Politische Bildung:Diskriminiert und emanzipiert

Neuer Band über die unbekannte Geschichte der Sinti und Roma

Schon seit 600 Jahren sind Roma-Minderheiten in Deutschland ansässig, was jedoch kaum bekannt ist. Das historische Wissen beschränkt sich häufig auf deren Verfolgung im Nationalsozialismus. Die Zeit vor 1933 wird meistens ebenso ausgeblendet wie die Frage, wie es den Überlebenden des Genozids nach 1945 erging. Um diesem Manko entgegenzuwirken, haben die Bundeszentrale für politische Bildung und die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit nun einen handlichen Überblick über die Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland vorgelegt. Bei der Präsentation in München beteuerte Kultusminister Ludwig Spaenle, Sinti und Roma hätten viel zu lange zu den vergessenen Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gezählt. Beispielhaft erinnerte der Minister an das Denkmal für die rund 500 000 ermordeten Sinti und Roma in Berlin, das erst 2012 fertiggestellt wurde.

Genau wie das Leid, das die Menschen jüdischen Glaubens unter den Nazis erlitten hätten, müsse das Leid der von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Sinti und Roma fest in der Erinnerung der Bundesbürger verankert sein, sagte Spaenle. "Von den Sinti und Roma sind viele positive Einflüsse ausgegangen, die zum europäischen Kulturerbe gehören, zum Beispiel in der Musik und in der bildenden Kunst." Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, sagte, die Geschichte der Sinti und Roma als aktive Bürger dieses Landes mache die Bedeutung der Menschenrechte und demokratischer Werte begreiflich. In diesem Sinne zeichnet der Band konzis und thematisch weit gefasst die Geschichte der Sinti und Roma vom Mittelalter bis zur Gegenwart nach. Die von unterschiedlichen Experten verfassten Kapitel thematisieren den Völkermord im Nationalsozialismus ebenso wie den Abschied vom Feindbild Zigeuner bis hin zum Einfluss auf die europäische Musik.

Sinti und Roma, Eine deutsche Minderheit zwischen Diskriminierung und Emanzipation, Bundeszentrale für pol. Bildung, Bonn/München 2015

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