Politikum:Von jetzt an abstinent

SPD-Landrat Michael Adam verrät über sich selbst wieder einmal mehr, als man eigentlich wissen möchte

Von Andreas Glas

Politiker sind auch nur Menschen. Das gilt auch für den Regener Landrat Michael Adam (SPD), der gerade sein Alkoholproblem öffentlich gemacht hat. Es ist nicht das erste Mal, dass er tief blicken lässt in sein Seelenleben. Um das intimste Beispiel zu nennen: Vor zwei Jahren erzählte Adam äußert offenherzig, mehrmals Sex in seinen Diensträumen gehabt zu haben. Damals handelte er aus einer defensiven Situation heraus: Ein junger Mann hatte die Sextreffen via Boulevardpresse öffentlich gemacht. Diesmal ist das anders. Diesmal ist Adam ohne Not in die Offensive gegangen.

Es ist menschlich, ein Suchtproblem zu haben. Und es ist mutig, dieses Problem einzuräumen. Doch Adams Alkoholbeichte ist so ausführlich, dass sie problematisch ist. Auf knapp zwei DIN-A4-Seiten legt er zuerst einen Seelenstriptease hin und behauptet dann, die Suchttherapie helfe ihm, sein "Tun der letzten Jahre" kritisch zu betrachten. Damit dürfte Michael Adam auch sein zwanghaftes Mitteilungsbedürfnis meinen. Sei es nun, dass er offen über SPD-Chef Florian Pronold lästert ("Speichellecker", "Ja-Sager") oder die Facebook-Öffentlichkeit wochenlang an der Trauer um seinen toten Hund teilhaben lässt. Und jetzt? Behauptet Adam, dank Therapie reifer geworden zu sein - um in der selben Erklärung direkt wieder seinem Mitteilungsbedürfnis zu frönen.

Michael Adam macht sein Alkoholproblem erst publik, schildert es dann ein bisschen zu ausführlich und erklärt die Angelegenheit im gleichen Moment für erledigt - weil er ja "in Zukunft überhaupt keinen Alkohol mehr trinken werde. Ich bitte alle Mitbürgerinnen und Mitbürger dies zu respektieren", schreibt Adam. Auch von Nachfragen sei abzusehen, teilt sein Sprecher mit. Doch warum bittet ein Politiker um Diskretion, indem er die Indiskretion selbst in die Welt setzt und ausbreitet?

Wieder einmal hat Adam die Chance vertan, still zu halten statt die Bürger im Landkreis immer wieder aufs Neue mit seinen privaten Eskapaden zu konfrontieren. Statt vorauseilend Verständnis für seine Schwächen einzufordern, sollte Adam sich nun in aller Stille auf seine Stärken konzentrieren und zeigen, dass er seinem Amt gewachsen ist.

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