Parteitag der bayerischen Sozialdemokraten:Wie viel Ude in der SPD steckt

Landesparteitag der bayerischen SPD, Ude

Landesparteitag der bayerischen SPD: Spitzenkandidat Ude wettert gegen die CSU

(Foto: dpa)

Spitzenkandidat Ude - ein Mann der Heimat, ein Bayer. Und vor allem einer, der völlig unbelastet von der Gehälteraffäre ist, die zum wahlentscheidenden Faktor werden könnte. Diese Lesart versucht die Bayern-SPD auf ihrem Parteitag zu verbreiten. Doch vor allem Frank-Walter Steinmeier sorgt für Schwung.

Von Frank Müller, Augsburg

Christian Ude hat eine neue Wahlbroschüre, sie heißt sinnigerweise: "Ude". In ihr gibt es Fotos aus dem bayerischen Bilderbuch, Ude beim Anzapfen, Ude mit dem Dalai Lama, mit Michail Gorbatschow, mit Helmut Schmidt, sogar ein gemeinsames Foto mit CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Mindestens so interessant ist, was weniger prominent vorkommt.

SPD-Landeschef Florian Pronold und Grünen-Spitzenkandidatin Margarete Bause sieht man kurz, der Chef der Freien Wähler taucht nur in einer Bildunterzeile auf. "Auf Hubert Aiwangers Hof", heißt es da. Zu sehen sind aber nur Ude mit einem Aiwangerschen Ferkel. Und der ganz besonders genaue Leser entdeckt auf den 16 Seiten sogar drei-, vier Mal das Kürzel SPD. Wenn er ganz genau hinschaut.

Da ist einer, der über den Parteien schwebt, auch über seiner eigenen, das ist die Botschaft des Heftchens, das auf dem Augsburger SPD-Parteitag das meistverbreitete Schriftstück ist. Ude - ein Mann der Heimat, ein Bayer. Und vor allem einer, der völlig unbelastet ist von der Gehälter-Affäre im bayerischen Landtag, die zum wahlentscheidenden Faktor werden könnte. Denn Ude ist nicht im Landtag und nur ein bisschen in der SPD, die auch nur ein ganz klein wenig drinsteckt in dem Abgeordnetenproblem - das ist die Lesart, an der viele Parteimenschen in Augsburg ein Wochenende lang arbeiten.

Wieviel Ude steckt in der SPD, wieviel Bayern-SPD in Ude? Auf dem Parteitag gibt es dazu viele Antworten. Eine fast rührend unbeholfene kann man verfolgen, als Ude und Pronold fast wortgleich über ihre allmähliche Annäherung reden. Man habe sich kennengelernt, "wie man sich in der Partei eben kennengelernt", sagen beide. Sprich: Ude, der Volkstribun, und Pronold, der Partei-Apparatschik, haben sich halt, so gut es ging, ein paar Jahrzehnte lang ignoriert. Doch inzwischen, sagt Ude dann, sei "Freundschaft daraus geworden".

Freundschaft? Man muss kein Prophet sein, um als deren mögliches Verfallsdatum den 15. September, 18 Uhr, ins Auge zufassen. Wenn Ude die Landtagswahl nicht als neuer Ministerpräsident verlässt, dann wird man in der Bayern-SPD wohl weder von ihm noch von Pronold noch von ihrer Freundschaft sehr viel hören.

Ude wirft sich für Pronold in die Presche

Auf dem Parteitag wirft sich Ude für Pronold in die Bresche, der bei seinem Umbau der Partei vielen auf die Füße gestiegen ist. Schon im Vorfeld gab es viel Gegrummel, Pronolds Vize Thomas Beyer hat ihm sogar den Job vor die Füße geworfen. Da steht Ude auf, bevor die Abstimmung über Pronolds Wiederwahl ansteht, und mahnt zur Geschlossenheit.

Er wisse, sagt Ude, es gebe in der Partei "gelegentlich Schlachtenbummler und Wegbegleiter, die gerne zündeln". Aber es gehe doch darum , "wie die SPD auftritt, wenn sie zusammentritt". Die Hilfsaktion vom Übervater geht schief. Pronold bekommt mit 80,6 Prozent ein schlechtes Ergebnis, seine Generalsekretärin Natascha Kohnen erwischt es mit 80,5 noch etwas härter. Den Delegierten bleibt es nur zu rätseln, ob die Wahlen trotz oder wegen Udes Einsteigen daneben gingen.

So plätschert es dahin unter den 270 Delegierten in der Augsburger Kongresshalle. In einem mehrstündigen Abstimmungsmarathon segnet die Partei endlich ihr Regierungsprogramm ab und arbeitet dank der unermüdlichen Jusos noch einmal 76 Änderungsanträge ein. Am Ende beschließen alle ermattet einstimmig.

"Es muss Schluss sein mit Spezlwirtschaft"

Zwischendrin sorgt der Berliner Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier für Schwung: "Die Aufholjagd hat begonnen und die Aufholjagd kennt kein Tempolimit", dröhnt er in die Halle. "Es muss Schluss sein mit Spezlwirtschaft." Steinmeiers Rock'n'Roll setzt die Messlatte für Ude hoch, der am Sonntagmittag zum Abschluss des Parteitags spricht. Tagelang haben Parteigrößen geraunt, Ude werde zackig Gas geben und Dinge sagen, die das Volk aufhorchen lassen.

Doch Ude macht im Grunde das, was er immer macht: Er arbeitet sich kleinteilig an der CSU ab und variiert sein Thema von Bayern als einem Land, das er als Ministerpräsident ins Gleichgewicht bringen will. An den Beginn stellt er die Sätze, die ihn abheben von der Landtagsaffäre. "Ein Missbrauchsjahrzehnt" habe die CSU zu vertreten, ruft Ude und wettert gegen die "Spitzenverdiener, die einfach den Hals nicht voll kriegen können". Gemeint sind die von der Affäre betroffenen CSU-Kabinettsmitglieder. "Inzwischen sehnt sich doch die Bevölkerung nach einer neuen Regierung", sagt Ude. "Die Menschen haben es satt, sich für die bayerische Staatsregierung genieren zu müssen." (Den Liveticker zu den Reden am Sonntag lesen Sie hier.)

Noch während Ude redet, werden Fähnchen verteilt: rote mit SPD-Aufdruck und welche mit weiß-blauen Rauten. Am Ende winken sie mit allem begeistert durcheinander, vor allem aber mit roten Ude-Fahnen. Zum Abschluss mahnt Ude ironisch, nun, da der letzte Spiegelstrich im Programm verabschiedet sei, gehe es nur doch darum, "die Mehrheit der Bayern zu überzeugen", witzelt Ude. "Stellt die eigenen Befindlichkeiten zurück."

Das könnte nun der Höhe- und Schlusspunkt sein. Ude ist fertig. Da meldet sich das Tagungspräsidium. Es gebe noch drei nicht abgearbeitete Initiativanträge. Das Wort hat die Antragskommission.

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