Politische Farbenlehre in Bayern:Wer mit wem am besten harmoniert

Lesezeit: 3 min

Zwei Wahlplakate zur Landtagswahl 2013 in Bayern mit den Spitzenkandidaten Ude und Seehofer. (Foto: dpa)

Schwarz-Gelb, Dreier-Koalition oder werden die Freien Wähler zum Königsmacher für Horst Seehofer? Nach der Landtagswahl in Bayern sind neben einer Alleinregierung der CSU diverse Bündnisse möglich. Nur eine Variante scheint ausgeschlossen zu sein.

Von Frank Müller und Mike Szymanski

Schwarz

Für Parteichef Horst Seehofer wäre es der größte Triumph, wenn die CSU Bayern wieder alleine regieren dürfte. Kein lästiger Koalitionspartner mehr. In die Geschichte könnten die schwarz-gelben Regierungsjahre als Ausrutscher eingehen und Seehofer als Retter der CSU. In der Tat stehen die Chancen nicht schlecht.

Für eine absolute Mehrheit der Mandate könnten jene 47 oder 48 Prozent sogar ausreichen, die Umfragen der CSU kurz vor dem Wahltermin voraussagen. Wenn die FDP knapp den Wiedereinzug in den Landtag verpasst und auch die sonstigen erfolglosen Parteien noch ein paar Prozente mitnehmen, bräuchte die CSU womöglich nicht einmal 45 Prozent der Stimmen, um wieder alleine in Bayern zu herrschen.

Crashkurs bayerisches Wahlrecht
:So funktioniert die Landtagswahl

Am 15. September wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Was erwartet die Bürger in der Wahlkabine? Was sind die Unterschiede zur Bundestagswahl? Und was hat es mit den Volksentscheiden auf sich? Ein Überblick.

Wirklich populär ist diese Aussicht bei der Bevölkerung im Freistaat nicht, weshalb Seehofer auch bei jeder Gelegenheit betont, die Koalition mit der FDP fortsetzen zu wollen. Im Wahlkampf ist es immer das Argument der Gegner, wenn andere überhaupt nicht mehr greifen: Alleinherrschaft verhindern! Dann heißt es wieder: Alle gegen die CSU.

Schwarz-Gelb

Sollte die CSU einen Regierungspartner brauchen, dann dürfte die Wahl wohl zuerst auf die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Martin Zeil fallen - sofern es die Liberalen wieder in den Landtag schaffen. CSU und FDP sind mit klaren Koalitionsaussagen füreinander in der Wahlkampf gezogen, auch wenn das Zusammenleben in den vergangenen Jahren häufig von Spannungen begleitet war.

Auch mit Rücksicht auf die nur eine Woche nach der Bayernwahl anstehende Bundestagswahl, bei der Schwarz-Gelb um eine Mehrheit kämpft, verbieten sich für die CSU quasi Flirts mit anderen Parteien. Nach den derzeitigen Umfragen muss die FDP zwar um den Wiedereinzug bangen. Aber das heißt nichts. Bei den vergangenen Landtagswahlen in anderen Bundesländern hat die FDP immer deutlich besser abgeschnitten als erwartet. Schwarz-Gelb könnte daher in Bayern durchaus weiterregieren.

Geheimnisse eines Ministerpräsidenten
:Zehn Dinge, die Sie noch nicht über Horst Seehofer wissen

Eine Signatur in der Dienstwagentür, ein Nebenjob als Journalist und ein selbstgeschriebenes Computerprogramm: Kuriose Kleinigkeiten über den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer.

Von Martin Moser

SPD-Herausforderer Christian Ude braucht Partner, wenn er CSU und FDP in Bayern von der Macht ablösen will, wählerisch kann der Münchner Oberbürgermeister nicht sein: Wenn überhaupt, dann haben SPD, Grüne und Freie Wähler nur gemeinsam eine Chance. Dreierbündnis heißt dieses labile Gebilde, das es nicht einmal im Wahlkampf geschafft hat, als echte Allianz aufzutreten.

Das liegt vor allem an Hubert Aiwanger, dem Vorsitzenden der Freien Wähler. Er hatte die Parteifreien, die dem bürgerlichen Lager zuzurechnen sind, 2008 als drittstärkste Kraft in den Landtag geführt. Er will vor allem eines: regieren - ob mit der CSU auf der einen oder mit SPD und Grünen auf der anderen Seite, das lässt er bewusst offen. Zu Udes Ärger arbeitet Aiwanger auf eigene Rechnung. Womöglich fällt ihm am Wahlabend die Rolle zu, über das Schicksal der CSU zu entscheiden.

Ude bei der Abschlusskundgebung der SPD am Odeonsplatz. (Foto: dpa)

Das einzige, was die Partner vom Dreierbündnis wirklich eint, ist die Ansicht, es wäre jetzt unbedingt mal an der Zeit, an die Schalthebel der Macht zu kommen. In der Bildungspolitik oder in der Landwirtschaft liegen die Vorstellungen besonders von Grünen und Freien Wählern so weit auseinander, dass beide womöglich sonst niemals auf die Idee kommen würden, ein Bündnis einzugehen. Ein solches Dreierbündnis hätte in jeder Hinsicht Experimentcharakter - mit einer extrem großen Gefahr des Scheiterns.

Schwarz-Rot

Es müsste wirklich sehr viel passieren, damit es in Bayern zu einer großen Koalition kommt. Was potenzielle Partner angeht, hat die CSU im bürgerlichen Lager Auswahl genug. Sollte es die FDP nicht in den Landtag schaffen, kann Seehofer immer noch Verhandlungen mit den Freien Wählern aufnehmen. Die dürften ganz sicher wieder im Landtag vertreten sein. Die SPD müsste sich schon herschenken, um für die CSU als Partner interessant zu werden.

Alt-Oberbürgermeister von München
:Zehn Dinge, die Sie noch nicht über Ude wussten

Das Geheimnis des Schnauzers, warum er als Koch nicht geeignet ist - und mit wem er schon als Kind gerne kuschelte: Über Christian Ude, mehr als 20 Jahre Oberbürgermeister in München, gibt es noch einiges zu erfahren.

Die CSU hätte sich nach der Wahlniederlage 2008 auch die Freien Wähler zum Partner nehmen können. Damals gab es aber noch vehemente Stimmen in der CSU die meinten, man dürfte die Parteifreien jetzt nicht auch noch durch Regierungsämter aufwerten. Sonst werde man sie womöglich nie wieder los.

Fünf Jahre später sieht die Lage anders aus. Seehofer hat erkannt, dass die Freien Wähler in der Landespolitik keine "temporäre Erscheinung" sein werden, sie haben sich etabliert, auch ohne Regierungsämter. Das macht die Parteifreien zu einem möglichen Koalitionspartner. Für die CSU ist das zunächst einmal komfortabel: Im bürgerlichen Lager ist sie nicht allein auf die FDP angewiesen. Das stärkt ihre Verhandlungsposition.

Ein Risikofaktor bleibt Aiwanger auch für die CSU. Wenn er sich davon den größeren Ertrag verspricht, wechselt er schnell die Seiten - hin zu SPD und Grünen.

Schwarz-Grün

Schwarz-Grün - in Bayern undenkbar? Von wegen. Die jüngeren Abgeordneten beider Parteien wurden schon beim gemeinsamen Biertrinken gesichtet. Nachdem Seehofer die Donau in ihrem ursprünglichen Bett belassen will und den Atomausstieg beschlossen hat, kann man nur noch schwer behaupten, dass die Gräben zwischen beiden Parteien unüberbrückbar wären.

Volksentscheide bei Landtagswahl
:Was Sie über die Verfassungsänderungen wissen müssen

Am 15. September wählt Bayern nicht nur einen neuen Landtag, die Bürger können auch per Volksentscheid über fünf Verfassungsänderungen abstimmen. Und den Bezirkstag wählen. Was Sie darüber wissen müssen.

Wie man über Schwarz-Grün denkt, ist vielmehr eine Generationenfrage. In beiden Parteien haben sich Abgeordnete ein Politikerleben lang aneinander abgearbeitet. Nach dieser Wahl kommt eine Generation Politiker in den Landtag, die dieses Freund-Feind-Denken nicht mitbringt. Die Zeiten haben sich geändert - wie sehr, würde Schwarz-Grün zeigen.

Die große SZ-Sonderbeilage "Entscheidung in Bayern" finden Sie in der Freitagsausgabe der Süddeutschen Zeitung - am Kiosk, in der App "SZ Digital" (iPad, iPhone, Android, Windows 8, PC) oder als E-Paper (PDF). Einfach Zugang anlegen, einloggen und lesen: www.sz.de/digital-exklusiv

© SZ vom 13.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: