Polizei:Nach Knochenfund: Soko intensiviert Suche nach Peggys Mörder

  • Die in einem Waldstück in Thüringen entdeckten Skelettteile stammen "höchstwahrscheinlich" von der seit mehr als 15 Jahren vermissten Peggy aus Oberfranken.
  • Im Wald wurden Gegenstände gefunden, die auf das Mädchen hinweisen. Die Leiche war offenbar vergraben.
  • Die Ermittlergruppe "Peggy" wurde inzwischen zur Sonderkommission gemacht und auf 30 Mitglieder aufgestockt.
  • Am 7. Mai 2001 war die Neunjährige auf ihrem Heimweg von der Schule verschwunden, seitdem fehlte von dem Mädchen jede Spur.

Von Katja Auer und Olaf Przybilla

Nach dem Fund der Leiche, bei der es sich wahrscheinlich um Peggy handelt, ermitteln Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft in Bayreuth nun wieder mit Hochdruck. Inzwischen wurde die Ermittlergruppe "Peggy" zur Sonderkommission gemacht und auf 30 Mitglieder aufgestockt.

Momentan wird gegen Unbekannt ermittelt, die Ermittlungen der vergangenen Jahre gegen verschiedene Tatverdächtige wurden allesamt eingestellt. Bayreuth hat den Fall inzwischen von der Staatsanwaltschaft Gera übernommen, die wegen des Fundortes der Knochen in Thüringen zuständig war. Die Ergebnisse der Rechtsmedizin Jena werden möglicherweise am Dienstag vorliegen, ein DNS-Abgleich wird aber noch länger dauern.

Am Wochenende hatte ein Pilzsammler Teile eines menschlichen Skeletts in einem Waldstück zwischen Nordhalben und Rodacherbrunn im thüringischen Saale-Orla-Kreis entdeckt. Mehr wollte der Einsatzleiter nicht sagen, als die Bereitschaftspolizei am Montag anrückte, um das Waldstück zu durchsuchen.

Doch schon mittags ist dann klar: Die entdeckten Skelettteile stammen "höchstwahrscheinlich" von Peggy. Dies hätten die ersten rechtsmedizinischen Untersuchungen und Erkenntnisse am Fundort ergeben, wie das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth mitteilten. Im Bereich des Fundorts seien mehrere Gegenstände sichergestellt worden, die ebenfalls auf die Neunjährige hindeuteten.

Ob es sich dabei vielleicht um Kleidungsstücke handelt oder um Peggys verschwundenen Schulranzen, will der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel nicht sagen. Die Leiche war wohl vergraben, auch wenn der Pilzsammler einige Knochen auf dem Waldboden gefunden hat. Potzel sagt, er gehe nicht davon aus, dass der Fundort auch der Tatort sei, dieser sei bislang nicht bekannt. Belastbare Hinweise zur Todesursache gebe es noch nicht.

Das Waldstück, in dem die Leiche nun gefunden wurde, sei bislang nicht durchsucht wurden, sagte Polizeisprecher Jürgen Stadter, auch wenn nach Peggys Verschwinden große Gebiete durchforstet wurden.

Peggy aus dem oberfränkischen Lichtenberg wird seit dem 7. Mai 2001 vermisst, die Leiche der Schülerin wurde trotz vieler Suchaktionen bis heute nicht gefunden. Als ihr Mörder wurde im April 2004 Ulvi K. in einem Indizienprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Fall musste neu aufgerollt werden, weil sein damaliges Geständnis der vermuteten Tatversion der Polizei auffällig ähnlich war. Im Mai 2014 hatte das Landgericht Bayreuth Ulvi K. dann freigesprochen.

Michael Euler, der Anwalt aus Frankfurt, der das Wiederaufnahmeverfahren für Ulvi K. beantragt hat, ist zwar skeptisch. Aber er hofft doch, dass durch den Fund "möglicherweise endlich mal klarer wird, was mit dem Kind tatsächlich passiert ist". Dass ein Pilzsammler auf ein Skelett gestoßen ist, hält er für einen Hinweis darauf, dass die Überreste wohl nicht sehr weit unter dem Boden gelegen haben können.

Würde sich wirklich herausstellen, dass es sich um Peggy handelt, könnte das mit einer Beobachtung eines Zeugen in Einklang zu bringen sein, der nach dem Verschwinden Peggys 2001 in der Nähe in Oberfranken einen leblosen Mädchenkörper gesehen haben will. Als die Polizei zu der Stelle kam, war dort aber nichts dergleichen zu finden. "Womöglich ist da jemand gestört worden und ist weitergefahren", vermutet Euler. Eines immerhin könne man jetzt schon ausschließen: Konsequenzen für Ulvi K. Egal wie, sagt sein Ex-Anwalt, das Verfahren gegen seinen ehemaligen Mandanten sei abgeschlossen. "Erneut angeklagt werden kann er so oder so nicht."

Wegen Mordverdachts waren nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts Potzel insgesamt vier Verfahren in der Causa Peggy eingeleitet worden. Ein Mann aus der Nähe von Halle stand lange besonders im Fokus. Er war schon kurz nach dem Verschwinden von Peggy ins Visier der Ermittler geraten. Seine Adresse hatten Fahnder in Hinterlassenschaften von Peggy gefunden.

Auch entdecken Ermittler ein Amulett mit dem Buchstaben "P" und ein Foto von Peggy bei ihm. Er hatte offenbar auch den Namen des verschwundenen Mädchens an die Wand seiner Wohnung geschrieben. In Vernehmungen hatte er angegeben, er tue dies, um sich an die verschwundene Peggy zu erinnern.

Nach eigener Aussage soll er einige Monate vor dem Verschwinden Peggys das letzte Mal in Lichtenberg gewesen sein. Ein Verwandter von ihm lebte dort in direkter Nachbarschaft von Peggy und ihrer Mutter. Ermittlern gegenüber soll der Mann auch zugegeben haben, dass es zu Zärtlichkeiten mit Peggy gekommen ist. Es sei aber eher darum gegangen, das Mädchen mal in den Arm zu nehmen. 2012 wurde der Mann vom Landgericht Halle wegen sexuellen Missbrauchs seiner eigenen Tochter zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Fall Peggy Waldstück zwischen Nordhalben und Rodacherbrunn

Die Polizei durchsucht das Waldstück, in dem am Wochenende ein Pilzsammler Teile eines menschlichen Skeletts entdeckt hat.

(Foto: Katja Auer)

Für einen dringenden Tatverdacht reichten die Indizien aber nicht, wie bei drei weiteren Verdächtigen. Auch bei einem in Lichtenberg wohnenden Mann hatten Ermittler 2013 nach Spuren suchen lassen. Auf dem Grundstück wurde zum Teil meterhoch Erde abgetragen. Auf Hinweise stießen die Ermittler aber nicht. Der Mann fordert inzwischen Schadensersatz.

In Lichtenberg sorgt die Meldung von den gefundenen sterblichen Überresten besonders für Aufsehen. "Das elektrisiert hier natürlich jeden", sagt der Sprecher der oberfränkischen Kleinstadt, der Schriftsteller Rudolf von Waldenfels. Insbesondere, weil ja die Überreste nicht "Hunderte Kilometer entfernt" gefunden wurden, sondern gleich in der Umgebung an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. "Ich selbst bin da schon oft gewandert", sagt Waldenfels. Seine Hoffnung? "Dass unser Ort irgendwann zur inneren Ruhe kommen kann und einen Abschluss und Frieden mit dem Fall schließen kann." Immerhin werde nach Peggy seit 15 Jahren gesucht.

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