Süddeutsche Zeitung

Passau:Auf den Spuren von Sisi

Mit Stadtführungen erinnert Passau an Besuche der Kaiserin Elisabeth

Von Magdalena Hechtel, Passau

In das Bild von den eleganten, filigranen Möbeln einer Kaiserin mag das massive dunkelbraune Holzbett nicht so recht passen. Es ist nicht pastellfarben und mit Blumen verziert, sondern eher dunkel. Und klobig. Trotzdem ist es das Bett einer Kaiserin, sogar das Original. Im Passauer Hotel "Wilder Mann" schlief Sisi, Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, im September 1862 während eines Familientreffens. Es war nicht ihr erster Besuch in der Dreiflüssestadt. 1854 hielt der Dampfer Stadt Regensburg in Passau. An Bord des Schiffes war die oberbayerische Prinzessin und zukünftige Kaiserin Sisi, die sich auf ihrer Brautfahrt nach Wien von ihrer Heimat verabschiedete.

1862 kam sie mit dem Zug zurück und wurde von den begeisterten Passauern mit einer Serenade und einem Fackelzug empfangen. Als Kaiserin reiste Elisabeth nicht allein: Ihr Gefolge umfasste 102 Personen, neben Stallburschen und dem Zuckerbäcker war ein eigener Postbeamter auf Reisen mit dabei, der für die ständige Erreichbarkeit der Kaiserin sorgen sollte. Eigentlich gehörte zu dem Personalstab auch ein Koch. Die Wirtin des "Wilden Mannes", Anna Niederleuthner, lehnte jedoch strikt ab, einem Fremden ihre Küche zu überlassen und stellte sich lieber selbst hinter den Herd. Die Menüs, die sie daraufhin kochte, sind bis heute überliefert. Dass die Kaiserin die allabendlichen zwölf Gänge gegessen hat, wird stark bezweifelt, schließlich wog Sisi bei einer Größe von 1,72 Metern nur 50 Kilogramm. Sie trank morgens eine Schale Milch, am Nachmittag kam klare Fleischbrühe dazu. Trotz dieses Diätplans fühlte sie sich zeitlebens zu dick, während sie auf andere eher schwächlich wirkte.

1878 besuchte Sisi zum dritten Mal Passau - inkognito. Im Fremdenbuch des Hotels "Wilder Mann" ist hinter dem Namen "C. Woog, Paris", "Kaiserin Elisabeth" vermerkt. Offenbar war Sisi das Aufsehen um ihre Person im Jahr 1862 zu groß gewesen. Die Kochkünste der Anna Niederleuthner müssen Sisi und ihr Gefolge damals hingegen überzeugt haben, die Monarchin erwähnte 1878 mit keinem Wort, einen eigenen Koch mitbringen zu wollen.

Anneliese Hertel, bekennender Sisi-Fan und Stadtführerin hält nichts davon, den Besuchern Märchen von der schönen Kaiserin aufzutischen. "Sie hatte schlechte Zähne und hat genuschelt", sagt Hertel, die für die Stadt Passau Führungen auf Sisis Spuren anbietet. Die eine oder andere Anekdote über die Kaiserin erzählt Hertel auf dem Weg durch die Stadt gerne, etwa dass Sisis Friseurin Schläge einstecken musste, wenn zu viele Haare nach dem Kämmen in der Bürste hängengeblieben waren. Franziska "Fanny" Feifalik trickste ihre Dienstherrin allerdings aus. Sie trug ein Klettband an ihrem Bund, woran sie ausgefallene Haare heimlich befestigte - die Anzahl der Haare im Kamm war so deutlich geringer.

War Kaiserin Elisabeth im Umgang mit ihrem Personal eben nicht gerade zimperlich, zeigte sie sich in Passau dagegen volksnah. Sie beichtete in der Wallfahrtskirche Mariahilf und wurde trotz ihrer schwarzen Verschleierung von einer Mutter erkannt, die mit ihrem Sohn gerade beten wollte. "Bleib sitzen, Büberl", soll Sisi gesagt haben, als die Mutter die Kirche verlassen wollte, um die Kaiserin nicht zu stören. Die Beziehung der Passauer zu Sisi ist für Anneliese Hertel etwas Besonderes. "Die Bürger haben sich mit Sisi verbunden gefühlt", sagt sie, es sei gewesen, "wie wenn man befreundet ist".

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SZ vom 10.05.2016
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