Parteivorsitz:Plötzlich wollen alle SPD-Chef werden

So viel Auswahl hatten die Genossen noch nie: Sechs Kandidaten wollen Florian Pronold nachfolgen. Unter ihnen sind etablierte Gesichter wie Generalsekretärin Natascha Konen - und recht unbekannte Köpfe.

Von Lisa Schnell

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Plenarsitzung im Landtag

Quelle: dpa

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Sechs Kandidaten wollen die Nachfolge von SPD-Landeschef Florian Pronold antreten, so viel Auswahl hatten die Genossen noch nie. Allesamt kommen sie aus dem Süden Bayerns und von manchem Bewerber werden viele bisher kaum etwas gehört haben.

Natascha Kohnen, 49, war früher die Quereinsteigerin, jetzt ist sie die Etablierte. Bis sie 34 Jahre alt war, hatte Kohnen mit der SPD nicht viel zu tun. Sie studierte Biologie, lebte in Paris, schrieb Schulbücher und bekam zwei Kinder. Weil es für die keine Betreuung gab in Neubiberg, regte sie sich auf, zusammen mit der Kommunalpolitikern Johanna Rumschöttel, die sie dann in die SPD brachte. Kaum war Kohnen drin, ging es rasant bergauf, bis sie 2008 im Landtag landete und dann gleich in der SPD-Spitze als Generalsekretärin. Acht Jahre saß sie da nun an der Seite von Landeschef Florian Pronold. Eine Quereinsteigerin sei sie trotzdem noch, sagt Kohnen. Auch, weil sie lieber frei Schnauze rede als Politiksprech. Für einen Neuanfang könne sie aber nicht stehen, sagen einige. Andere meinen, das brauche es gar nicht. Jemand, der gut bei den Leuten ankomme, sei ja schon eine Neuerung, außerdem wäre eine Frau auch mal ganz gut.

Plenarsitzung im Landtag

Quelle: dpa

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Ein "linker Intellektueller" sei der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn, 48, sagt einer. Aber einer, der auch draufhauen will. Die SPD müsse die CSU viel offensiver stellen, fordert Brunn. Dass er selbst das kann, habe er im Landtag bewiesen. Als Umweltpolitiker hat Brunn viele Male den Rücktritt von Umweltministerin Ulrike Scharf gefordert, wahlweise wegen des Riedberger Horns oder wegen des Bayern-Ei-Skandals. In der Fraktion gilt er als hervorragender Fachpolitiker, der seiner Partei in Umweltfragen ein Profil gegeben hat. Der passionierter Bergsteiger predige Politik nicht nur, sondern lebe sie. Trotzdem sehen ihn viele vor allem als Fachmann. Er könne aber mehr als Umwelt, sagt Brunn selbst. Wohnungspolitik kenne er aus seiner Zeit im Mieterbeirat München, Sozial- und Wirtschaftspolitik aus seinem Studium der Volkswirtschaftslehre. Als Landesvorsitzender wolle er die SPD wieder "viel mehr von der Basis denken".

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Quelle: Harry Wolfsbauer

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Im Klub der linken Urgesteine Bayerns müsste Klaus Barthel, 61, Vorsitzender sein. Er hat schon die rote Fahne geschwenkt, da konnten andere SPD gerade mal buchstabieren. Seit 42 Jahren ist Barthel Parteimitglied, er war Gewerkschaftssekretär und ist seit 2012 Vorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen im Bund. Er ist der ewige Kämpfer für soziale Gerechtigkeit. Glaubwürdigkeit sei deshalb seine größte Stärke, heißt es. Als der Mann aus Kochel einmal für den Landesvorstand kandidierte, dem er seit 2007 angehört, sagte er nur: "Ihr kennt mich" - und wurde gewählt. Auf Fraktionsdisziplin gibt er nicht viel. Wohl auch deshalb hat er nach 23 Jahren im Bundestag nicht mehr als eine Sprecherfunktion. Barthel schaffe es, in Gremien zu sitzen ohne Teil des Systems zu sein, heißt es. Barthel kandidiert nicht mehr für den Bundestag und würde sich ganz dem Amt des Landesvorsitzenden widmen.

Pk Tschung

Quelle: dpa

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Im Karl-Valentin-Raum der Gaststätte, in der Gregor Tschung, 51, sich vorstellt, steht an der Wand: "Sind sie denn von Sinnen?" Das fragten sich einige in der Partei auch, als sie von Tschungs Kandidatur hörten. Der frühere Journalist war2011 kurz Sprecher der Bayern-SPD, bis er sich mit der Landesspitze zerstritt und gefeuert wurde. Ein Gerichtsurteil endete mit einer "einvernehmlichen Einigung". Besonders einig gibt sich Tschung allerdings nicht. Die Parteispitze sei schuld, dass die SPD "nicht wählbar" sei, sagt er. Dass es sich bei seiner Kandidatur um einen späten Rachefeldzug handelt, verneint er. Er wolle nur die SPD stärken und Menschen mit Armut wieder eine Stimme geben. Tschung ist Sprecher der Münchner Tafel und dort sehr engagiert, wie es heißt.

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Quelle: privat

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Es ist die gleiche Küche, und einen Trachtenjanker hat Markus Käser, 41, in dem Video auch an. Genauso warb Walter Adam für sich, der Pensionär mit dem Rauschebart, der 2015 beim Parteitag überraschend gegen Landeschef Florian Pronold antrat und glatt mehr als 30 Prozent holte. Er wurde von der Basisinitiative "Zeit für die Mutigen" aufgestellt, die auch Käser unterstützt. Käser ist gelernter Erzieher und arbeitet als Kommunikationsberater in Pfaffenhofen. Er sitzt außerdem im Stadtrat und im Kreistag. "Die kommunale Sicht muss wieder nach vorne", sagt er. Er stehe außerdem für verbindliche Urwahlen und die Trennung von Amt und Mandat beim Landesvorsitz. Seine Chancen seien schwer einzuschätzen, heißt es in der Partei. Gut möglich, dass er die Stimmen der Führungskritischen auf sich vereine. Ob er allerdings so viel holen kann wie Adam, wird bezweifelt.

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Quelle: Jonas Maron/oh

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Ihm habe einfach viel nicht mehr gefallen, sagt Uli Aschenbrenner, 48, aus dem niederbayerischen Ascha. Dass die Leute ihre Werte vergessen, wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen. Dass Politik kaum mehr erklärt werde, obwohl alles komplizierter wird. Und auch, dass nur, wer von Anfang an im Politikzirkus mit dabei sei, etwas werden könne. Keine Kritik, aber ein bisschen Lebenserfahrung so wie er sie habe, sei auch nicht verkehrt. Aschenbrenner ist Schöffenrichter, Berufsschullehrer und hat mal vergebens für das Bürgermeisteramt in Ascha kandidiert. Klar seien seine Chancen gering, sagt er. Eigentlich wolle er nur zeigen: "Man kann was verändern, wenn man nur anfängt." Und jetzt hat er eben angefangen.

© SZ vom 01.03.2017/amm
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