Polizei:Immer mehr Leute bewaffnen sich

Kleiner Waffenschein

Verunsicherte Bevölkerung: Immer mehr beantragen einen kleinen Waffenschein.

(Foto: dpa)
  • In Bayern bewaffnen sich noch mehr Menschen als noch zum Jahreswechsel.
  • 5748 kleine Waffenscheine für Schreckschusspistolen wurden 2015 in Bayern ausgestellt - doppelt so viele wie im Jahr zuvor.
  • Im ersten Quartal 2016 ging es weiter steil nach oben: 7435 Scheine wurden allein im Februar ausgegeben.

Von Lisa Schnell

Die Flüchtlingskrise geht mit einem Boom der Schreckschusswaffen in Bayern einher. Im vergangenen Jahr wurden gut doppelt so viele "kleine Waffenscheine" für Schreckschusspistolen ausgestellt wie 2014 - und in den ersten drei Monaten dieses Jahres gab es dann erneut eine Verdopplung. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervor.

Demnach waren 2014 insgesamt 2379 kleine Waffenscheine neu ausgestellt worden, 2015 waren es 5748. Im ersten Quartal dieses Jahres ging es weiter steil nach oben: Allein im Februar waren es 7435, im März noch einmal 4677.

Innenminister Joachim Herrmann erklärt sich die Zahlen durch die "gestiegene Besorgnis in der Bevölkerung vor zunehmender Kriminalität durch Ausländer". Diese Befürchtungen seien aber nicht berechtigt, da die Kriminalität in Bayern vergangenes Jahr sogar gesunken sei. Von einer massenhaften Bewaffnung vor allem mit Schreckschusspistolen rät Herrmann "dringend ab: Die Menschen wiegen sich hier in einer falschen Sicherheit".

Das Risiko, selbst verletzt zu werden, wenn man gegenüber einem Berufskriminellen eine Schreckschusspistole ziehe, sei hoch. Eine Verschärfung des Waffenrechts lehnt Herrmann aber ab. Vielmehr müsste den "falschen Befürchtungen" entgegengewirkt werden. Außerdem solle die Polizei personell weiter verstärkt werden.

"Die explosionsartige Zunahme der kleinen Waffenscheine ist sehr besorgniserregend", sagt Katharina Schulze, innenpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen. "Wir brauchen in Bayern keine Aufrüstung in der Bevölkerung. Selbstbewaffnung und Selbstjustiz sind nicht unser Leitbild." Für die Sicherheit im öffentlichen Raum sei alleine die Polizei zuständig. "Die Gefahr ist, dass immer mehr Konflikte eskalieren, wenn sich immer mehr Menschen bewaffnen - da müssen wir gegensteuern."

Laut Innenministerium gab es Ende März insgesamt 66 245 kleine Waffenscheine in Bayern. Schreckschusswaffen sind keineswegs harmlos, es gibt immer wieder Unfälle mit schweren Verletzungen oder sogar Toten. "Das Waffenrecht ist diesbezüglich viel zu lax. Schreckschuss- oder Anscheinswaffen gehören ebenso wenig in die Öffentlichkeit wie Schlagstöcke, Schlagringe oder Einhandmesser", kritisiert Schulze. Keinen vergleichbaren Boom gibt es bei echten Schusswaffen, deren Besitz nur unter sehr viel strengeren Auflagen erlaubt ist.

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