Süddeutsche Zeitung

Pfaffenhofen:Mobbing an der Ilmtalklinik

  • Die Ilmtalklinik will einen offenbar in Ungnade gefallenen Chefarzt loswerden.
  • Der Arzt wurde laut eines Schreibens des Ärztlichen Kreisverbands "zwangsweise einer neurologisch-psychiatrischen Begutachtung wegen angeblicher Demenz" unterworfen.
  • Der Betroffene möchte den Fall weder bestätigen noch dementieren. Es sei striktes Stillschweigen vereinbart worden.

Von Dietrich Mittler

Der Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf (CSU) ist Kummer mit der Ilmtalklinik gewohnt. Die finanziellen Probleme des Unternehmens - eine hundertprozentige Tochter des Landkreises - sind nahezu chronisch, viel Geld musste bereits investiert werden, um die baulichen und technischen Standards auf einen zeitgemäßen Stand bringen. Das Problem, mit einem Millionendefizit umgehen zu müssen, besteht indes trotz aller Sanierungsbemühungen fort. Mit solchen Sorgen steht der Kreis Pfaffenhofen an der Ilm längst nicht allein da.

Doch wie die Klinik nun einen offenbar in Ungnade gefallenen Chefarzt loswerden wollte, dürfte landesweit doch ziemlich einmalig sein. Gemäß eines Schreibens des Ärztlichen Kreisverbands Pfaffenhofen, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wurde der Arzt, "zwangsweise einer neurologisch-psychiatrischen Begutachtung wegen angeblicher Demenz" unterworfen.

Striktes Stillschweigen vereinbart

Auf Nachfrage wollte der Betroffene den Fall weder bestätigen noch dementieren. Es sei striktes Stillschweigen vereinbart, momentan herrsche zwischen ihm und dem Klinikmanagement "Ruhe". Auch die Klinikleitung selbst verweist auf die Vereinbarung. "Wir können lediglich sagen, dass es einen Konflikt gegeben hat", der aber sei bereinigt, hieß es.

Der betroffene Chefarzt sei, so heißt es von dritter Seite, "erst einmal aus allen Wolken gefallen", als ihn der Ilmtalklinik-Geschäftsführer zu sich zitiert habe. Dieser habe ihn gefragt, ob er gesundheitliche Probleme habe. Der Geschäftsführung sei nämlich von verschiedenen Seiten zugetragen worden, dass er Aussetzer habe. Und deshalb wolle er ihn untersuchen lassen. Offenbar rief kurz darauf eine Klinik bei dem Arzt an. Sie habe von der Geschäftsführung erfahren, dass es schlimm um ihn stehe. Er solle sofort kommen und sich auf eine 14-tägige stationäre Untersuchung einstellen.

Kein Vertrauen mehr: Haus strebt Auflösungsvertrag an

Grundsätzlich, so heißt es indes bei der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), hätten Klinikmanager zwar tatsächlich das Recht, bei Zweifeln am Gesundheitszustand eines Mitarbeiters auf eine vertrauensärztliche Untersuchung zu bestehen. "Dass es allerdings im konkreten Fall um einen Chefarzt geht und zudem auch noch um ein etwas untypisches Krankheitsbild, das ist jetzt eher selten", sagt BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein.

Fakt ist, der Arzt ließ sich untersuchen. "Das Ergebnis dieser Begutachtung war", dass er "überdurchschnittliche Fähigkeiten besitzt", wie es im Schreiben des Ärztlichen Kreisverbandes heißt. Ruhe hatte der betroffene Chefarzt dennoch nicht. Nun sei er mit dem Vorwurf konfrontiert worden, die im Landkreis praktizierenden Fach- und Hausärzte hätten kein Vertrauen mehr zu ihm. Daher strebe das Haus einen Auflösungsvertrag an.

"Der Kollege wandte sich an den Ärztlichen Kreisverband und fragte, ob ihm tatsächlich das Vertrauen entzogen worden sei", sagt der in Geisenfeld praktizierende Hausarzt Matthias Fleige. Fleige ist Zweiter Vorsitzender des Kreisverbands. Bei einer Verbandssitzung im November sprachen die anwesenden Ärzte dem seit neun Jahren an der Ilmtalklinik tätigen Chefarzt ihr Vertrauen aus. Und nicht nur das. Sie stellten den auf der Sitzung anwesenden Ilmtalklinik-Manager zur Rede.

Landrat spricht ein Machtwort

"Das ist ein ganz problematisches Vorgehen seitens der Geschäftsführung", regt sich Hausarzt Fleige nach wie vor auf. Sowohl bei internen als auch externen Qualitätsprüfungen hätten sich keinerlei Hinweise ergeben, die Zweifel an der fachlichen Qualität des Kollegen rechtfertigen würden. "Das ist alles sauber" , sagt Fleige. Über das Vorgehen der Geschäftsführung lasse sich das nicht sagen.

Der Querelen müde, wandte sich die Vorstandschaft des Ärztlichen Kreisverbandes schließlich an den Paffenhofener Landrat Martin Wolf. Der sprach wohl ein Machtwort. Im Moment ist der zunächst erwogene Auflösungsvertrag vom Tisch. Der SZ gegenüber wollte sich der Pfaffenhofener Landrat nicht äußern. "Weil es sich da um eine klinikinterne Angelegenheit handelt, und als solche wurde diese auch bisher behandelt", erklärte der Sprecher des Landratsamts in Pfaffenhofen.

Hintergrund des außergewöhnlichen Konflikts könnte auch die Tatsache gewesen sein, dass "gewisse schwere, geldbringende Eingriffe" in der Pfaffenhofener Klinik rückläufig waren. Das, so betonte ein Kenner der Klinik, sei allerdings darauf zurückzuführen, dass in bestimmten Bereichen die gesetzlich vorgeschriebene Mindestmenge an Fällen nicht erfüllt werden konnte. Dies sei aber in vielen der Krankenhäuser in Bayern der Fall - insbesondere im ländlichen Bereich.

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SZ vom 24.12.2015/kbl
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