so seine Vermutung. Konkrete Anhaltspunkte dafür gebe es jedoch nicht. Zum anderen sieht Zechmann das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt. Denn mit so einem Angriff hätten die Beamten nicht rechnen können.

Nach bisherigen Erkenntnissen der Augsburger Polizei ereignete sich die Tat folgendermaßen: Der Streifenwagen sei in der Nacht routinemäßig auf Streife gewesen und auf einem Parkplatz des Kuhsees auf zwei Personen getroffen, schildert der Präsident des Präsidiums Schwaben Nord, Gerhard Schlögel, den Tatablauf.

Als die Polizisten die zwei Männer kontrollieren wollten, seien die beiden auf einem Motorrad geflohen. Die Beamten nahmen die Verfolgung auf. In einem Waldstück sei der Fahrer des Motorrades auf dem nassen Laub ausgerutscht und gestürzt. Als die beiden Polizisten sich den Männern nähern wollten, hätte einer von ihnen unvermittelt das Feuer eröffnet - mit einer großkalibrigen Schusswaffe, die nach SZ-Informationen auch Schusswesten durchschlagen kann. Der Täter schoss aus rund zehn Metern Entfernung, sagte Zechmann. Die Beamten waren im Lichtkegel des Streifenwagens gut zu sehen.

Schüsse in den Hals

Der 41-jährige Polizist war mehrfach "außerhalb des Einwirkungsbereichs der Schussweste" getroffen worden, so Schlögel. Eine Schutzweste habe er getragen. Die Rede ist jedoch von Treffern am Hals und möglicherweise auch im Kopfbereich. Daraufhin habe die Beamtin selbst das Feuer eröffnet und mehrfach auf die Täter geschossen. Ihr Kollege sei wenige Minuten später am Tatort gestorben. Der Mann hinterlässt eine Frau und zwei Söhne im Alter von 13 und 17 Jahren.

Polizist bei Verfolgungsfahrt in Augsburg getoetet

Dies Honda hat die Polizei am Tatort sichergestellt.

(Foto: dapd)

Schlögel ist das Entsetzen über die Tat ins Gesicht geschrieben. Ein wenig blass wirkt er, die leicht rot unterlaufenen Augen zeugen von den Strapazen des Tages. Der Tod des Kollegen sei für ihn eines der "schrecklichsten Erlebnisse". Seine Stimme klingt gefasst.

Bei den Tätern handelt es sich vermutlich um zwei Männer, "schwere Jungs", wie Schlögel sie bezeichnet. Auch Herrmann geht davon aus, dass der Täter in der "schwerkriminellen Szene zu finden ist."

Die Polizei und die Staatsanwaltschaft sind sich zudem sicher, dass die beiden Tatverdächtigen über gute Ortskenntnisse verfügen. Am Tatort seien mehrere Gegenstände sichergestellt worden. Auch eine DNS-Spur könnte dabei sein, so die Vermutung der Ermittler. Außerdem wurden nach der Tat bereits mehrere Personen überprüft, so Schlögel. Leider habe man aber keine "heiße Spur."

Hinweise erhoffen sich die Beamten von dem sichergestellten Motorrad. Dabei handelt es sich um eine Honda CB 500 mit dem Kennzeichen A-L 307. Das Besondere an der Maschine: Sie ist grau mit auffälligen gelben Streifen. Die Überprüfung des Kennzeichens habe zu einem Augsburger geführt, der jedoch nichts mit der Tat zu tun hat. Schlögel erklärt dies damit, dass das Kennzeichen im April abgemeldet und später wieder angemeldet wurde.

Zur Stunde durchsuchen noch immer Hundertschaften der Polizei das Waldstück, "Quadratmeter für Quadratmeter", wie Schlögel betont. Das Gebiet ist weiträumig für Passanten gesperrt - auf jeden Fall so lange, bis sich die Polizei sicher ist, dass sich keiner der Tatverdächtigen mehr in dem Waldstück befindet. Und das kann noch dauern. Es werde sicher noch einige Stunden in Anspruch nehmen, um den ganzen Bereich des Stadtwaldes abzusuchen, in dem sich die Männer befinden können.

Die Polizei bittet alle Personen, die Hinweise geben können, sich mit der nächsten Polizeidienststelle oder über den Notruf 110 in Verbindung zu setzen. Hierzu wurde auch eine Hotline eingerichtet, die unter der Telefonnummer 0821 / 3233030 erreichbar ist.

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