Süddeutsche Zeitung

Fall Peggy:Ulvi K.s Gutachter soll hohen Schadenersatz zahlen

  • Der Unterstützerkreis von Ulvi K. hat beim Landgericht Berlin eine Klageschrift gegen den Psychiater im Fall Peggy eingereicht.
  • Dem ehemaligen Gutachter wird unter anderem vorgeworfen, die ersten drei Explorationen nicht aufgezeichnet zu haben.
  • Der geistig beeinträchtigte K. war 2004 wegen Mordes an Peggy schuldig gesprochen, zehn Jahre später aber freigesprochen worden.

Von Olaf Przybilla, Lichtenberg

Eine solche Veranstaltung dürfte es in der Geschichte Lichtenbergs noch nicht oft gegeben haben. An einer Wand im Vereinssaal des TSV Lichtenberg hängen diverse Zeitungsausschnitte zum Fall Peggy, ein Projektor wirft das Bild des neunjährigen Mädchens an eine Leinwand, dazu Geburts- und vermutliches Sterbedatum.

Der Saal ist prall gefüllt mit Medienvertretern, vor allem aber mit Lichtenbergern. Vorgestellt wird die Klageschrift, die der Unterstützerkreis von Ulvi K. beim Landgericht Berlin eingereicht hat. K. ist der geistig beeinträchtigte Mann, der 2004 wegen Mordes an Peggy schuldig gesprochen, zehn Jahre später aber freigesprochen wurde.

Hauptverantwortlich dafür ist nach Ansicht der Unterstützer der damalige Gutachter Hans-Ludwig Kröber. Geht es nach dem Unterstützerkreis, soll er 350 000 Euro Schadenersatz zahlen. Die Vorwürfe der Anwältin Hanna Henning wiegen schwer. So habe Kröber die ersten drei Explorationen nicht aufgezeichnet, wie vom Bundesgerichtshof festgeschrieben.

Das gesamte Gutachten sei "vollkommen unwissenschaftlich" und sei "geprägt vom erkennbaren Willen" Kröbers, das widerrufene Geständnis von Ulvi K. "in jedem Fall als glaubhaft hinzustellen". Aus den Vernehmungen, die dem Gutachter vorgelegen hätten, ergebe sich ohne Zweifel, dass man K. den von der Polizei angenommenen Tatablauf "vollständig suggeriert" habe. Das habe der Gutachter erkennen müssen.

Kröber will sich bislang nicht zu den Vorwürfen äußern. Die Anwaltskanzlei kündigt einen weiteren Wiederaufnahmeantrag an. Man wolle beweisen, dass K. auch die ihm vorgeworfenen Missbrauchshandlungen an Kindern nicht begangen habe. Auch der Lichtenberger Stadtrat Norbert Rank meldet sich zu Wort und bekommt viel Beifall.

Die Causa sei längst Fall für einen Untersuchungsausschuss im Landtag, fordert er. Rank übt aber auch heftige Kritik an Medien, die von Lichtenberg fälschlicherweise das düstere Bild einer schweigenden Gemeinschaft gezeichnet hätten. Dass der Fall Peggy nach 17 Jahren noch nicht gelöst ist, sei aber "nicht die Schuld der Lichtenberger. Sondern deren Verdienst." Immerhin hätten sie sich nicht mit Ulvi K. als präsentiertem Täter zufrieden gegeben.

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SZ vom 19.01.2019/amm
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