Naturschutz:Petition gegen Rodungen am Grünten

Bergbahn-Gegner fordern Landtag auf, die Wälder am "Wächter des Allgäus" zu erhalten.

Von Christian Sebald, Rettenberg

Im Streit um den Ausbau des Grünten zu einem Erlebnisberg haben Einheimische und Naturschützer jetzt eine Petition an den Landtag gerichtet. Mit diesem Schritt wollen sie verhindern, dass ungefähr 3,3 Hektar Bergwald für eine neue Zehner-Gondelbahn und eine ebenfalls neue Wirtschaftsstraße auf den 1738 Meter hohen Berg bei Rettenberg im Allgäu gerodet werden. Die Gegner des Projekts berufen sich in ihrer Petition auf den sogenannten Bergwaldbeschluss des Landtags von 1984. Darin hatten die Abgeordneten entschieden, dass "Rodungen im Bergwald für neue Freizeiteinrichtungen (z.B.: für Wintersport) oder Infrastruktureinrichtungen grundsätzlich nicht mehr zuzulassen sind". Der Bergwaldbeschluss gilt unter Experten nach wie vor als wegweisend für den Schutz der Bergwelt in Bayern. "Es kann nicht sein, dass in Zeiten der Klimakrise immer noch Rodungsgenehmigungen für neue Massentourismusprojekte ausgesprochen werden", sagt denn auch Thomas Frey vom Bund Naturschutz (BN).

Der Streit um den Grünten entzweit seit geraumer Zeit das Allgäu. Der markante Bergrücken ist einer der nördlichsten Gipfel der Allgäuer Alpen, er wird deshalb auch "Wächter des Allgäus" genannt. Der Grünten ist sommers wie winters ein sehr beliebtes Ausflugsziel, von oben hat man eine fantastische Aussicht. Allerdings ist das kleine Skigebiet an seinen Hängen bei Rettenberg komplett veraltet und wegen der Klimakrise mit ihren immer milderen Wintern nicht mehr schneesicher. Unter dem Motto "Natur.Genuss.Berg" will nun die Allgäuer Unternehmerfamilie Hagenauer den Grünten zu einem Erlebnisberg umfunktionieren. Dazu will sie die Bergbahnen samt Tal- und Bergstationen modernisieren. Oben am Grünten soll eine Gastronomie gebaut werden, unten an der Talstation ein Parkhaus mit 315 Stellplätzen. Außerdem ist eine hochmoderne Beschneiungsanlage geplant. Das Beschneiungsbecken am Berg soll einmal 40 000 Kubikmeter Wasser fassen. Und in den Berg sollen mehr als hundert neue Schneischächte gegraben werden. Das Investitionsvolumen wurde bisher auf ungefähr 30 Millionen Euro beziffert. Die Befürworter des Projekts erwarten sich davon einen gewaltigen Schub für den Tourismus. Aktuell läuft das Genehmigungsverfahren.

Umweltschützer, eine Bürgerinitiative und viele Einheimische werfen den Investoren dagegen vor, die Natur am Grünten so zu schädigen, dass das nicht wieder gutgemacht werden könne. Dies gelte allem voran für den Bergwald dort. Große Teile seien wertvolle Moorwälder mit alten Bäumen und Lebensraum für seltene Arten. Sie seien aber auch Schutz vor Lawinen, Muren, Hangrutschungen und anderen Naturgefahren. Für den Hochwasserschutz seien die Wälder am Grünten ebenfalls bedeutsam. Denn auch im Allgäu gebe es immer öfter sogenannte Starkregenereignisse - also besonders heftige Niederschläge - samt den entsprechenden Überflutungen und anderen Schäden. "Wir hatten in den letzten vier Jahren drei Hochwasser", sagt Wolfgang Tengel, der direkt unterhalb der Stelle wohnt, an der die Talstation der neuen Gondelbahn geplant ist. "Jetzt soll noch zusätzliche Fläche über uns versiegelt und Wald gerodet werden. Das kann nicht gut gehen." Tengel und die anderen Petenten erwarten deshalb von den Landtagsabgeordneten, dass sie am Bergwaldbeschluss festhalten und sich gegen die Rodungen aussprechen. Unabhängig vom Ausgang der Petition wird in der Region mit Klagen gerechnet, sollte das Projekt genehmigt werden.

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