Personalrochaden in der CSU:Die Stunde der Wahrheit

Nach einer langen Nacht und einem noch längeren Monat steht das neue bayerische Kabinett: Ministerpräsident Seehofer hält die Mitglieder seiner neuen Mannschaft immerhin "vom Grundsatz alle für geeignet".

Birgit Kruse

Es war eine lange Nacht für Horst Seehofer, und es war eine turbulente. Keine Minute Schlaf habe er sich gegönnt. Bis weit nach Mitternacht hat der engste Führungszirkel das Personaltableau diskutiert - und noch die eine oder andere Änderung herbeigeführt. Dann habe er telefoniert, erzählt Seehofer mit leiser Stimme. "Manche haben sich gewundert, zu welcher Zeit ich angerufen habe." Selbst die Kanzlerin habe er erst mitten in der Nacht informiert.

Seehofer, AP

Es ist vollbracht: Seehofer hat sein neues Kabinett zusammen

(Foto: Foto: AP)

Trotz der Strapazen der letzten Tage und Wochen wirkt Seehofer frisch und dynamisch, als er kurz vor zwölf im bayerischen Landtag ankommt. Mit im Gepäck: die Kabinettsliste. In wenigen Minuten wird er vor die CSU-Fraktion treten und verkünden, wie er sich seine Regierungsmannschaft für die kommenden fünf Jahre vorstellt. Wie die Mannschaft aussehen wird, mit der er im nächsten Jahr die Bundestags- und Europawahlen gewinnen muss.

Doch viel ist ihm nicht zu entlocken. Er habe eine "schlagkräftige und stabile Regierung" zusammengestellt, sagt er. Wie genau die aussehen soll, verrät er jedoch zunächst nicht. "Ich will das zu allererst der Fraktion mitteilen", sagt er.

Doch die ersten Namen waren bereits zuvor durchgesickert. Noch während die Fraktion zusammensitzt, ist die Kabinettsliste bekannt. Einige Personalien überraschen eher wenig. Markus Söder wird Umweltminister mit Melanie Huml als Staatssekretärin, Siegfried Schneider wird die Leitung der Staatskanzlei übernehmen. Und Emilia Müller wird Europaministerin. Auch der künftige Finanzminister ist keine große Überraschung: Georg Fahrenschon wird die Huber-Nachfolge antreten.

Überraschend ist jedoch die Wahl des Staatssekretärs. Franz Pschierer soll diese Rolle unter Fahrenschon übernehmen.

Einer, der sich gerne mal in der Wortwahl vergreift

Ebenso unerwartet kommt die Nachricht, dass Seehofer Ludwig Spaenle wirklich zum Kultusminister macht. Sein Staatssekretär soll der Tierarzt Marcel Huber sein. Spaenle, der jahrelang den Hochschulausschuss geleitet hat, kennt sich zwar auch in Bildungsfragen aus - dennoch gilt er in der Fraktion als arroganter Hitzkopf, der sich auch gerne mal in der Wortwahl vergreift.

Oder auch Christine Haderthauer. Die Ex-Generalsekretärin wird das Sozialministerium übernehmen und als Staatssekretär Markus Sackmann an die Seite gestellt bekommen. Während ihr für das Wahldesaster die Mitverantwortung übertragen wird, gilt der Oberpfälzer als Experte für die Entwicklung des ländlichen Raumes.

Außerdem hat Seehofer auf seiner Personalliste auch Helmut Brunner stehen - als Miller-Nachfolger im Agrarministerium.

"Vom Grundsatz alle geeignet"

Doch bevor Seehofer nicht mit seiner Fraktion gesprochen hat, will er nichts bestätigen. Nur so viel: "Ingesamt haben wir das vernünftig ausbalanciert."

Noch einmal betont er, wie wichtig ihm das Gespräch mit der Fraktion sei. "Ich habe eine Politik des Dialoges angekündigt", sagt er und fügt hinzu, dass eben dieser Dialog "zu der einen oder anderen Veränderung heute Nacht geführt hat".

Dann spricht er noch davon, dass das Kabinett, das am Nachmittag vereidigt werden soll, "auf die Legislaturperiode ausgelegt" ist. Dass "vom Grundsatz" alle "geeignet" seien. Und dass er niemanden berufen würde, von dem er nicht überzeugt sei, "dass er die Aufgaben erfüllt. "

Das sieht auch Erwin Huber so. Er spricht von einer "tatkräftigen Mannschaft", mit der man in die Zukunft gehen könne. Der ehemalige Finanzminister und CSU-Chef sieht den Anspruch nach Kompetenz "voll und ganz bestätigt". Er setze darauf, dass die Regierung "ein großes Potenzial hat". Auch die FDP ist zufrieden. "Das sind alles Leute, mit denen wir können", sagt der künftige FPD-Wirtschaftsminister Martin Zeil.

Die Verwunderung, dass auf der Kabinettsliste keine Namen aus der Berliner Landesgruppe oder aus dem Europaparlament stehen, kann Seehofer indes gar nicht verstehen. "Ich hatte nie eine Überlegung, von außen noch Kabinettsmitglieder zu holen." Und zu guter Letzt: "Wenn das kein Neuanfang ist, dann weiß ich nicht, was ich machen soll."

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