Umweltschutz:Klimaaktivisten mischen Stadtratssitzung in Passau auf

Klimacamp Passau

Bei der Stadtratssitzung haben Aktivisten vom "Klimacamp Passau" Stimmung gemacht, nachdem ein neues Klimakonzept beschlossen wurde, das ihnen zu wenig ambitioniert erscheint.

(Foto: Lynn Ries)

Mit Transparenten und Sprechgesängen protestieren junge Menschen gegen das Klimakonzept der Stadt.

Von Viktoria Spinrad, Passau

Wie viel Klimaschutz kann und sollte eine Stadt leisten? Es ist eine Frage, die nicht zuletzt die Studentenstadt Passau spaltet. Einen erneuten Höhepunkt hat die Debatte am Montag im Stadtrat erreicht. Nachdem die Regierungsmehrheit aus SPD, CSU, Freien Wählern und FDP nach zweistündiger Debatte für ein neues Klimaschutzkonzept stimmte, kam es zu einem Tumult. Etwa 20 Klimaaktivisten standen auf, rollten Transparente aus und zogen mit Sprechchören durch die Halle.

Was sie fordern, hatten die Aktivisten vom "Klimacamp Passau" schon bei mehreren teils spektakulären Aktionen kundgetan: Klimaneutralität der Verwaltung bis zum Jahr 2030, eine beherzte Mobilitätswende, weniger Versiegelung. Sprich: ambitionierter Klimaschutz auf lokaler Ebene. "Es gibt Tausende Sachen, die eine Kommune machen kann", sagt Jakob Hagenberg, Staatswissenschaftenstudent an der Uni Passau und einer der Aktivisten des Klimacamp.

276 Seiten lang ist das neue Klimaschutzkonzept

Das Klimaschutzkonzept, was die Stadt nun auf den Weg gebracht hat, geht ihm und seinen Mitstreitern nicht weit genug. Auf 276 Seiten hat die Münchner Beratungsgruppe B.A.U.M. Consult hier Vorschläge zusammengetragen. Demnach soll die Verwaltung bis 2045 klimaneutral werden, Gebäude sollen energetisch saniert, Heizungen umgestellt werden. Dafür will die Stadt zunächst eine Million Euro investieren, jährlich sollen 500 000 weitere Euro folgen - sofern es die Haushaltskasse zulässt.

Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) zeigt sich am Dienstag zufrieden. Das Konzept sei nicht nur "ehrgeizig", sondern auch dynamisch, es solle laufend evaluiert und kontrolliert werden. "Das wird unsere Stadt voranbringen", sagt der OB. Hagenberg hingegen spricht von einem "Armutszeugnis". Die Stadt könne viel mehr machen: Parkplätze umwidmen, den ÖPNV enger takten, "da gibt es Tausende Sachen".

"Zu langsam und zu mutlos", moniert die Opposition

Unzufrieden zeigt sich am Tag nach dem Votum auch die Opposition. Es bräuchte mehr Courage, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Stefanie Auer, die Maßnahmen seien "zu langsam und zu mutlos". Urban Mangold (ÖDP) befand, dass zwar viel Gutes im Konzept stecke. Man sei allerdings im Wettlauf mit der Zeit: "Das Naheliegende darf nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag aufgeschoben werden."

Einen Kran besetzen, Abseilen von der Stadtgalerie, Campen unterm Fünferlsteg - die Klimaaktivisten haben in der Vergangenheit bereits mit mehreren Aktionen auf sich aufmerksam gemacht. Die sah aber selbst der OB am Dienstag entspannt: "Ach, meine Güte", sagt er, "die Dreiländerhalle hat schon viel gesehen." An Überzeugungskraft gewännen die Argumente dadurch allerdings nicht, sagt der OB. Anders sieht es Auer: Sie könne es nachvollziehen, dass man sich entsprechend Gehör verschaffen wolle, wenn man sich nicht gehört fühlt.

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