CSU:So funktioniert Söders Klausur-Choreografie

Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion

Ministerpräsident Markus Söder hat einen genauen Plan für die Klausur-Tage.

(Foto: dpa)

Reichharts Rücktritt, Behördenverlagerung, Minister-Nachfolge: In Seeon setzt der Parteichef die Themen und das Tempo.

Von Wolfgang Wittl, Seeon

Ein paar Augenblicke schafft es Markus Söder tatsächlich, seinem Nebenmann Thomas Kreuzer schweigend zuzuhören. Als Chef der CSU-Landtagsfraktion ist Kreuzer Gastgeber der Winterklausur in Kloster Seeon, zur Begrüßung des Ministerpräsidenten skizziert er kurz das Programm. Bei der Landwirtschaft sei man "auf einem guten Weg", die nächsten Tage gehe es um Innovation, Technik und Wirtschaft, später noch um jüdisches Leben in Bayern. Dann sagt Kreuzer einen interessanten Satz, den man als Seitenhieb auf Söder verstehen kann. "Personalfragen sind nicht die wichtigsten Fragen." Söder lacht herzhaft auf. Na ja, das Wichtigste vielleicht nicht, entgegnet er, aber eine Rolle spiele das Personal nun mal schon.

Kreuzers kleiner Rempler gegen den Ministerpräsidenten ist der verzweifelte wie vermutlich aussichtslose Versuch, die Hoheit über seine eigene Winterklausur zu behalten. Vor ein paar Tagen hat Söder bereits angekündigt, in Seeon Teil zwei der Behördenverlagerung vorzustellen. Das wird an diesem Mittwoch geschehen. Am Dienstag stellt er weitere Studienplätze in Aussicht. Vor allem dankt er Verkehrsminister Hans Reichhart für seinen Einsatz. Reichhart hatte soeben seinen Rückzug zum 1. Februar erklärt. Man darf davon ausgehen, dass er den Tag der Bekanntgabe in enger Abstimmung mit Söder gewählt hat. Wer Reichhart als Minister für Wohnen, Bau und Verkehr nachfolgen soll, werde er zum Abschluss am Donnerstag mitteilen, sagte Söder. Man darf gespannt sein, wie viel Interesse dann noch Kreuzers Klausurbilanz findet.

Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion

Als würde er bereits zum Abschied winken: Verkehrsminister Hans Reichhart wird am 1. Februar von seinem Kabinettsposten zurücktreten.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Dass Söder sich die Nachrichtenhoheit an allen drei Tagen sichert, ist weniger Zufall, sondern folgt einer straff durchgeplanten Choreografie. Schon sein Vorgänger Horst Seehofer pflegte die Eigenart, das nicht durchgehend spektakuläre Arbeitsprogramm der Fraktion mit eigenen Ideen aufzufrischen. Söder treibt Seehofers Methode in neue Sphären. Den Wettstreit um Schlagzeilen hat er noch nie gescheut. Zugleich ist der hohe Nachrichtenausstoß als Beschäftigungstherapie für Journalisten und die Abgeordneten gedacht. Damit niemand auf die Idee kommt, vor lauter Langeweile eigene Botschaften zu senden. Und wer schert in der Fraktion schon gerne aus, wenn demnächst eine Ministerstelle frei wird? Söders Grundsatzrede am Mittwoch, so viel ist sicher, wird sich einer ungeteilten Aufmerksamkeit erfreuen.

Die Personalie Reichhart dominiert bereits die zweite CSU-Klausur. Im Herbst hatte der 37-Jährige angekündigt, in seinem schwäbischen Heimatlandkreis Günzburg als Landrat antreten zu wollen. Jetzt hat er mit dem 1. Februar den konkreten Termin seines Ausscheidens aus dem Kabinett benannt. "Wer mich kennt, weiß: Ich gehe den geraden Weg", sagt Reichhart am Dienstag. Sechs Wochen vor der Kommunalwahl am 15. März wolle er jeden Anschein vermeiden, Ämter miteinander zu vermengen. Seine Bilanz als Minister falle positiv aus: Aufbau der staatlichen Wohnbaugesellschaft Bayernheim, Reform der Bauordnung, Entwicklung des 365-Euro-Tickets, verschiedene Verkehrsprojekte - er sei zufrieden, sagt Reichhart.

Reichhart habe seine Sache "sehr gut gemacht", lobt Söder, was in Wahrheit auch ein Eigenlob ist. Er habe Reichhart berufen, weil er ein "junger und innovativer Minister" sei. Jetzt könne er im Kommunalwahlkampf "ohne Netz und doppelten Boden" antreten, unbelastet von dem Vorwurf, er lasse sich nicht auf die neue Herausforderung ein. Reichhart gilt in der CSU als Mannschaftsspieler, seinem Ruf wird er auch zum Abschied gerecht. Wenn Söder am Donnerstag einen neuen Minister bestimmt, will Reichhart die zwei gemeinsamen Wochen für einen geschmeidigen Start des Nachfolgers nutzen. Nur für wen?

Dass Söder erneut einen Minister außerhalb der Landtagsfraktion beruft, wie er es bei Reichhart getan hat, wird in der CSU bezweifelt. Immer wieder fallen die Namen von zwei schwäbischen Abgeordneten: Eric Beißwenger und Klaus Holetschek. Beißwenger, 47, leitet den CSU-Arbeitskreis Umwelt, wird von Parteifreunden als ehrgeizig und zielstrebig beschrieben. Holetschek, 55, saß bereits im Bundestag, war Bürgermeister von Bad Wörishofen, gilt als pragmatisch und uneitel. Für ihn spricht die Erfahrung - politisch sowie in der Leitung einer Verwaltung. Dass Söder ihn vor zwei Jahren zum Bürgerbeauftragten der Staatsregierung ernannt hat, könnte ein Indiz für seine Favoritenrolle sein.

Ob er Details zur Behördenverlagerung nennen wolle, wurde Söder gefragt. Antwort: "Morgen." Ob er Reichharts Stelle direkt nachbesetze oder eine Rochade plane? "Übermorgen." Es komme darauf an, dass die CSU Taktgeber sei, sagte Söder. Da nickte auch Kreuzer.

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