Künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum:Krieg anders denken

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Mads Lynnerups "Sign Spinner" ist jenen Schildern nachempfunden, mit denen US-Unternehmen die Aufmerksamkeit von Autofahrer auf sich lenken wollen. Die Arbeit, die zur Ausstellungsreihe „War Aspects" gehört, ist vom 10. bis zum 13. September unter anderem in Bayreuth und Bamberg zu sehen. (Foto: Mads Lynnerup)

Krieg ist allgegenwärtig. In den Medien und auf der Straße. Trotzdem brauche es Kunst zum Phänomen Krieg, findet Peter Kees, der die Ausstellungsreihe „War Aspects“ kuratiert.

Von Dana-Marie Luttert

Wer demnächst zufällig über einen goldenen Spielzeugpanzer stolpert, muss nicht ins Fundbüro laufen, damit ein trauriges Kind sein verlorenes Lieblingsspielzeug wiederbekommt. Viel mehr bekommt man ganz unverhofft die Ausstellungsinstallation „Golden Tanks“ des Künstlers Peter Kees zu sehen. Sie ist eines von sechs Projekten der künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum zum Phänomen Krieg, die unter dem Namen „War Aspects“ laufen.

Vom 28. August bis zum 5. Oktober gibt es bayernweit Kunst zu sehen, die neue Denkanstöße zum Thema Krieg liefern soll. Die vergoldeten Spielzeugpanzer sind eine Anspielung an die Waffenindustrie. „Krieg ist immer auch ein Geschäft, das darf man nicht vergessen“, erklärt Kees. „Gold ist ja auch ein Ausdruck des Gewinnens.“ Aber wer gewinnt im Krieg überhaupt? Eine Nation, einzelne Menschen oder doch Unternehmen?

„Krieg ist immer auch ein Geschäft, das darf man nicht vergessen“, sagt der Künstler Peter Kees, der in der Schau "Golden Tanks", goldfarbene Spielzeugpanzer, zeigt und zudem der Kurator der gesamten Ausstellungsreihe ist. (Foto: Peter Kees / VG Bild-Kunst, Bonn 2024)

Der Künstler macht sich intensiv Gedanken, wo die Panzer platziert werden sollen. „Irgendwo, wo sie eigentlich nicht hingehören!“ Sie sollen auffallen und überraschen. Bei seinem Projekt ist Kees schon auf ein Hindernis gestoßen: „Es war gar nicht so leicht, Spielzeugpanzer aufzutreiben.“ Er habe in einem Spielzeuggeschäft mit einem Verkäufer gesprochen und erfahren, dass seit Beginn des Ukraine-Kriegs keine Panzer mehr produziert werden. Ist Krieg also doch noch nicht normal?

Wer in die Zeitung schaut, Fernsehen, Hörfunk oder die sogenannten Sozialen Medien verfolgt, kommt am Thema Krieg kaum vorbei. Ob in der Ukraine, im Kongo oder im Gaza-Streifen: Über 130 bewaffnete Konflikte gibt es derzeit weltweit. Und auch in den Straßen der Landeshauptstadt erinnert viel an das Phänomen Krieg. Das Siegestor, das zum „Frieden mahnt“ oder die Feldherrnhalle, die der bayerischen Armee ein Denkmal setzt. Warum müssen auch noch die Künste den Krieg thematisieren? Sind wir nicht genug mit dem Krieg konfrontiert?

„Ich glaube, dass die Künste einen gesellschaftlichen Auftrag haben, Dinge zu reflektieren, Input zu setzen, sich auseinanderzusetzen mit Fragestellungen, die damit zu tun haben“, sagt Kees, der nicht nur Schöpfer von „Golden Tanks“ ist, sondern auch der Kurator der gesamten Ausstellungsreihe. „Es sind ja mit diesen Kriegen jede Menge Fragen verbunden, die uns alle irgendwie betreffen, zum Beispiel Waffenlieferungen. Wie geht man damit um? Deswegen glaube ich, dass es wichtig ist, das neben der wichtigen Berichterstattung in den Medien, die Künstler andere Denkrichtungen vorgeben können, die Menschen irritieren.“

Das Sprechen über den Krieg: David Adams zeigt seine Arbeit "Tabula Phrasa" in Grafenwöhr, wo sich auch ein Truppenübungsplatz der US-Streitkräfte befindet. (Foto: David Adam)

Die erste neue Denkrichtung soll David Adams Werk „Tabula Phrasa“ am 28. August in Grafenwöhr zeigen. „Im Dickicht der Worthülsen“ lautet der Untertitel der Ausstellung und verrät, was der Künstler thematisiert: Sinn, Bedeutung und Verwendung von Begrifflichkeiten und Worten. David Adam setzt dies in Zusammenhang mit dem Krieg in und um Gaza und konfrontiert die Besucher mit einer Skulptur aus 430 hölzernen Wortträgern, die er spielerisch verändert. Verschiebt sich mit jedem Aufbau auch der Sinnzusammenhang? Wenn ja, bedeutet das, dass dieser Krieg auch anders gedacht werden kann?

Dass die erste Ausstellung der Reihe „War Aspects“ in Grafenwöhr stattfindet, ist kein Zufall. Hier befindet sich ein 233 Quadratkilometer großer Truppenübungsplatz der US-Streitkräfte: Krieg ist an diesem Ort allgegenwärtig. „Das ist eigentlich der Grund, warum wir nach Grafenwöhr gegangen sind“, erklärt Peter Kees. „Wir würden das theoretisch sogar gerne auf dem Truppenübungsplatz machen, da haben wir auch eine Anfrage laufen. Bis jetzt haben wir leider noch keine Zusage.“ Kees selbst nennt sich einen Vertreter des humanistischen Gedankenguts. Zum Humanismus gehört traditionellerweise die Ablehnung von Gewalt. Die Ausstellung und der Truppenübungsplatz zeigen kontrastiert Gedanken und Herangehensweisen zum Thema Krieg.

Andy Websters auditives Werk „Playing D.E.A.D.“ kann vom 3. bis zum 7. September im Ebersberger Forst erlebt werden. Der Titel bezieht sich auf die gespielten Noten und auf das Konzept des Totstellens. Totstellen ist sowohl ein unschuldiges Kinderspiel als auch eine Taktik, die im Krieg das Überleben sichern kann.

Vom 10. bis zum 13. September ist Mads Lynnerups „Sign Spinner“ zu sehen, vom 25. bis zum 28. September Frenzy Höhnes „Am Horizont“ und am 3. und 4. Oktober Manaf Malbounis „Work for Democracy“. Die Schauplätze sind verschiedene Städte und Orte in ganz Bayern. Die Werke thematisieren Aspekte des Phänomens Krieg, wie geografische Nähe, die Fragilität des Friedens und die freie Meinungsäußerung, die mit dem Wandel von demokratischen Systemen in Gefahr sei. Vielleicht auch ein Aspekt, warum das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst die Reihe fördert.

War Aspects, künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum zum Phänomen Krieg: 28. August bis 5. Oktober an verschiedenen Orten in ganz Bayern, Infos unter www.peterkees.de

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