Politik:"Wir müssen der CSU das Monopol auf Bayern nehmen"

Lesezeit: 3 Min.

  • Die Linke in Bayern bereitet sich auf den Landtagswahlkampf vor, sie will erstmals ins Maximilianeum einziehen.
  • Ihr Zugpferd ist der Bundespolitiker Klaus Ernst. Doch der zögert noch.

Von Lisa Schnell, München

Klaus Ernst sitzt eigentlich für die Linke im Bundestag, seit zwölf Jahren schon. Gerade aber blickt er aus dem Fenster einer Alm in den Kufsteiner Bergen und schwärmt von den Chancen der Linken im bayerischen Landtagswahlkampf.

"Bayern san mir, Bayern san die Bürger, nicht die Politgangster im Maximilianeum. Auf diesen Wahlkampf freu ich mich", sagt er und macht damit den bayerischen Linken Hoffnung, die ihn gerne als Spitzenkandidat für den Landtagswahlkampf sehen würden. "Ich weiß noch nicht, ob ich es will", sagt Ernst, er überlege aber.

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Seine Entscheidung hänge davon ab, wie es in Berlin weitergehe, ob es eine große Koalition gebe oder Neuwahlen. Ernst ist in Berlin stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Leiter des Arbeitskreises Wirtschaft und Arbeit. Unersetzlich aber sei keiner, sagt er. Wie er sich auch entscheide, Ideen für den Wahlkampf in Bayern habe er genug.

Dann beginnt er einen leidenschaftlichen Vortrag, als stünde er schon im Bierzelt. "Wir müssen der CSU das Monopol auf Bayern nehmen", sagt er. Der Bayer an sich sei nicht hinterfotzig, da unterscheide er sich schon von großen Teilen der CSU. Wie der Landesverband seine Ideen für den Wahlkampf fände, beeinflusse seine Entscheidung natürlich auch.

Sehr positiv, so scheint es. "Ich werbe dafür, dass sich viele bekannte Gesichter aufstellen lassen", sagt der Landesvorsitzende Ates Gürpinar. Bekannter als Klaus Ernst geht bei den Linken kaum.

Der frühere Gewerkschaftsfunktionär verließ die SPD, um die WASG mit zu gründen, die sich später mit der PDS zur Linkspartei zusammentat. Von 2010 bis 2012 war der gebürtige Münchner, der seinen Wahlkreis in Schweinfurt hat, Parteivorsitzender und bayerischer Spitzenkandidat für die Bundestagswahl.

Als ehemaliger Gewerkschaftler und SPD-Mitglied könnte er von enttäuschten linken SPD-Mitgliedern Stimmen abziehen, so die Hoffnung einiger in der Partei. Vor allem aber sei Ernst ein "gestandener bayerischer Politiker, der die Bayern daran erinnert, dass es auch eine rote Tradition im Freistaat gibt", sagt die Bundestagsabgeordnete Eva Schreiber aus München.

"Für uns wäre es wunderbar", sagt auch Nicole Gohlke, Sprecherin der bayerischen Landesgruppe in Berlin. Natürlich würde Ernst in Berlin im Fraktionsvorstand fehlen, seine Kandidatur erhöhe die Chancen der Linken, 2018 in den Landtag einzuziehen aber stark.

Noch nie schaffte es die Linke in Bayern ins Maximilianeum. Wenn sie es mit Ernst an der Spitze vollbringen sollte, ist ihm ein Platz in den Geschichtsbüchern der bayerischen Linken sicher. Die Chance, 2018 die Fünf-Prozent-Hürde zu knacken, sei durchaus im Bereich des Möglichen, sagt Landeschef Gürpinar: "In absoluten Zahlen hatten wir mit 450 000 noch nie so viele Stimmen in Bayern wie zur Bundestagswahl 2018."

Und dazu noch ein Mitgliederzuwachs vor allem bei den Jüngeren. Auch das Wählerklientel habe sich verändert: weniger Erwerbslose, dafür mehr prekär Beschäftigte und Akademiker. Leute, die auch bei einer Landtagswahl wählen gingen, hofft Gürpinar.

Einige aber beschreiben den Zustand des Landesverbands ganz anders. Der Augsburger Stadtrat Alexander Süßmair etwa. Zum Jahreswechsel verließ er nach 21 Jahren in PDS und der Linken die Partei. Hauptgrund sei "der Umgang miteinander, auch persönlich mit mir", schreibt er in seiner Austrittserklärung. Der sei rücksichtlos und unsolidarisch und würde sich nur noch um politische Macht, Posten und Mandate drehen.

Verheerend seien außerdem die Stimmenverluste bei Hartz-IV-Beziehern und Geringverdienern. "Die Linke verliert zunehmend die Fähigkeit zu wissen, was diese Menschen für Sorgen und Nöte haben", schreibt Süßmair. Auch Beate Jenkner, Bezirksrätin aus Oberbayern, erklärte ihren Rücktritt und beklagt, dass in der bayerischen Linken "mehr auf Kadergehorsam als auf kontroverse politische Diskussionen" gesetzt werde. Sie sei nicht mehr gewillt, sich weiterhin Mobbing und Demütigungen auszusetzen.

Nicole Gohlke bedauert die Austritte, die Kritik kann sie nicht nachvollziehen. Beide hätten innerparteilich nicht mehr die ganz großen Chancen gehabt, es spiele auch gekränkte Eitelkeit eine Rolle. Im Vergleich zu den Anfängen sei der Landesverband jetzt ein wahrer Kuschelverein. Klaus Ernst zumindest scheint es in Bayern nicht allzu schlecht zu gefallen.

© SZ vom 04.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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