Gesundheitspolitik:Pflegenotstand verschärft sich weiter

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Vor noch mehr Pflegebedürftigen und noch weniger Pflegekräften als bisher angenommen warnt die Barmer Krankenkasse. Sie stützt sich dabei auf neueste Hochrechnungen bis 2030.

Vor noch mehr Pflegebedürftigen und noch weniger Pflegekräften als bisher angenommen warnt die Barmer Krankenkasse. Der Pflegenotstand in Bayern werde nach neuesten Hochrechnungen brisanter als erwartet, hieß es in dem am Mittwoch in München vorgestellten Pflegereport. So würden bis zum Jahr 2030 4000 Pflegekräfte mehr benötigt als bisher errechnet; außerdem werde es mit rund 751 000 Pflegebedürftigen 135 000 Betroffene mehr geben als erwartet. Dies sei ein "alarmierender Zukunftstrend".

Gründe für den Anstieg in dieser neuen Hochrechnung sind die Einbeziehung mehrerer Faktoren. So habe sich die Verweildauer in Pflegeeinrichtungen verlängert, hieß es. Außerdem berücksichtige das "Zukunftsszenario" der Barmer im Gegensatz zur bisherigen "Basishochrechnung" aktuelle Gesetzesänderungen. Dies führe dazu, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 nicht nur um 19,6 Prozent, sondern um 45 Prozent steigen werde, bis 2040 um 69 Prozent (statt 39 Prozent) - immer im Vergleich zum Stand 2019. Insgesamt würden in Bayern im Jahr 2030 dann etwa 146 000 Pflegekräfte gebraucht; darunter 67 000 Fach- und 27 000 Hilfskräfte sowie 52 000 Hilfskräfte ohne Ausbildung.

Es müsse endlich gelingen, mehr Menschen für eine pflegende Tätigkeit zu begeistern, betonte die Barmer Bayern-Landesgeschäftsführerin Claudia Wöhler. Damit der Beruf attraktiver werde, sei wichtig, den Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten einzuführen und mehr für die körperliche und psychische Gesundheit von Pflegekräften zu tun. Zudem brauche es mehr gezielte Werbung für eine Ausbildung in der Pflege.

Der Pflegereport verdeutliche einmal mehr, "dass wir uns auf dem Weg in eine humanitäre Katastrophe befinden", sagte der Sprecher für Pflegepolitik der Grünen im Landtag, Andreas Krahl. Die jetzt schon eklatante Versorgungslücke klaffe weiter auf; statt Applaus und Boni brauche es eine grundlegend bessere Bezahlung und Work-Life-Balance für Pflegekräfte. Auch der Zugang zu einem Studium im Bereich der Pflege müsse erleichtert werden. Krahl: "Ja, das wird Geld kosten, Bund und Länder, viel Geld."

Weil auch die Zahl an pflegenden Angehörigen anwachsen werde, müssten auch deren Belange mehr in den Blick genommen werden. So werden laut Barmer drei Viertel der pflegebedürftigen Menschen von ihren Angehörigen versorgt. Sie müssten frühzeitig unterstützt, umfassend beraten und von überflüssiger Bürokratie entlastet werden, forderte Wöhler. Gerade unter dem Aspekt des Fachkräftemangels sei auch ihre Gesundheit ein wichtiges Thema.

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