Trockenheit:Warum die Pilze in diesem Jahr auf sich warten lassen

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Der Speisepilz "Krause Glucke" sieht aus wie ein Badschwamm (Symbolbild). (Foto: imago stock&people)

In Bayerns Wäldern sind zurzeit so gut wie keine Schwammerl zu finden. Im August kommt so etwas nur selten vor. Doch Pilzberater Alfred Hussong ist trotzdem guter Dinge: "Bald werden sie heraussprießen."

Von Hans Kratzer, Landshut

"Trocken, trocken, trocken!" Alfred Hussong schüttelt nur noch den Kopf, aber er bleibt dennoch optimistisch: "Zurzeit sind zwar nirgendwo Schwammerl zu finden", sagt er, "doch bald werden sie heraussprießen, davon gehe ich aus." Im Gegensatz zu ihm haben viele Schwammerlfreunde die Hoffnung, dass heuer noch was wächst, aufgegeben. "Alles ist ausgedörrt", klagen sie, "da kommt nichts mehr."

Hussong, Pilzberater und Pilzsachverständiger der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft, argumentiert dagegen, das Myzel gehe auch in der jetzigen Trockenheit nicht kaputt. "Es reicht ja weit in das Erdreich hinein." Für den nahe Landshut lebenden Hussong steht deshalb fest: "Ich bin guter Dinge. Die Pilze müssen jetzt dann rausschießen." Und noch eins kommt hinzu: Die Schwammerlsaison geht in der Regel erst im August und September richtig los. "Nur die typischen Sommerpilze sind wegen der Hitze ausgeblieben", sagt Hussong. Vor drei Jahren, so erinnert er sich, habe ebenfalls eine große Hitze geherrscht. Damals gab es zwar insgesamt weniger Schwammerl, aber dafür kamen plötzlich seltenere Arten zum Vorschein. "Denen hat die Trockenheit offensichtlich getaugt."

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Wenn noch Schwammerl kommen sollten, dann wohl zuerst in den Bergen, sagt Hussong. Zu den Pilzen, die erst ab einer Höhe von 600 Metern wachsen, zählt beispielsweise der Schönfußröhrling, der eine Ähnlichkeit mit dem Steinpilz besitzt, aber bitter schmeckt und nach dem Verzehr den Magen reizt. Auch Hussongs Lieblingsschwammerl, die Reherl (Pfifferlinge), haben sich auf die Anhöhen zurückgezogen, im Flachland kommen sie kaum noch vor. "In den Wäldern der Alpen wachsen sie massenweise", hat Hussong festgestellt. "Das liegt an der guten Luft", sagt er scherzhaft. In Wirklichkeit hängt ihr Vorkommen vom Zustand der Böden ab. Das Myzel der Reherl wurde vor Jahrzehnten durch den sauren Regen beschädigt. "Das hat viel kaputt gemacht."

Am besten verzehre man die Pilze frisch, rät der Experte

Hussong rät, die Pilze nur frisch zu verzehren. Das Konservieren sei schwierig, "und zum Trocknen eignen sich die Pfifferlinge sowieso nicht." Sie werden dabei knochenhart und sie bleiben es auch. Friere man sie ein, nehmen sie möglicherweise einen bitteren Geschmack an. Aber wenn sie zu schimmeln beginnen, ist es höchste Zeit, sie zu entsorgen. Bei den in Supermärkten angebotenen Pilzen aus Osteuropa rät Hussong zur Vorsicht. Die atomare Verstrahlung wirkt nach. "Da schleppen wir uns was ein", sagt er. Teile der Ware kämen nur deshalb in den regulären Verkauf, weil die Becquerel-Grenzwerte der Radioaktivität einst nach oben korrigiert wurden.

Es gebe ja guten Ersatz, sagt Hussong, Champignons und Austernseitlinge seien als Kaufware unbedenklich. "Das sind hervorragende Speisepilze." Grundsätzlich sollte man Pilze möglichst innerhalb von zwei bis drei Tagen verwerten. Viele Schwammerl faszinieren aber auch wegen ihrer Gestalt. Ein Verwandlungskünstler ist der ähnlich wie ein Steinpilz aussehende und exzellent schmeckende Hexenröhrling, den man leicht mit dem schon erwähnten Schönfußröhrling verwechseln kann. Es gibt aber zwei deutliche Unterschiede. Schneidet man den Hexenröhrling an, läuft sein Fleisch sofort extrem blau an, weshalb ihn viele Sammler meiden. Der Schönfußröhrling hat zudem einen gelben Schwamm, der Hexenröhrling einen roten.

Und was ist mit den Baumpilzen? "Die meisten sind ungenießbar", sagt Hussong. Essbar sei der Schwefelporling, der in den Isarauen an Weidestümpfen wächst und wegen seiner leuchtend gelben Farbe leicht zu finden ist. Im jungen Zustand ist er noch weich und wohlschmeckend. Die Krause Glucke wiederum, deren ockergelber Fruchtkörper essbar ist, wächst an Kiefernstümpfen. "Sie ist ein hervorragender Speisepilz", sagt Hussong, was nicht ausschließt, dass sich bei manchen Menschen eine Unverträglichkeit ergibt.

Vieles in der Mykologie ist eben noch nicht erforscht, weshalb auch jetzt noch so mancher Pilz von der Liste der Speisepilze gestrichen wird. Zuletzt widerfuhr dies dem Schwarzblauenden Röhrling, den zwar ein milder Geschmack auszeichnet, von dem man aber nun weiß, dass er Spuren von Arsen enthält.

Generell hat Hussong festgestellt, dass sich die Schwammerlsaison verschiebt. "Früher war im Oktober Schluss", sagt er, jetzt wachsen die Pilze, bis der Frost kommt. Er selbst hat im vergangenen Dezember noch Steinpilze gefunden.

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