Stadtbildsatzung:Streit um Passaus Antlitz geht weiter

Stadtbildsatzung: Wieviel Veränderung verträgt das Stadtbild Passaus? Eine Entscheidung dieser Frage - in Form einer neuen Gestaltungssatzung - hat der Stadtrat am Montag vertagt.

Wieviel Veränderung verträgt das Stadtbild Passaus? Eine Entscheidung dieser Frage - in Form einer neuen Gestaltungssatzung - hat der Stadtrat am Montag vertagt.

(Foto: Werner Otto/imago)

Photovoltaik auf den Dächern, Aufzüge oder auch mal Plastikstühle: Die SPD will mildere Regeln für die Passauer Altstadt. Denkmalschützer erteilen den Wünschen eine klare Absage.

Von Deniz Aykanat, Passau

Seit einem Jahr wird in Passau diskutiert, was ins Stadtbild passt. Soll es künftig leichter sein, auf einem Altstadtdach eine Photovoltaikanlage anzubringen und einen Dachstuhl auszubauen? Oder einen Aufzug zu installieren, damit das Leben etwa für Ältere leichter wird? Was ist mit Stühlen und Sonnenschirmen: weiterhin nur in Beige, Weiß, Holz und Metall? Oder gar ein Sitzplatz aus Plastik? Für ÖDP-Stadtrat Urban Mangold ein Sakrileg, er will das Alte bewahren. Die Passauer SPD, die in der Stadt den Oberbürgermeister stellt, ist aufgeschlossener gegenüber dem Neuen.

Am Montagabend sollte der Stadtrat über eine neue Stadtbildsatzung abstimmen, die mehr im Sinne der Erneuerer ist. Doch nun geht die Diskussion um Passaus Antlitz in die nächste Runde. Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) verkündete, dass der Punkt von der Tagesordnung genommen wird - weil es noch einigen Klärungsbedarf gebe. Das kam einerseits überraschend. Andererseits ließ ein Blick in die Beschlussvorlage tatsächlich die Frage aufkommen, inwiefern sie sich überhaupt noch von der alten Satzung unterscheidet. Von den ursprünglichen Vorhaben der SPD zur Aufweichung der Regeln blieb nämlich nicht mehr viel übrig.

Seit 2020 schickt sich die Passauer SPD an, die Gestaltungsvorgaben für die Altstadt zu lockern. Im November 2021 hatte der Stadtentwicklungsausschuss eine Neufassung der Stadtbildsatzung mehrheitlich beschlossen. Bevor der Entwurf dem Stadtrat zur Abstimmung vorgelegt wird, sollte aber noch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) eine Stellungnahme dazu abgeben. Vom ursprünglichen Entwurf blieb dann nicht mehr viel übrig. "Das BLfD hat den Vorschlag zerpflückt", befindet Mangold. Und tatsächlich erteilen die Denkmalschützer den meisten Vorhaben eine Absage. Wie etwa, Dachterrassen oder Mehrfachgauben standardmäßig zu erlauben. Vieles, etwa Aufzüge, sind außerdem jetzt schon möglich, sofern der Denkmalschutz eingehalten wird.

Ausbauwünschen werde, wenn sie im Einklang mit dem Denkmalschutz stehen, regelmäßig stattgegeben, heißt es in der Stellungnahme. Ausnahmen seien sehr selten. Daran würde auch eine neue Satzung nichts ändern. Sie hätte nur noch größeren Verwaltungsaufwand zur Folge, weil Bürger quasi dazu eingeladen werden, Ausbauten zu beantragen, die ohnehin nicht genehmigt werden können.

Zumindest in Sachen Solarzellen auf Altstadtdächern herrschte zuletzt Einigkeit. Das BLfD hatte empfohlen, nur dort Solarzellen zu erlauben, wo sie vom öffentlichen Raum und den wichtigsten Aussichtspunkten aus nicht zu sehen sind. Zudem sollten die Anlagen optisch zum Dach passen und den neuesten Standards entsprechen. Aber auch dazu müsste man die Stadtbildsatzung nicht ändern. "Auf dem alten Rathaus gibt es seit mehr als zehn Jahren eine Photovoltaik-Anlage. Weil man die auf dem Rathaus eben nicht sehen kann", sagt Mangold.

Laut BLfD lässt die alte Satzung im Vergleich zu anderen Städten wie etwa Regensburg oder Freising ohnehin recht viel Spielraum. "Die Tatsache, dass diese Satzung mehr als 35 Jahre ohne größeren Änderungsbedarf beibehalten wurde, zeigt ihre grundsätzliche Qualität", steht in der Stellungnahme. Selbst die Verwaltung äußerte sich schon im August ähnlich. "Die Stadtplanung ist nach wie vor der Meinung, dass die Stadtbildsatzung in unveränderter Form belassen werden sollte. DG-Ausbauten für Wohnzwecke sind auch in der Vergangenheit möglich gewesen. Eine Verbesserung kann aus den Anregungen nicht erkannt werden." Oder mit Mangolds Worten: "Man sollte den Entwurf einstampfen."

Und was ist mit den Plastikstühlen? Ein Blick in andere Städte zeigt immerhin, dass sich bei der Frage, ob Besucher ihr Gesäß auf Holz oder Kunststoff absenken sollen, die Geister durchaus scheiden. Die Stühle werden in der BLfD-Stellungnahme gar nicht mehr extra erwähnt, auch in der Beschlussvorlage nicht. Für Urban Mangold sind sie ohnehin "ein Frevel".

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