Asylpolitik:Behörde entlastet Passauer Amt nach vereitelter Iran-Abschiebung

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Am 5. Oktober sollte Reza R. per Flugzeug nach Teheran abgeschoben werden. Doch die Umstände seiner Verhaftung in Passau lösten bundesweite Kritik aus, das Innenministerium intervenierte. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Der Fall von Reza R. erregte bundesweit Aufsehen, nachdem er mit einem falschen Versprechen zu einem Termin geladen und verhaftet worden war. Die Aufseher wollen kein Versagen erkennen - und ernten Kritik.

Von Thomas Balbierer

Die Anfang Oktober vom Landratsamt Passau geplante und vom Innenministerium gestoppte Abschiebung eines Iraners wäre nach Ansicht der Regierung von Niederbayern "rechtmäßig" gewesen. Das teilte die Behörde nach einer Prüfung des umstrittenen Falls auf SZ-Anfrage mit. Das Vorgehen der Passauer Ausländerbehörde erregte bundesweit Aufsehen, nachdem der aus Iran stammende Reza R. mit dem Versprechen ins Amt geladen worden war, eine Beschäftigungserlaubnis als Pfleger zu erhalten. Als er zum Termin erschien, wurde er in Abschiebehaft genommen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat warf dem Landratsamt ein "betrügerisches" Verhalten vor, auch die Opposition im Landtag kritisierte das Vorgehen scharf. Das bayerische Innenministerium intervenierte und veranlasste eine Prüfung des Falls. Das Ergebnis liegt nun vor.

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Demnach sei dem Landratsamt Passau keine Täuschungsabsicht nachzuweisen, teilt eine Sprecherin der Regierung von Niederbayern mit. "Das bestätigen die Aktenlage und die Aussagen der handelnden Personen." Zur überraschenden Festnahme des Iraners sei es gekommen, weil "eine Person die Durchführung der Abschiebung bearbeitet hat und eine andere die Beschäftigungserlaubnis". Um ähnliche Fälle in Zukunft zu vermeiden, werde die Passauer Ausländerbehörde die "notwendigen organisatorischen Maßnahmen" treffen, heißt es weiter.

Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat spricht von einer "gesichtswahrenden Lösung", um das Landratsamt nicht zu beschädigen. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Sachbearbeiter nicht wusste, was der andere tut. Das steht doch alles in einer Akte." Wie aus Dokumenten hervorgeht, die der SZ vorliegen, hatte das Landratsamt mehrere Wochen vor der Termineinladung einen sogenannten Schubantrag gestellt. "Zum Zeitpunkt der Einladung war also längst klar, dass eine Abschiebung läuft", so Dünnwald. "Das Amt sollte klar sagen: ,Wir haben einen Fehler gemacht'."

Reza R. war 2018 nach Deutschland geflohen, sein Asylantrag war abgelehnt worden. Am 5. Oktober hätte er nach Teheran ausgeflogen werden sollen. Eine neuerliche Abschiebung muss der 41-Jährige derzeit nicht fürchten. Wegen der gewaltsamen Niederschlagung landesweiter Proteste hat Bayern Ausweisungen nach Iran ausgesetzt.

Laut der Regierung von Niederbayern soll R. nun eine sechsmonatige Duldung erhalten. Außerdem sei ihm eine "befristete Beschäftigungserlaubnis in Aussicht gestellt" worden. "Das ist keine befriedigende Entscheidung", sagt R.s Anwältin Maral Noruzi. "Eine Duldung kann jederzeit widerrufen werden." Sie will auf ein Abschiebungsverbot und eine sichere Perspektive für ihren Mandanten hinwirken. Vor seiner Festnahme hatte R. als Praktikant bei einem Pflegedienst gearbeitet, wo er als feste Hilfskraft anfangen sollte. Daran will er bald anknüpfen.

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