Ankara:Hanns-Seidel-Stiftung eröffnet Filiale in der Türkei

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Das wirtschaftliche Leben der Türkei pulsiert zwar in Istanbul, doch wenn es um Politik geht, ist die Hauptstadt Ankara (Foto) der richtige Standort.

(Foto: imago)
  • Mitte kommenden Jahres will die Hanns-Seidel-Stiftung in der Türkei offenbar eine Repräsentanz eröffnen.
  • Als Standort ist Ankara vorgesehen.

Von Wolfgang Wittl

Es waren bewegende Momente für Barbara Stamm, und sie waren von zeitloser Gültigkeit. Als die Landtagspräsidentin Anfang April von ihrer Reise zu syrischen Flüchtlingsunterkünften in der Türkei zurückkehrte, hielt sie in ihrem Abschlussbericht vorausschauend fest: "Europa muss aufwachen." Es ging um die Versorgung von Flüchtlingen, insbesondere um schulischen Zugang für Kinder. "Wenn wir da nichts unternehmen, fällt uns das wieder auf die Füße", warnte Stamm.

Kurz darauf setzte sie ein weiteres Schreiben auf, in dem sie um Unterstützung für Bildungsprojekte in der Türkei warb. Eine der Adressaten: Ursula Männle, Vorsitzende der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). Wenn es mit ihrer Hilfe gelänge, solche Projekte zu stärken, so wäre das ein hoffnungsvolles Zeichen, die Lebensperspektive junger Flüchtlinge zu verbessern und extremistischen Strömungen den Nährboden zu entziehen.

Was die Hanns-Seidel-Stiftung plant

Nun sieht es tatsächlich so aus, als würde sich die HSS demnächst in der Türkei engagieren - und zwar weit über das von Stamm gewünschte Maß hinaus. Schon unter Männles Vorgänger Hans Zehetmair gab es Überlegungen, in der Türkei ein eigenes Büro zu eröffnen. Männle weilte vor einem Jahr dort, um sich genauer zu erkundigen. Jetzt stehen die Planungen kurz vor dem Abschluss. Mitte kommenden Jahres, erklärt Männle, könnte die Hanns-Seidel-Stiftung in der Türkei eine Repräsentanz eröffnen. Als Standort sei Ankara vorgesehen. Zwar pulsiert das wirtschaftliche Leben in der Millionenmetropole Istanbul, aber die Politik ist nun mal in der Hauptstadt Ankara zu Hause.

Männle legt Wert auf die Feststellung, dass die Entscheidung für eine neue Dependance nicht aus der derzeitigen politischen Situation heraus zu verstehen sei, sondern einen längeren Vorlauf habe. Gleichwohl ist ihr bewusst, dass die Türkei angesagt ist wie lange nicht. Das Land nimmt eine Schlüsselrolle bei der Weiterleitung von Flüchtlingen ein, die EU und auch Kanzlerin Angela Merkel verhandeln seit Wochen mit der türkischen Regierung.

In der CSU lösen diese Gespräche zwiespältige Reaktionen aus. Im Parteivorstand meldeten sich zuletzt kritische Stimmen zu Wort, die eindringlich davor warnten, man dürfe der Türkei nicht zu weit entgegenkommen. Auch vor diesem Hintergrund ist das geplante Engagement der Hanns-Seidel-Stiftung bemerkenswert.

Was sich die HSS von der Vertretung erhofft

Andere parteinahe Organisationen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) und die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD) sind in der Türkei bereits vertreten. Die HSS verspricht sich von einem Auftritt mehrerlei Nutzen: Grundsätzlich erhofft sie sich eine bessere Verständigung zwischen beiden Ländern, basierend auf einem Austausch in Wissenschaft und beruflicher Bildung. Zugleich soll sich die Anwesenheit eines Büros zusammen mit der Förderung von Projekten auf das türkische Binnenklima auswirken. "Wir arbeiten für Frieden, Demokratie und die Entwicklung eines Landes", sagt Männle.

Weltweit 60 solcher Projektbüros unterhält die Hanns-Seidel-Stiftung, ihr Jahresbudget liegt bei 62 Millionen Euro. Besonders stark ist sie in Nordafrika vertreten, in Tunesien, Ägypten und Marokko. Über die Türkei, so lautet ein weiteres Ziel, soll die Brücke in den arabischen Raum verstärkt werden. In Kürze findet etwa im marokkanischen Rabat eine Konferenz über Fluchtursachen statt und wie man sie beseitigen kann. Die Hanns-Seidel-Stiftung ist Mitveranstalter.

Derzeit werden Anträge formuliert, um die letzten bürokratischen Hürden für den Aufbau eines Büros zu nehmen. Die Stiftungssatzung wird auf Türkisch übersetzt, Männle sprach schon beim Botschafter in Berlin und beim Generalkonsul vor. Der HSS-Vorstandsbeschluss zugunsten einer türkischen Niederlassung fiel einstimmig aus. Stamms Bitte zur Unterstützung der Bildungsprojekte an der türkisch-syrischen Grenze ist bei Männle jedenfalls angekommen. Es werde bereits geprüft, ob eine Hilfe möglich sei.

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