- Der Staatsanwalt erklärt im Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Regensburg, dass er die Vorwürfe von Gustl Mollaths Exfrau für glaubwürdig hält. Dennoch fordert er einen Freispruch.
- Am Abend plädiert die Verteidigung und fordert einen Freispruch "ohne Wenn und Aber". Das Schlusswort hat Mollath.
- Nach der Mittagspause hatte das Gericht die Beweisaufnahme geschlossen - obwohl Mollath nach seiner Aussage gefordert hatte, weitere Zeugen zu laden.
Plädoyers im Mollath-Prozess
Das Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath steht kurz vor seinem Abschluss. Am 15. Verhandlungstag plädieren Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl und Verteidiger Gerhard Strate. Den Anfang macht Meindl - knapp vier Stunden dauert sein Vortrag: "Ich beantrage, den Angeklagten schuldig zu sprechen", sagt er schließlich. Er hält die Vorwürfe von Mollaths Exfrau für glaubwürdig. Normalerweise würde Mollath damit eine Gesamtstrafe erwarten, wegen des Wiederaufnahmeverfahren dürfe der Angeklagte aber nicht schlechter gestellt werden als nach dem ersten Urteil, sagt der Ankläger.
Er glaube nicht, dass Mollath zum Zeitpunkt der Taten an einer wahnhaften Störung gelitten habe, erklärt Meindl weiter. Eine Zwangseinweisung komme nicht mehr in Frage. Er beruft sich dabei auf das Gutachten des Psychiaters Norbert Nedopil, wonach keine Gefahr von Mollath ausgehe. Der Staatsanwalt verlangt schließlich einen Freispruch für den Angeklagten, auch wenn er ihn für die Taten verantwortlich macht. Die Nebenklage schließt sich im Wesentlichen an. Die Verteidigung fordert am späten Abend einen Freispruch "ohne Wenn und Aber".
Wie der Prozess ausgehen könnte
Mollath muss sich wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung vor Gericht verantworten. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte Mollath 2006 von den Vorwürfen wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, ihn aber in die Psychiatrie eingewiesen. Der Fall hatte eine Debatte über die Unterbringung in psychiatrischen Kliniken ausgelöst. Seit Juli läuft das Wiederaufnahmeverfahren in Regensburg. Das Urteil soll am 14. August fallen. Die Rechtsfolgen dürfen für Mollath nicht negativer ausfallen als beim ersten Verfahren. Das Landgericht Regensburg kann also nicht hinter den Freispruch von 2006 zurück.
Staatsanwalt glaubt nicht an Komplott
Staatsanwalt Meindl macht am Freitagnachmittag deutlich, dass er nicht daran glaubt, dass Mollath Opfer einer von seiner Exfrau angezettelten Verschwörung ist. "Ich bin überzeugt, dass die von Frau Mollath geschilderten Misshandlungen durch ihren Ehemann tatsächlich stattgefunden haben." Auch der Vorwurf der Freiheitsberaubung sei "in nachvollziehbarer Weise belegt". Mollath soll seine Exfrau im Mai 2002 für etwa eineinhalb Stunden in der gemeinsamen Wohnung festgehalten haben.
Mit großer Akribie widmet sich Meindl den verschiedenen Aussagen, die Mollaths Exfrau zu den Vorfällen gemacht hatte. Diese seien nicht unglaubwürdig übertrieben gewesen. Dass sich manche Details im Laufe der Zeit unterschieden, sei normal - die wesentlichen Vorwürfe seien gleich geblieben. Aus seiner Erfahrung als Staatsanwalt heraus halte er Petra M. für glaubwürdig. Auch die Sachbeschädigung - Mollath soll mehrere Reifen zerstochen haben - lässt sich nach Ansicht Meindls dem Angeklagten zuordnen.
Mollath kann auf Entschädigung hoffen
Der Staatsanwalt kritisiert dennoch das vorherige Urteil. Seiner Ansicht nach hat das Gericht Mollath 2006 zu Unrecht als allgemeingefährlich eingestuft. "Das war der eigentliche Fehler." Dieser basiere wiederum auf einer Dienstaufsichtsbeschwerde, mit der sich ein Rechtsanwalt gegen die damalige Einstellung des Verfahrens im Fall der Reifenstechereien gewehrt habe. Ein zerstochener Reifen könne zu lebensgefährlichen Situationen führen, beklagte der Mann. Inzwischen ist diese Behauptung widerlegt, ein Sachverständiger hat ihr im aktuellen Wiederaufnahmeverfahren widersprochen.
Dass Mollath daraufhin in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht wurde, sei nicht die Schuld des Angeklagten gewesen, sagt Meindl weiter. Daran macht der Staatsanwaltschaft auch einen wichtigen Anspruch fest: Dem 57-Jährigen stehe eine Entschädigung zu - und zwar für die gesamte Dauer seiner Unterbringung, also mehr als sieben Jahre.
Verteidigung wirft Mollaths Exfrau Lügen vor
Im Vergleich zu Meindl braucht Jochen Horn nur kurz für sein Plädoyer. Der Anwalt vertritt die Nebenklägerin im Wiederaufnahmeverfahren - Mollaths Exfrau. Horn hält den Angeklagten ebenfalls für schuldig und schließt sich dem Oberstaatsanwalt im Wesentlichen an.
Dann ist Mollaths Pflichtverteidiger, Gerhard Strate, an der Reihe. Im Fokus seines Vortrags: die Schwarzgeldgeschäfte, in die Mollaths Exfrau verwickelt gewesen sein soll. Je mehr sein Mandant damals unternommen habe, um die illegalen Geldtransfers aufzudecken, desto dreister seien Petra M. s Lügen geworden. So gut wie alles, was sie ihrem Mann vorgeworfen habe, sei Mittel zum Zweck gewesen. "Auf die Darstellungen von Petra M. kann meiner Meinung nach nichts gestützt werden", sagt Strate. Sein Fazit: Er verlangt einen Freispruch "ohne Wenn und Aber".
Der Angeklagte hat das letzte Wort
Am Ende des langen Verhandlungstages darf der Angeklagte Mollath das Schlusswort sprechen. Es ist halb zehn Uhr abends, als er sich ans Rednerpult stellt und nochmal eindringlich alle Vorwürfe von sich weist. Die Aussicht auf eine Haftentschädigung sei kein Trost für ihn, von etwa 20 Euro am Tag die ihm wohl zustünden, würden ihm "nach allen Abzügen wohl 14 Euro pro Tag in der Hölle bleiben". "Viele haben aktiv mitgeholfen, mein Leben zu zerstören", sagt Mollath weiter. Dann bittet er das Gericht um ein gerechtes Urteil.
Am Freitagmittag hatte das Landgericht Regensburg die Beweisaufnahme geschlossen. Mollath hatte nach seiner Aussage am Morgen gefordert, weitere Zeugen zu laden, die ihn entlasten sollen. Doch das Gericht lehnte alle Anträge ab. Von manchen Zeugen erwarte man sich keinen Erkenntnisgewinn, die Aussagen anderer würden über den Kern des Verfahrens hinausgehen, sagte die Vorsitzende Richterin Elke Escher.
Mollath streitet Straftaten ab
Am Morgen hatte Mollath erstmals selbst zu den Vorwürfen Stellung genommen. Er habe die ihm vorgeworfenen Straftaten nicht begangen. Eine geistige Krankheit liege nicht vor, eine Gefahr sei nie von ihm ausgegangen, erklärte der Angeklagte. Dann ging er zum Gegenangriff über: Er bezichtigte seine Exfrau, eine Intrige gegen ihn gesponnen zu haben.
Die Gutachter, die ihn in den vergangenen Jahren als wahnhaft und gefährlich eingestuft hatten, wurden von Mollath scharf attackiert. Und auch seinen Anwalt griff der Angeklagte an. Gerhard Strate habe zwar erheblich zu seiner Freilassung beigetragen - im Wiederaufnahmeverfahren habe ihn seine Verteidigung aber nicht unterstützt. Nach einem Streit mit seinem Mandanten arbeitet Strate inzwischen nicht mehr als Wahl-, sondern als Pflichtverteidiger.