Psychiatrische Klinik:Patient war 60 Tage ans Bett gefesselt

Er hatte gedroht, Ärzte umzubringen - da fesselte man ihn an sein Bett im Isar-Amper-Klinikum in Taufkirchen. 60 Tage lang, fixiert an Armen, Beinen und Rumpf. Nun wurde Anzeige erstattet - in Absprache mit Gustl Mollath.

Von Sarah Kanning

Ein 53 Jahre alter Patient ist im Isar-Amper-Klinikum in Taufkirchen an der Vils 60 Tage lang an sein Bett gefesselt worden. Nach Unterlagen, die der SZ vorliegen, wurde der Patient Martin R. auf Grund seines aggressiven Verhaltens vom 4. Oktober 2011 bis 2. Dezember 2011 an Armen, Beinen und Rumpf fixiert. Am Montag ging bei der Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg eine Anzeige wegen des Verdachts auf Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Die Klinik wollte sich auf Grund des schwebenden Verfahrens nicht zu den Vorwürfen äußern.

Der Patient Martin R., der sich für einige Zeit als Frau gefühlt hatte und aus diesem Grund in die für Patientinnen vorgesehene Forensische Psychiatrie des Klinikums verlegt werden konnte, hatte laut Patientenakte mehrfach angedroht, Mitpatientinnen und Ärzte zu schlagen und umzubringen. Wird in so einem Fall eine Fixierung angeordnet, ist sie gewöhnlich nur maximal 24 Stunden zulässig. Der extrem lange Zeitraum in Taufkirchen wirft Fragen auf.

Ähnliche Fälle kommen immer wieder ans Licht

Erst im vergangenen Sommer wurde eine Dauerfixierung in diesem Klinikum publik: Eine Patientin der geschlossenen Psychiatrie war nach einer Auseinandersetzung mit dem Pflegepersonal 25 Stunden ans Bett gefesselt worden. Nach Angaben ihres Anwalts habe sie kaum etwas zu trinken bekommen und man habe sie in ihren Exkrementen liegen gelassen.

Ähnliches berichtet Martin Heidingsfelder, Gründer des VroniPlag Wikis, auch über den Fall des Martin R., den er jetzt angezeigt hat. Über die frühere Aussage des Klinikums gegenüber Medien, es habe immer eine Sitzwache gegeben, könne er nur lachen: "Den Geruch können Sie sich nicht vorstellen - das hält ja keiner aus." Heidingsfelder stellte die Anzeige in Absprache mit dem kürzlich aus der Psychiatrie entlassenen Gustl Mollath.

Die sozialpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Kerstin Celina, forderte am Mittwoch einen Bericht im Sozialausschuss, um mögliche Menschenrechtsverletzungen in der geschlossenen Unterbringung aufzuklären. Außerdem kündigte sie weitere parlamentarische Initiativen an. Es sei überfällig, die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention in einem modernen Gesetz für Bayern zu regeln.

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