Nominierung:Alexander Hold for President!

Freie Wähler nominieren TV-Richter für Bundespräsidentenamt

Mehr als 2000 Folgen schauspielerte sich der 54-jährige Jurist als untadeliger Fernsehrichter durch die deutsche TV-Geschichte.

(Foto: dpa)

Die Freien Wähler verfügen in der Bundesversammlung über zehn Stimmen. Von 1262. Der PR-Coup beflügelt weniger die Wahlaussichten, umso mehr aber die Fantasie.

Kolumne von Wolfgang Wittl

So viel steht mal fest: Am Fleiß wird es nicht scheitern, sollte der Mann Bundespräsident werden. Am Mittwoch nahm er sich erst eines Verdächtigen an, der das Restaurant "Heideschnucke" in Brand gesetzt haben soll. Nur eine Stunde später kümmerte er sich um eine Bombenattrappe, die - böse, böse - im Verkaufsraum eines Bestattungsunternehmens versteckt worden sein soll. Sogar um vier Uhr in der Früh geht der Mann seiner Tätigkeit nach, ganz wie es der Senderfamilie von Sat 1 beliebt.

Alexander Hold also wird für die Freien Wähler um die Nachfolge von Joachim Gauck kämpfen, so hat es ihr Chef Hubert Aiwanger verkündet. Es ist eine Idee, wie sie einem Drehbuch entsprungen sein könnte. Mehr als 2000 Folgen schauspielerte sich der 54-jährige Jurist als untadeliger Fernsehrichter durch die deutsche TV-Geschichte. Noch immer flimmern Wiederholungen über die Bildschirme, doch Holds Rolle soll nun eine andere werden: die des Bundespräsidentenkandidatendarstellers.

Es sei Zeit "für einen bürgernahen und glaubwürdigen Kommunalpolitiker als Repräsentant Deutschlands", findet Aiwanger. Gerade jetzt, da Recht und Gesetz verteidigt werden müssten, sei Hold der Richtige: ein verantwortungsvoller Richter, seit 2008 engagierter Stadtrat in Kempten, bundesweit bekannt - wohl mehr sogar als die Freien Wähler. Wenn das mal nicht reicht fürs höchste Staatsamt.

Hold nimmt die Kandidatur "mit großer Ernsthaftigkeit" an, "auch wenn ich meine Erfolgschancen realistisch einschätze". Das klingt weniger euphorisch als bei Aiwanger, was durchaus mit den Kräfteverhältnissen zu tun haben könnte. Über zehn Stimmen verfügen die Freien Wähler in der Bundesversammlung, zehn von 1262. Selbst der Schauspieler Peter Sodann, der 2009 für die Linke ins Feld zog, war mit besseren Voraussetzungen gestartet.

Dass der PR-Coup der Freien Wähler weniger die Wahlaussichten, umso mehr aber die Fantasie beflügelt, überrascht daher kaum: Die bezaubernde Jeannie wurde am Mittwoch bereits als neue Kanzlerkandidatin gehandelt, Pinocchio und Pippi Langstrumpf könnten die Kinderfraktion repräsentieren, Lassie wäre der First Dog der Nation. All das ist natürlich nicht ernst zu nehmen, ganz anders als die Sache mit Hold.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: